Wildgemüse

Werner Schönhofen, Leutesdorf

Als Eifeler Junge bin ich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit Pflanzen und Tieren in einer bäuerlich geprägten Umwelt groß geworden. Es war für mich als Kind nicht unbedingt eine Notzeit, aber es war eine Zeit der Einfachheit. Die raffinierten Genüsse heutiger Zeit waren für die einfachen Leute auf dem Lande unbekannt. Man ernährte sich von dem, was angebaut wurde, aber auch von dem, was die Natur selbst bot. Dazu gehörten einige Pflanzen, die gesammelt und als Salat oder Wildgemüse genutzt wurden. Den heutigen Menschen ist weitgehend unbekannt, was die Natur dazu alles zu bieten hat. Im Frühjahr stach meine Großmutter säckeweise Disteln oder Löwenzahn, „Eier-schöpp“ wegen ihrer eidottergelben Blüten genannt. Die Disteln wurden mit Wasser gekocht und beides war allerdings fürs Vieh bestimmt, darauf sollte es mehr und gehaltvolle Milch geben. Aber auch für die Menschen wurde Löwenzahn gesammelt und als Salat zubereitet. Dabei schmecken die weißen und gelben Teile, die noch in der Erde stecken nicht so bitter; man kann diesen Löwenzahn mit Chicoree vergleichen. Auch die gekochten Disteln, die dann nicht mehr stechen, sind ein guter Wildsalat, wurden aber bei uns nicht verzehrt. Auf den Brachfeldern und den noch nicht mit der Frühjahrsbepflanzung bestellten Feldern wurde fleißig der Feldsalat gepflückt, bei uns Mausohr wegen seines Aussehens genannt. Er ist auch heute im Frühjahr ein vielgekaufter Salat und wird in vielen Ländern großflächig für den Verkauf im Geschäft angebaut.

Junge Brennnesselspitzen als Spinatersatz waren in der schlechten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg sehr begehrt. Auch heute noch sind sie bei vielen ernährungsbe-wussten Menschen im Frühjahr gefragt. Dazu pflückt man die jungen, unverholzten Triebe mit einem Handschuh, dreht sie durch den Fleischwolf und kocht sie wie Spinat. Man kann das Gemüse mit einem Teelöffel Suppenwürze verfeinern. Als Salat aus Wildgemüse eignen sich Löwenzahn, Gänseblümchen, Wiesenschaumkraut, Brunnenkresse, Feldsalat, Scharbockskraut und andere. Geißfuß, Huflattich, Sauerampfer, Vogelmiere, Distel, Schafgarbe, Wiesenknöterich, Pastinak, Melde und Brennnessel lassen sich zu Gemüse verarbeiten. Heute ist das Sammeln dieser Kräuter nicht an allen Stellen angebracht. Wer sie sammelt, sollte sich schon den Platz, wo sie wachsen, hinsichtlich eventueller Umweltbelastungen ansehen; also niemals an Straßenrändern sammeln.