Birgle - Biriglinum - Birgel

Ein besuchenswerter Ort an der Kyll

Lothar Schun, Lissendorf

Birgel liegt - nur durch die Kyll getrennt - östlich vom Pfarrort Lissendorf, also in unmittelbarer Nachbarschaft. Für den Raum liegen Beweise für eine frühe Besiedlung vor. Hier ist vor allem die römische Siedlung zu nennen, deren Existenz seit 1832 bekannt ist, als man beim Bau der so genannten „Chaussee“ auf Mauerwerk, bemalte Wände, Estrichböden und Ziegel stieß. Weitere Funde gab es 1851, als Mathias Hack beim Neubau eines Gasthauses u. a. Münzen, Sandsteinröhren, eine Urne und andere Gegenstände aus der römischen Epoche fand. Weitere Funde wurden beim Ausbau der jetzigen B 421 im Jahre 1984 gemacht. Eine Vermessung konnte zwar vorgenommen werden, weitergehende Rettungsarbeiten waren wegen der erfolgten Überbauung leider nicht möglich. Diese und fränkische Grabfunde belegen einen frühen Ursprung der Siedlung. Wenn wir uns jedoch auf die Suche nach der ersten urkundlichen Erwähnung machen, erweist sich dies als keine leichte Aufgabe. Mehrere Orte mit dem Namen Birgel, unterschiedliche Schreibweisen, undatierte oder nicht eindeutig zuzuordnende Urkunden machen Probleme. Zunächst muss jedoch die oft vorfindende Vermutung einer ersten urkundlichen Erwähnung für das Jahr 893 revidiert werden. Der Grund für diese Annahme ist darin begründet, dass Bir-gel in der gleichen Quelle zu finden ist, wie der unmittelbare und nahe Nachbarort Lissendorf, nämlich in der Abschrift des Prümer Urbars von 893. Dabei ist jedoch zu beachten, dass das Original von 893 unauffindbar ist. In der von Abt Caesarius im Jahr 1222 erstellten Abschrift ist jedoch zu unterscheiden zwischen dem Text der Abschrift und den von Caesarius erst im Jahre 1222 hinzugefügten Kommentaren. Zu Lissendorf heißt es nun in der Abschrift des Originaltextes:

„Alle Hörigen von Rommers-heim, .. Lissendorf .. mähen in Mehrbach Heu, sammeln und fahren es in die Scheune; nur die von Sarresdorf und Lis-sendorf fahren es nicht, sie müssen es jedoch mähen und sammeln. Diese alle verkaufen auch Wein und Salz, wenn es ihnen befohlen wird.“ „.. Er (Anm: der Graf von Vianden) besitzt auch das Patronatsrecht und zwei Teile des Kirchenzehnten von Kyl-burg bei Malberg; ferner den Hof von Ormont, wo die Kyll entspringt; sodann einen Hof bei Lissendorf, der Birgel heißt, ...“

Im lateinischen Originaltext lautet diese Stelle: „curiam de Oremunte, ubi Kile oritur; vil-lam i iuxta Lizendorpht, que Birgle appellatur“ Die nächste Erwähnung, die sich nach 893 anbietet, gibt leider auch keine Gewissheit. Zum einen lässt sie sich zeitlich nicht exakt einordnen, zum andern steht nicht mit letzter Sicherheit fest, dass es sich um unser Birgel handelt. In einer undatierten Tauschurkunde des Prümer Abtes In-gramnus (949 - 970) wird der Erwerb von drei Mansen und eines vierten für den Platz der Burg in Biriglinum erwähnt. Die meisten Autoren ordnen diese Urkunde unserem Ort zu, Goerz vermutet aber Berlingen bei Daun. Die nächste Quelle sieht auf den ersten Blick vielversprechend aus. 1187 bestätigt der Kölner Erzbischof Philipp der Abtei Steinfeld ihren Besitz, der im einzelnen aufgeführt wird. Knipping führt dazu aus:

„et apostolice sedis legatus, bestätigt dem Kloster (domus) Steinfeld den langjährigen Besitz der dortigen Taufkirche mit dem Zehnten, eines Jahreszinses von 11 Mark im Pfarrbezirk, der villa Were mit Pfarre und Zehnten, der Pfarre Ripsdorf mit dem Zehnten, der halben villa Berendorp mit Pfarre und Zehnten, der Weinberge an der Mosel in den villae Crove, Respe, Ede-gern .. und in den villae Ar-wylre, Hemminigishoven, Wadinheim, Lantirshoven, Bacheim, Byrgele, Gunters-dorp, Franchene, ..“ Vor allem die Nennung des Nachbarortes Gönnersdorf (Guntersdorp) macht zuversichtlich, unser Birgel gefunden zu haben, und in der Tat, einige Autoren (u. a. Knip-ping) haben dies so zugeordnet. Wie jedoch aus der Reihenfolge der aufgezählten Orte und aus den späteren Nachrichten hervorgeht, handelte es sich bei dem hierin genannten Byrgele mit großer Sicherheit um Birgel im Kreis Ahrweiler. Auch die Nennung von Gönnersdorf ist in diesem Fall kein Argument, weil es im Bereich der Herrschaft Lands-kron eben auch ein Gönnersdorf gibt. Wie der Pfarrort Lissendorf, so geriet auch die Filiale Birgel in den Machtbereich der Grafschaft Gerolstein, 1547 zählt der Ort zum Hof Lissendorf, einer der vier Höfe der Grafschaft Gerolstein. Trotzdem waren die Besitzverhältnisse in Birgel vielschichtiger. So befanden sich im 16. Jahrhundert drei Höfe in verschiedenen Händen: Der „Thelenhof“ gehörte dem Gerolsteiner Grafengeschlecht, der „Kläshof“ zu Kurtrier und der „Schötzhof“ denen von Pützfeld.

Weitere Besitztümer besaßen - zumindest zeitweise - Friedrich von Schleiden, die Abtei Steinfeld, Claus von Mirbach und Kurt von Schöneck, Friedrich Graf von Vel-denz und Sponheim, Abtei Prüm und Margarethe von Gondersdorf. In diese Zeit fällt auch der Bau des Schiffes der Kapelle Birgel durch die Grafen von Manderscheid-Blankenheim-Gerolstein. Dieses an den älteren Westturm angebaute Bauwerk existiert noch heute und dürfte das älteste Bauwerk der Pfarrei darstellen. An die Erbauer erinnert noch ein Wappen im Schlussstein der Südseite. Besonders erwähnenswert ist noch die Glocke aus dem Jahre 1691. Sie musste in beiden Weltkriegen zur Rohstoffgewinnung abgeliefert werden, fand aber wieder den Weg zurück nach Birgel. Birgel gehörte sicherlich von Beginn an der 1257 erstmals erwähnten Pfarrei Lissendorf an und ist bis heute Filiale dieser Pfarrei, die nach dem Weggang von Pfarrer Gummich neuerdings zur Seelsorgeeinheit Jünkerath gehört. Eine besondere Bedeutung hatte die Filialkapelle 1591. Der Landesherr verlangte vom Lissendorfer Pastor den Übertritt zur Augsburger Konfession. Dieser weigerte sich und nutzte die unterschiedlichen Machtverhältnisse in Birgel, um hier die heilige Messe zu feiern. Die Wasserburg war bereits früh verfallen, um 1840 war nur noch ein von Wasser um-flossener erhöhter Platz mit Trümmern zu sehen. Während der französischen Epoche gehörte der Ort zur Mairie Lissendorf im Kanton Lissendorf im Arrondissement Prüm im Saardepartement. Aus dieser Mairie entwickelte sich die Bürgermeisterei Lissendorf, die bis zur Verwaltungsreform 1970 bestand, ihren Sitz aber seit 1871 in Birgel hatte und den Namen „Amt Lissendorf in Birgel“ führte; eine sicherlich seltene Amtsbezeichnung. 1970 endete mit der Zugehörigkeit zur neugeschaffenen Verbandsgemeinde „Obere Kyll“ mit Sitz in Jünkerath diese Epoche.

Im Jahr 1849 nahm der erste Lehrer an der für die kleineren Eifelorte typischen ein-klassigen Schule in Birgel seinen Dienst auf. 1925 erforderten die steigenden Schülerzahlen eine zweite Klasse. Nachdem bereits 1968 die Schüler der Oberstufe die Schule in Richtung neue Hauptschule Jünkerath verlassen hatten, folgte 1970 das Ende der Birgeler Volksschule. In einer Elternversammlung entschieden sich die Eltern für den Grundschulstandort Lissendorf, eine Entscheidung, die auch heute noch Gültigkeit hat. Hatte der Ort im Jahr 1651 erst sechs Familien und im Jahre 1815 134 Einwohner, stellt er sich heute mit einer Gemarkungsgröße von 552 ha und einer Einwohnerzahl von circa 510 als ein Ort dar, in dem das Vereinsleben und damit die Zusammenarbeit und der Erhalt der Kultur einen hohen Stellenwert haben. Freiwillige Feuerwehr, Gesangverein Birgel 1874, Möhnenverein und die Hubertusbläser zeugen von einem großen Engagement der Bürger. Darüber hinaus belegen gemeinsame Vereine mit dem Nachbarort Lissendorf, dass man in Birgel auch bereit ist, über den eigenen Horizont hinaus zu denken. Beispiele sind der Eifelverein Birgel-Lissendorf, die Frauengemeinschaft Lissendorf-Birgel und der gemeinsame Sportverein SV Oberkyll 1971. Die Jugendgruppen „Schlossgespenster“ und „Birgeler Zauberwelt“ sowie die ElternKind-Gruppe zeigen, dass auch die Jugend nicht vergessen wird. Alles in allem ein Ort, der eine gute Grundlage für WOHNEN - ARBEITEN - ERHOLEN bietet. Eine ausreichende Infrastruktur von A wie Apotheke bis Z wie Zahntechnikerlabor findet man entweder im Ort, oder aber in kürzester Entfernung im unmittelbaren Nachbarort Lissendorf. Hier seien beispielsweise erwähnt: Bahnanschluss, Banken, Kindergarten, Grundschule, Arzt und Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf. Alles ist von Birgel aus zu Fuß erreichbar. Als eine besondere Attraktion hat sich das Mühlencenter entwickelt, in dem althergebrachtes Handwerk und Gastronomie sich zusammengefunden haben. Dass die Devise „Unser Dorf hat Zukunft“ keine leere Behauptung ist, wurde in diesem Jahr durch die Kreiskommission gewürdigt, die Birgel mit dem 2. Platz in der Hauptklasse ehrte.