Gestorben vor 300 Jahren

Graf Salentin Ernst von Manderscheid-Blankenheim

Hubert Pitzen, Stadtkyl l

-  Eine Biografie -

Als Graf Salentin Ernst am 3. Februar 1705 seine Augen für immer schloss, hatte er über 50 Jahre lang wie kaum eine andere Persönlichkeit die Geschicke seiner Untertanen zu ihrem Besten bestimmt. Die folgende kurze Übersicht seiner Taten vermittelt nur einen kleinen Einblick in das Wirken des Grafen. Hierbei sind nicht die Verordnungen zum Wohle seiner Untertanen berücksichtigt:

Wirtschaftsförderung:

- Ab 1650 Förderung der Wirtschaft („Commercien") durch Gründung von Wirtschaftsbetrieben in Blan-kenheim, denen er die Befreiung von Steuern zusichert.

-  1657 Ansiedlung von Wollwebern aus der Wallonie in Blankenheim

-  1672 Gründung einer Schneiderzunft in Blankenheim

-  1687 Gründung des Jünke-rather Hüttenwerkes, das heute noch etwa 300 Menschen beschäftigt.

Kirchliches Wirken:

-  1663 Bau einer Kapelle in Alendorf mit einem Kreuzweg zum Kalvarienberg

-  1666 Auf Betreiben des Grafen entsteht die Pfarrei Glaadt.

-  1670 Berufung von Oratori-anern nach Blankenheim um Pfarrer für seine Grafschaft auszubilden.

-  Gründung von Franziskanerklöstern in Hachenburg und Marienthal/Sieg

-1681-1683 Salentin Ernst lässt das durch Brand zerstörte Hospital in Blankenheim wieder aufbauen.

Kulturelles Wirken:

-  1667 Anordnung des Grafen die verfallene Schule in Blankenheim wieder aufzubauen

-  1683 Gründung einer Schule für Waisen- und Armenkinder in Blankenheim, die dem Hospital angegliedert ist. Waisenkinder aus der gesamten Grafschaft sollten hier unterrichtet werden.

-  1691 Gründung einer Knabenschule in Wiesbaum

-  1691 einer Knabenschule und einer Mädchenschule in Glaadt. Hierzu ließ er ein Ursulinenkloster bauen, in dem die Mädchen von Nonnen unterrichtet wurden.

Wer war dieser Graf? Wo lagen seine Wurzeln? Was waren die Zeitumstände und wie sah sein Privatleben aus?

1. Die Wurzeln

Graf Salentin Ernst entstammt dem renommierten Geschlecht der Grafen von Manderscheid-Blankenheim. Bereits 1115 beginnt mit Graf Gerhard I. die Geschichte der Blankenheimer Herren und Grafen, die 1794 durch den Einmarsch der Franzosen in die Eifel ein jähes Ende nimmt. Erst 1340 ist der Blankenheimer Dynastenfamilie durch Kaiser Wenzel der Grafentitel verliehen worden. Bis zu ihrem Ende stellt die Familie 29 Regenten - der herausragendste ist Salentin Ernst.

Während des Mittelalters ist es üblich geworden, dass kleine Herrschergebiete von größeren Territorien in Besitz genommen werden. Bis 1415 kann die Blankenheimer Grafenfamilie ihre Selbstständigkeit behaupten. Nach einer kurzen Episode des Machtanspruchs der Jülicher Linie gerät Blankenheim 1468 schließlich an das Haus Manderscheid.

Das Dynastengeschlecht der Manderscheider hatte von der Lieser aus durch geschickte (Heirats-)Politik das gesamte Hocheifelgebiet in Besitz nehmen können. Das Territorium nahm stetig an Größe zu, sodass sich die Manderscheider schließlich in die Linien Manderscheid-Blankenheim, Manderscheid-Gerol-stein und Manderscheid-Kail aufteilen. Blankenheim, der beschauliche Ort an der Ahrquelle, bleibt Residenz- und Verwaltungsort der Grafschaft Blankenheim.


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Graf Salentins Vorfahren sind lückenlos im Stammbaum des Blankenheimer Herrschergeschlechtes aufgelistet, was man von seinen Nachkommen nicht behaupten kann. Durch den frühen Tod einiger Herrscher müssen häufig unmündige Söhne die Verantwortung übernehmen. So ist es auch bei Salentin Ernst Urgroßvater, Hermann (1548-1604), der als ältester Sohn mit 13 Jahren die Regierungsgeschäfte übernehmen muss. Nach langen Erbauseinandersetzungen erstarkt unter Hermann die Blankenheimer Linie relativ schnell. In einer über 50 Jahren währenden Regentschaft gelingt es ihm, über die Eifel hinaus Freunde zu gewinnen und vom Kaiser besondere Aufträge zu erhalten. Er lässt archäologische Fundstücke sammeln und errichtet in Blankenheim eine wertvolle Bibliothek mit mittelalterlichen Handschriften. Im Jahre 1583 führt er den Gregorianischen Kalender ein. Als Hermann am 4. Januar 1604 stirbt, übernimmt sein jüngerer Bruder Arnold II. die Regentschaft. Als er 1614 stirbt, ist der einzige Sohn Johann Arnold erst 9 Jahre alt. Deshalb führt seine Mutter, eine Gräfin von Leiningen, die Vormundschaft. 1628 heiratet der Vater Salentin Ernsts die Gräfin Antoinette Elisabeth von Manderscheid-Gerolstein. In seiner Regierungszeit findet die neue Lehre Luthers in seinem Herrschaftsbereich viele Anhänger. Aus der Ehe gehen 11 Kinder hervor: 6 Söhne und 5 Töchter. Zwei Söhne sterben in jungen Jahren. Unter den Adelsfamilien ist es Sitte geworden, die nicht zur Erbfolge berechtigten Söhne für den geistlichen Stand zu bestimmen. So ergreifen die nachgeborenen Söhne des Herrscherpaares die geistliche Karriere als Domherren. Der älteste Sohn Ferdinand Karl ist für die Herrschaftsnachfolge bestimmt. Salentin Ernst, als Zweitältester im Jahre 1630 geboren, war daher zunächst für den geistlichen Stand auserkoren.

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Papiersiegel des Grafen Salentin Ernst mit eigener Unterschrift daneben

2. Geburt und Zeitumstände

Als Graf Johann Arnold 1644 in seinem Palais in Köln im Alter von 39 Jahren vom Tod überrascht wird, ist die Nachfolge noch nicht geregelt. Der zur Erbfolge bestimmte Ferdinand Karl ist bereits verstorben. Salentin Ernst zählt erst 14 Jahre.

Als im Jahre 1630 Salutschüsse vom Schloss über das Tal Blankenheim die Geburt des späteren Grafen verkünden, befindet sich das Deutsche Reich in den Wirren des 30-jährigen Krieges. Das Ei-felland hat während des Krieges ständig Truppendurchzüge zu erdulden. Seit etwa 10 Jahren ist der Spuk der Hexenverfolgung verebbt. Die Regierungsform des Absolutismus treibt schon erste Blüten. Nur wenigen Herrschern gebührt in jenen Jahrzehnten die Anerkennung, zum Wohle der Untertanen regiert zu haben. Harte Fronarbeit, überspannte Zehntabgaben, herzlose Knechtung an Leib und Seele sind an der Tagesordnung. Strenge Handhabung der Strafgesetze mit schweren Strafen bei kleinsten Vergehen lassen die Herrschaft verhasst werden.

Doch eine rühmliche Ausnahme macht Graf Salentin Ernst, der sich in seiner 50-jährigen Regierungszeit um das Wohlergehen seiner Untertanen bemüht. Katholisch getauft, jedoch tolerant erzogen, besucht der junge Graf in Köln die Schule, um später in den geistlichen Stand treten zu können. Durch den plötzlichen Tod seines Vaters muss der erst 14-Jährige die Regentschaft übernehmen. In seiner Regierungszeit hat er wie kein anderer Regent die kirchliche, schulische und wirtschaftliche Entwicklung seiner Grafschaft bestimmt. Ständig ist er mit Kriegsereignissen konfrontiert, die er zum Wohle seiner Untertanen von seiner Grafschaft abzuhalten versucht.

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3. Vermählungen, Nachkommen und Schicksalsschläge

Am 21. Oktober 1651 schließt Salentin Ernst die Ehe mit der Gräfin Ernestine von Sayn-Wittgenstein, die ihm als Erbin die Grafschaft Sayn-Ha-chenburg im Westerwald einbringt. So residiert der Graf teilweise in Hachenburg und teilweise in Blankenheim, immer sein Interesse den beiden für damalige Verkehrsverhältnisse so weit auseinander liegenden Territorien zugewandt.

Seine Gemahlin gehört der lutherischen Konfession an. Der im katholischen Glauben erzogene Graf verspricht in einem Vergleich von 1654, die Lutheraner seines Herrschaftsgebietes in der Ausübung ihres Glaubens nicht zu behindern. Doch allzu früh verstirbt seine Gattin 1661 im Alter von 35 Jahren. Aus der Ehe gehen 5 Kinder hervor: Ein Sohn Maximilian Johann Ferdinand und vier Töchter: Anna Louise, Franziska Eleonore Clara, Magdalena Christine und Salome Sophie. Der Erbgraf Maximilian, auf dem große Hoffnungen der Eltern ruhen, versucht durch Reisen Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen zu sammeln. Sein Weg führt ihn schließlich nach Rom, wo ihn der Tod im Alter von nur 21 Jahren überrascht. Sein Tod trifft seinen Vater und seine Schwestern tief. Sie lassen ein Grabmonument errichten, das sich im Kreuzgang des Klosters Marienstatt befindet. An der Seite des Monumentes ist ebenso die Holzstatue des Grafen Salentin Ernst aufgestellt. Salentin Ernst führt die Regierung der Grafschaft Sayn nach dem Erb vertrag bis zu seinem Tod für seine Töchter weiter. Nach dem Tode seiner ersten Gattin heiratet Graf Salentin Ernst 1662 die Gräfin Christina Elisabeth von Erpach. Da auch diese Gattin protestantisch ist, muss der Graf einer päpstlichen Erlaubnis für die gemischte Ehe nachsuchen, die er auch bekommt. Aus Dankbarkeit lässt er vier Klöster errichten. 1664 können die Franziskaner eine kleine Kirche und ein Kloster am Alten Markt in Hachen-burg errichten. An der Sieg entsteht das Franziskanerkloster Marienthal. In Blan-kenheim lässt Salentin Ernst das Elisabethenstift bauen. Schließlich entsteht in Glaadt das Ursulinenkloster. Seine Gemahlin schenkt ihm 13 Kinder. Neben dem seit 1694 den Vater in der Regierung ablösenden Franz Georg verdient Johann Moritz Gustav besondere Erwähnung. Mit 9 Jahren wird er Domherr zu Köln. 1722 erhält er die Bischofswürde von Wiener Neustadt, 1730 die Erzbischofswürde von Palermo und schließlich 1734 die Kardinalswürde von Prag. Doch auch Salentin Ernst darf sich mit Ehrentiteln schmücken. Er steht bei den Erzbischöfen von Köln in hoher Gunst und erhält von ihnen die Würde des Erbhofmeisters. Sogar beim Kaiser genießt er hohes Ansehen, der ihm erlaubt, den Titel „Hoch- und Wohlgeboren" zu führen.

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Das Blankenheimer Schloss ist die Geburtsstätte des Grafen Salentin Ernst

4. Umfangreiche Korrespondenz

Graf Salentin Ernst ist ein außerordentlich fleißiger Mensch, der viel Zeit am Schreibtisch verbracht haben muss. Unermüdlich ist er damit beschäftigt, eine ausgedehnte Korrespondenz zu führen. Uns kommt heute zugute, dass der Graf des Lesens und Schreibens mächtig ist, was man von seinem Vater nicht behaupten kann. Die meisten Herrscher jener Zeit sind Analphabeten, die ihren Schreibern die Verfügungen und Anordnungen in die Feder diktieren. Von Salentin Ernst ist eine große Anzahl selbst geschriebener Schriftstücke erhalten geblieben. Offizielle und private Korrespondenzen stammen aus seiner Feder. Oftmals ist die Korrespondenz bruchstückhaft. Bei offiziellen Schriftstücken lässt es sich der Graf nicht nehmen, selbst Korrekturen anzufertigen. Mit den benachbarten Grafen unterhält er einen regen Schriftverkehr. So auch mit dem Gerolsteiner Graf Karl Ferdinand, der sich bevorzugt auf der Burg Bettingen aufhält. Man tauscht gelegentlich Geschenke aus.

5. Abdankung und Tod

Im Jahre 1692 stirbt nach 30-jähriger Ehe seine zweite Gattin. Jahre zuvor sind auch einige seiner Söhne und Töchter ihm im Tod vorausgegangen. 1694 zieht sich Salentin Ernst von den Regierungsgeschäften zurück und legt sie in die Hände seines Sohnes Franz Georg. Doch bis zu seinem Tod greift er, wenn er es für nötig hält, in die Regierungsgeschäfte ein. Jetzt zeigt sich seine Vorliebe für Jünke-rath beziehungsweise Glaadt, als er hier seinen Ruhesitz nimmt. Er zieht sich in die Stille des Jünkerather Jagdschlosses zurück, wo er die letzten 11 Jahre seines Lebens verbringt.

Am 3. Februar 1705 stirbt Salentin Ernst. Man hat seinen Leichnam in die Blankenheimer Schlosskirche überführt, wo seine Vorväter beigesetzt sind. Nach der Zerstörung der Blankenheimer Burg 1815 werden die Überreste der Grafenfamilie in einem großen Grab in der Krypta der Blankenheimer Pfarrkirche beigesetzt.