Johann von Daun und seine Priesterbruderschaft

Ein Beitrag zur Dauner Rittergeschichte

Alois Mayer, Daun-Pützborn

Im Jahre 1332 gründete der Dauner Domdechant Johannes von Daun unter dem Trierer Erzbischof Balduin die Priesterbruderschaft “S. Johannes Evangelista” (Schutzpatron der hl. Evangelist Johannes). Sie umfasste die sogenannten “gemeinen Priester”, den niederen Klerus des Trierer Domes, die Domvikare, Domaltaristen, Präbendaten von Liebfrauen und die Bantuspriester. Aber auch andere Geistliche ließen sich in die Bruderschaft aufnehmen. Diese hatte sich als Ziele die Förderung der religiösen Verpflichtungen und Vereinigung des Klerus in gegenseitiger Liebe gesetzt. Erzbischof Bal-duin sah die Zielsetzung und das Wirken der Bruderschaft als so positiv, dass er selbst drei Jahre später dieser Bruderschaft als Mitglied beitrat. Dadurch wollte er ein Zeichen setzen, um die Frömmigkeit seines Klerus zu fördern. Seinem Beispiel folgten darauf mehrere adlige Priester, wie unter anderem der Dompropst Johannes de Coelobrio, Diet-hard von Ulmen, Lehrer der Domschule, und der Domka-pitular Theodor (Dietrich) von Daun. Für die Mitglieder dieser Bruderschaft, die ein Eintrittsgeld in diese Vereinigung zu zahlen hatten, bestand die Verpflichtung, bestimmte vorgeschriebene Messen zu lesen und besondere Gebetsübungen zu halten. Besonders feierliche Messen wurden am Gedenktag des Namenspatrons, am Fest des Evangelisten Johannes (29.12.) zelebriert.

Der Sitz der Bruderschaft war die Andreaskapelle am Trierer Dom. Sie war in der Windstraße an die Nordwand des Domes unter Erzbischof Egbert (977-933) erbaut worden. Über dem Altar hing der kostbare Andreasschrein. An der Vigil des Todestages (8.12.) des hl. Andreas sang der Domklerus an seinem Grab die feierlichen Totenvigilien und hielt dort am folgenden Tag (9.12.) das Totenamt. Die Kapelle wurde 1720 erneuert, aber “ungefehr im Jahre 1792 unter dem Domdechanten Herrn von Kerpen zu Gunsten der damaligen Domherren Grafen von der Leyen, damit derselbe eine bequemere Kutschen Ausfahrt, und von dem Garten einen kleinen Prospekt gewinne, welchen ihm aber die gekommenen Feinde nicht lange genießen ließen, zerstört.” Die Kapelle wurde abgerissen. Während der französischen Besatzungszeit (1794 bis 1814) löste sich die Bruderschaft auf. Johannes von Daun, der Gründer jener Bruderschaft S. Johannes Evangelista, ist auch in der Zeit von 1335-1346 als Domkantor nachzuweisen, der dem Trierer Domkapitel angehörte. Als Domkantor war er gleichzeitig Leiter der Trierer Domschule und verantwortlich für den Chorgesang im Dom. Die Domschulen waren wichtig für die Musikentwicklung im Mittelalter. Sie dienten unter anderem der Vorbereitung von jungen Schülern auf die spätere Übernahme in das Priesterseminar. Neben den allgemein üblichen Unterrichtsinhalten wurden die Domschüler besonders im Choralgesang geübt, da sie bei Gottesdiensten (Messen, Prozessionen) mitwirken mussten.

Musik wurde ernst genommen, war sozusagen ein Hauptfach vor und während der Ausbildung zum Priester. Der hohe Stellenwert der Musik wurde nicht zuletzt mit einem Ausspruch des Mainzer Hrabanus Maurus (um 780-856) begründet: “Wer mit der Musik nicht vertraut ist, der ist nicht im Stande, ein kirchliches Amt in gebührender Weise zu verwalten.” Dem Domkantor, Angehöriger des Domkapitels, stand der Succentor zur Seite. Er hatte die Anweisungen des Domkantors zu befolgen und ihn bei dessen Abwesenheit zu vertreten und den Chorgesang zu leiten. Ferner zählte zu weiteren Aufgaben die Übereinstimmung der Musikliteratur, die korrekte Abschrift der Choralbücher, die Übereinstimmung von Noten und Pausen, die Einhaltung des Gesangtempos mit angemessenen Pausen zwischen den einzelnen Psalmversen, damit weder zu eilig noch zu langsam gesungen wurde. Sämtliche Domherren gehörten dem Domchor an. Um einen möglichst großen Domchor zu haben, wurden zur Unterstützung Sängerknaben (Chorales) hinzugezogen. Es waren dies meist Schüler der Domschule und Kinder aus reichen, angesehenen oder ritterlichen Familien. Der Trierer Dompropst und Domdechant waren verpflichtet, für je zwei Choralschüler den Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Domchor verschönte mit Choralgesängen die Gottesdienste an Festtagen oder zu besonderen Anlässen. Der Kantor, er stand auf der rechten Seite der Chorstühle, die Sänger links, gab den Prälaten und Kanonikern den Ton an, während die Succentoren ihn für die Vikare und die übrigen Benefiziaten weitergaben. An solchen Tagen trug der Kantor einen zepterähnlichen (Dirigenten-)Stab als Zeichen seiner hohen Würde. Neben ihren priesterlichen Gewändern trugen der Domkantor und seine Stellvertreter besonders festliche Chormäntel. Die Trierer Domschule bestand bis zum Einzug der Franzosen 1794.

Mögliche Verwandtschaftsbeziehungen zum Dauner Burghaus

Johann von Daun, mehrmals in Trierer Bistumsakten als Domherr, Domkantor und Begründer der Priesterbruderschaft des Evangelisten Johannes erwähnt, ist in der vom Dauner Pfarrer Hörsch 1877 aufgestellten Genealogie des Dauner Rittergeschlechtes nicht aufgeführt. Das verwundert, stand er doch als Domherr in hohem gesellschaftlichem Ansehen beim Erzbischof und Kurfürsten und muss schon während seines mindestens elfjährigen Wirkens als Domkantor bestes musikalisches Können besessen haben. Dabei bekleideten besonders im 13. und 14. Jahrhundert mehrere Mitglieder des Dauner Rittergeschlechtes hohe Ämter am Trierer Dom. So möchte ich aus mehreren urkundlichen Erwähnungen dieser Dauner auch auf die Verwandtschaftsbeziehungen des Domdechanten Johann zurück schließen. Am 20.10.1280 fertigte Domherr Gerhard von Daun sein Testament. Er vererbte sein Haus hinter dem Palast seinem Hauskaplan (Bastgen, S. 24, A2). Seinen beiden Neffen (cons-anguinei) und Mitkanonikern, den Gebrüdern Johann und Theoderich von Daun, vermachte er mehrere Ländereien, Zinseinkünfte und Güter im Trierer Raum mit der Verpflichtung, dass dafür die beiden jährlich an seinem Todestag sowohl in der Domkirche als auch in der Marienkirche zu Pfalzel eine Gedächtnismesse zu halten haben. Zu Testamentsvollstreckern ernannte er unter anderen seinen Bruder Marschall Richard von Daun (Dün 151). (Der Vater der beiden Brüder Theoderich/Dietrich und Johann muss demnach Richard III. (1296-1316); Marschall von Densborn gewesen sein, verheiratet mit Lucardis von Densborn.) Die beiden Brüder Theoderich und Johann waren sicherlich um die 20 Jahre jung, als sie aufgrund verwandtschaftlicher Protektion von Daun nach Trier zogen und dort als Kanoniker in kirchliche Dienste aufgenommen wurden. Theoderich scheint der ältere gewesen zu sein, denn ihm wurde bereits im Mai 1277 vom Trierer Domkapitel Höfe und Pensionen vorerst für 15 Jahre zu Lehen gegeben (Goertz, Mittelrheinische Regesten, III, S. 513f, Nr. 2267). Sein Bruder wird in diesem Jahr noch nicht erwähnt.

Vom Raufbold zum Priester

Sicherlich stand das Dauner Rittergeschlecht in Trier auch in hohem Ansehen, sonst wäre nicht bereits drei Jahre später Johann von Daun Domherr gewesen, ein ungestümer Raufbold, der anfangs wenig Priesterliches erkennen ließ. So wurde er am 7.8.1283 nebst mehreren anderen Domherren in den Palast zu Erzbischof Heinrich von Trier hinbefohlen. Dort erhielt er (und die anderen) Hausarrest, bis sie Gnade und Erlaubnis beim Bischof gefunden haben würden. Zudem hatte er bis Maria Geburt (8.9.) Schadensersatz zu leisten, weil er den Domde-chanten Arnold, den zwischenzeitlich verstorbenen Domscholasters Cuno und den Domherren Eybert, Ysenbard und Johann de Corniche gefangen genommen und beraubt hatte. Ferner hatte er dem Bischof und seinen Leuten zu Manderscheid und Pillich, den Archidiakonen Boe-mund und Heinrich von Bo-landen, dem Domkantor Wilhelm und anderen Domherren, dem Domkapitel und Propst von St. Paulin durch Raub und Brand Schaden zugefügt. Der Erzbischof Heinrich war wütend. Er belegte den Dauner und dessen Mittäter ferner noch mit geistlichen Strafen im Dom, in der Paulinus-und Simeonskirche und ernannte den Archidiakon Boe-mund und den Domkantor Wilhelm zu Abschätzern des Schadens (Dün 155). Der Prozess über diesen “geistlichen Krieg” zog sich hin. Noch mehrere andere Domherren wurden wegen des gleichen Vergehens angeklagt und vor das bischöfliche Gericht zitiert. So am 5.1.1284 auch die Domherren Wilhelm von Schleiden, Conrad von Roese-ren, Herbrand von Zolver und Wilhelm von Doreisweiler (Dün 156). Die durch den Bischof eingesetzte Schadenskommission, Archidiakon Boemund und DomkantorWilhelm, schätzte den zu leistenden Schadensersatz auf 210 trierische Pfund, eine große Schuld. Die Angeklagten nahmen das Urteil an und gelobten Besserung (Dün 157). Johann von Daun hat sich in der Tat gebessert. Urkunden sagen nichts Nachteiliges mehr aus, künden aber von seinem Einfluss in dem Trierer Domkapitel. Im Jahre 1300 ist zu erfahren, dass Johann von Daun und sein Bruder Theoderich, ebenfalls Domherr und Archidiakon, zu Aufsehern über die Refektoriumsgelder bestimmt waren. Als die große Geldkiste morsch und zerbrochen ist, nahmen die beiden 373 Pfund in gut versiegelten Säcken in Verwahrung (Dün 204). Am 22.12.1300 übertrug das Trierer Domkapitel einer dazu eingesetzten Kommission, darunter Johann von Daun, die Ordnung verschiedener Angelegenheiten und Streitpunkte des Kapitels (Dün 206).

Johanns Ansehen und das Vertrauen des Domkapitels in ihn wuchs. Besonders gut angesehen war er bei Erzbischof Balduin. So wurde Johann am 7.6.1328 vom Domkapitel bevollmächtigt, in seinem Namen mit der Gräfin Lauretta von Sponheim wegen der Befreiung des Erzbischofes Bal-duins zu verhandeln, die diesen kurzerhand gefangen genommen hatte (Dün 249). Danach schweigen die Quellen und es ist anzunehmen, dass Johann von Daun bald darauf, über 70jährig verstorben ist und nicht mehr die schlimme und kriegerische Auseinandersetzung des Erz-bischofes Balduin mit seinem Neffen Ägidius von Daun mitbekommen hatte, die zu dem Untergang des freien Edelgeschlechtes derer von Daun führte.

Literatur:

Brower-Masen, Metropolis I Brower-Masen, Annales II Bastgen, Hubert, Die Geschichte des Trierer Domkapitels im Mittelalter, Paderborn 1910

Laufner, Richard, Die Bruderschaft St. Johannes Evangelista, Trier, Theol. Zeitschrift 59, 1950 RVDL, Der Trierer Dom, Neuss 1980 Camillus Wampach, Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien