Die leere Krippe

Der frühe Abend brach herein,
als ich die Kirch’ betreten.
Ganz nah ging ich zur Krippe hin,
wollt still ein wenig beten

Ich kniete schon ein Weilchen dort,
da kam in schnellem Schritt
der Küster hochrot angerannt,
auch der Pastor kam mit.

Ich dachte mir, da stimmt was nicht.
Der Küster rief: „Oh Gott!“
Sie blickten starr zur Krippe hin:
das Jesuskind war fort.

Der Pastor wollt’ es nicht verstehn,
sein Blick schweift hin und her,
das Christkind kann doch gar nicht gehen,
trotzdem - die Kripp’ war leer

Auf einmal knarrt’ die Kirchentür,
es wurd’ ums Herz mir warm.
Ein kleiner Junge rollt’ herein,
das Jesuskind im Arm

Die Äugelchen so hell und blank,
die Haare kurz und kraus.
den Roller lehnt’ er an die Bank,
dann sagt’ er frei heraus:

„Das Christkind hat ihn mir gebracht’,
ein schöner wie ihr seht,
darum hab ich mit ihm ganz schnell
ein Paar Runden gedreht!“

Die Abendsonne schien herein,
still wurd’ es in uns Drei.
Was für ein wundersam Geschenk,
als Weihnacht längst vorbei

Urtext Kölsch, Verfasser unbekannt
Ins Hochdeutsche übertragen von Hildegard Kohnen, Brühl