Als der Supermarkt noch nicht geboren war

Vorratshaltung und Hauswirtschaft in der Vergangenheit

Br. Mario Kaufmann SCJ, Freiburg

Das Leben auf dem Dorf

Eine der grundlegenden Veränderungen zwischen dem Leben vor 60 oder gar vor 100 Jahren und drüber hinaus ist der weitgehend gesicherte Wohlstand, der heute für alle Zeitgenossen selbstverständlich ist. Heute braucht man sich kaum mehr Sorgen darum zu machen „wie man über den nächsten Winter kommt“. Wohlstand und Technik haben sich rasch entwickelt. Doch, wie war das eigentlich früher - ohne Supermarkt und Eisschrank? Es ist sicher noch bekannt, dass jede Familie auf dem Land ihren eigenen Garten und einiges Vieh hatte, um damit ihre Versorgungsgrundlage zu sichern. Wie aber Nahrungsmittel gewonnen, bereitet und aufbewahrt wurden, ist vielen von uns nur noch aus den Erzählungen der Großmutter oder von einem Besuch des Heimatmuseums bekannt.

Vorratshaltung

Eine der wichtigsten Aufgaben der Hausfrauen war die Vorratshaltung, das Haltbarmachen und Konservieren der Lebensmittel. So wurden Fleisch und Wurstwaren nach dem Einpökeln geräuchert. Beinahe jedes Haus besaß eine kleine Räucherkammer, und jede Familie hatte ihr „Geheimrezept“ für die entsprechende Zusammenstellung der Räucherzutaten, bei der gerne auch Wachholder gebraucht wurde. Steinguttöpfe und Krüge - heute meistens zu Blumentöpfen verkommen - dienten je nach Größe, für das Aufbewahren von Schmalz, das Einlegen von Sauerkraut oder Heringen. Mohrrüben wurden ebenfalls in großen Steinguttöpfen in Sand gelegt und so für den Winter aufbewahrt. Am längsten hat sich die Praxis des Einweckens und der Herstellung von Marmelade gehalten, was aber heute fast schon eine Seltenheit geworden ist. Nicht nur süße Früchte, wie Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen und anderes Obst, sondern auch Gemüse, wie Bohnen, Erbsen und Rotebeete, wurden eingeweckt. Omas Eingemachtes war immer noch das Beste, da reichen die Konserven aus dem Supermarkt geschmacklich nicht heran.

„Dat aal Backes“

Manche Familien hatten einen eigenen Backofen, der am Haus angebaut war. In verschiedenen Orten nutzte die Dorfgemeinschaft ein gemeinsames Backhaus, „Backes“ genannt, in dem an bestimmten Tagen Brot gebacken wurde. Viele Gemeinden haben die alte Tradition vor einigen Jahren neu belebt, die Backhäuser instandgesetzt und veranstalten nun wieder Backtage, wie beispielsweise in Boverath. Die Backöfen wurden von einem Spezialisten, dem Ofensetzer aufgemauert. Sie boten Platz für ungefähr dreißig Laib Brot. Gewöhnlich war nur einmal im Monat Backtag. Es wurde auf Vorrat gebacken, da der Holzverbrauch und der Arbeitsaufwand groß waren. Der Ofen wurde mit Reisig und dünnem Holz angefeuert. Wenn er heiß genug war, wurde die Glut herausgekehrt und dann die Brotlaibe mit dem „Schießer“ in den Ofen geschoben. Nach einer guten Stunde Backzeit wurden die garen Brote herausgeholt. Es wurden neben Brot auch einfache Kuchen gebacken. Die Restwärme des Ofens konnte auch zum Dörren von Äpfeln, Birnen und Zwetschgen genutzt werden, um diese haltbar zu machen.

Vorratsräume

Zur Vorratshaltung gab es verschiene Räumlichkeiten. Kräuter und Getreide, sowie andere getrocknete Nahrungsmittel erforderten einen trockenen Raum, wie beispielsweise den Hausspeicher. Obst und Gemüse wurden vorzugsweise in einem dunklen und kühlen Keller verwahrt. Eine Besonderheit, in manchen Orten noch heute erhalten, sind Keller, die unweit des Hauses in einen Berghang oder auch tief in die Erde gebaut wurden, die die Funktion des Kühlschrankes übernahmen. Die kleinen Häuschen bestanden meist aus Bruchsteinwänden und einem einfachen Holzdach. Landwirtschaft und Bauerngarten boten Lebensgrundlagen für die Bevölkerung. Daneben wurden im Wald und auf der Flur Beeren und Heilpflanzen gesammelt.

Der Markt

Einer der wichtigsten Kommunikationspunkte über die Dorfgrenze hinaus waren die Märkte. Dort konnte man Neues in Erfahrung bringen, Waren kaufen oder sie durch Tauschhandel erwerben. Aber nicht jede Hausfrau oder jeder Bauer konnte in früheren Zeiten einfach so zum Markt gehen. Der Marktbesuch war oft ein Tagesausflug, und schließlich konnte die Arbeit auf dem Hof deshalb nicht ruhen.

Wie kam die Milch in den Laden?

Mit der Gründung der sogenannten Milchgenossenschaften änderte sich einiges für die kleinen Familienbetriebe. Anfangs wurden täglich, bei Wind und Wetter, die Milchkannen mit einem Pferdegespann zur Molkerei nach Hillesheim gefahren. In Mir-bach erfüllte der Bauer Klinkhammer diesen Dienst. Der freundliche Mann machte auch gerne noch Besorgungen für den einen oder anderen, so brachte er schon mal Hühnerfutter mit oder erfüllte andere Sonderwünsche. Später wurden die Pferde durch den Traktor ersetzt. Damit, und vor allem durch den damals so genannten „Milch-Sammel-Express“, der seit 1962 täglich die Orte anfährt, verschwand ein alt vertrautes Bild aus dem Dorf. Alles in allem, hat unser heutiges Konsumangebot und Konsumverhalten nichts mehr mit der Vorratshaltung früherer Generationen gemeinsam. Dennoch stecken in vielen Methoden und technischen Errungenschaften Wissen und Lebenserfahrung längst vergessener Vorfahren.