Bongard - ein Dorf mit Zukunft

Brigitte Bettscheider, Kelberg-Zermüllen

„Wir sind sehr stolz auf unsere Jugend.“ Dieses Kompliment stammt ganz aktuell von Ortsbürgermeister Peter Pauly. Die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen sei problemlos, und seit vor zwölf Jahren im Dachgeschoss des Bürgerhauses ein Jugendraum eingerichtet wurde, habe es keine gravierenden Vorkommnisse gegeben. Die 2004 gegründete Jugendfeuerwehr erfreue sich einer außerordentlich guten Resonanz. Peter Paulys Bilanz für das Dorf, in dem er geboren ist und seit elf Jahren das Amt des Ortsbürgermeisters innehat, fällt auch in anderen Bereichen durchaus positiv aus. „Auf der Koppelwiese“ sind 14 erschlossene Baugrundstücke zu haben. „Wir vertrauen darauf, dass doch einige junge Leute im Dorf bleiben und hier bauen“, meint Pauly. Gleichzeitig lobt er die Initiativen von jungen Familien, die die alte Bausubstanz im Dorf für sich persönlich höher einschätzen als einen Neubau. Dazu gehören auch Albert und Erika Willems mit ihrem vorbildlich und liebevoll renovierten Bauernhaus in der Blankenheimer Straße. 1998 begann das Ehepaar mit viel Eigenleistung, das Haus umzugestalten. Heute ist es ein Schmuckstück und ein Blickfang. Das Haus war zuletzt im Besitz von Rosa Müsseler, deren Eltern es zeitgleich mit der in unmittelbarer Nachbarschaft stehenden Kirche, auch aus dem gleichen Bruchstein, um das Jahr 1914 erbaut hatten. „Wir haben immer für ein altes Haus geschwärmt, und wir sind froh, dass wir heute darin wohnen“, erklärt Erika Willems. Aus den Fenstern an der Giebelseite blickt die Familie Willems auf den Dorfplatz Brunnentreff, der in den 90er Jahren in zwei Bauabschnitten realisiert worden war: zuerst die Brunnenanlage mit Pflanzbeet und Sitzgruppe; schließlich eine großzügige Begegnungsstätte mit Kinderspielplatz, Sitzgruppe und Buswartehalle aus Holz und Naturstein - alles abgerundet durch ansprechende Bepflanzung und Beleuchtung.

Vom Dorfplatz Brunnentreff aus bietet sich ein schöner Blick über den Kinderspielplatz hinauf zur 1918 eingeweihten St. Agatha-Kirche

Die Gemeinde leistet sich nicht nur den „Luxus“ eines Ehrenbürgers (Toni Bongartz, der vor Peter Pauly 25 Jahre lang Ortsbürgermeister war), sondern auch den von zwei Häusern. Neben dem neuen Bürgerhaus „Im Wolfswies-chen“ ist sie im Besitz der Alten Schule aus dem Jahr 1902. Daran war nach der Schließung der ehemaligen Volks- und späteren Grundschule im Jahr 1972 ein Sanitär- und Küchentrakt angebaut worden. Heute steht die Lehrerwohnung im ersten Stock leer. Sie ist zwar frisch renoviert, aber es gibt zurzeit keine Nachfrage nach dem Mietobjekt. Im Schulsaal finden die Gemeinderatssitzungen und die Chorproben statt. „Bei unserer angespannten Finanzlage wird es immer schwieriger, die laufenden Kosten für zwei Häuser auf-zubringen“, räumt Ortsbürgermeister Pauly ein. Zum Haushalt der Gemeinde sagt er: „Wir kriegen gerade so die schwarze Null hin. Alles läuft auf Sparflamme.“ Einnahmen erhoffe man sich aus dem Verkauf der Bauplätze. Aktuelles Thema in der Ortspolitik ist das Flurbereinigungsverfahren, das durch den Lückenschluss der A1 in Gang gekommen war. Das Autobahnteilstück entsteht 800 Meter vom Dorf entfernt, ist aber nicht sichtbar. Arbeitsplätze sind rar in dem 280-Seelen-Dorf in der Verbandsgemeinde Kelberg. Die Meisten pendeln zu ihrer Arbeitsstelle, nicht nur in die umliegenden größeren Orte, sondern auch bis Köln und Koblenz. In Bongard gibt es einen Malerbetrieb, eine Autowerkstatt, einen Montagebetrieb, eine Finanz- und Versicherungsagentur, ein Architekturbüro und ein über die Region hinaus bekanntes Bauernhof-Café. Zwei Gasthäuser haben schon vor vielen Jahren dicht gemacht, und auch die Landwirtschaft ist auf dem Rückzug; es gibt zurzeit noch zwei Vollerwerbsbetriebe.

Das Bürgerhaus wurde 1993 nach zwei Jahren Bauzeit und 5000 Stunden Eigenleistung feierlich seiner Bestimmung übergeben; die Auslastung ist gut

Bongard wird in der Literatur erstmals in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, 1352, erwähnt. Damals musste „zu Martini“ (11. November) der „Hof zum Bongarten“ zwei und einen halben Malter Frucht, zwei Hühner und zwei Pfund und drei Heller Geld auf der Oberburg in Ulmen abliefern. Welche Zustände damals in der Gegend herrschten, geht aus den Gesetzen des Trierer Erzbischofs Balduin (1307 bis 1354) hervor: „... In den Wäldern hausten Räuber. Es wurden Wucherzinsen verlangt. Es war gefährlich, im Dunkeln unterwegs zu sein. Sterndeuterei und Wahrsagerei waren beliebt. Es gab Quacksalber, Kurpfuscher und schlechte Juristen ...“ Die erste urkundliche Erwähnung Bongards stammt von 1424/1425. Im Jahr 1563 gab es in Bongard 16 Leibeigene mit ihren Familien. 1651 hat das Dorf elf Feuerstätten. Das Urkataster von 1820 weist etwa 40 Häuser aus, 1959 sind es über 70, heute über 80. Wie andernorts in der Eifel waren wegen Armut auch Bongarder Familien im 19. Jahrhundert ausgewandert, um in der Ferne, meist in Amerika, ihr Glück zu suchen. Und wie überall sonst forderten auch die Weltkriege ihren Tribut: Im Ersten Weltkrieg fielen vier Bongarder Männer. Im Zweiten Weltkrieg waren es 15, die ihr Leben verloren, und sechs, die vermisst blieben.

Unterm Dach des Bürgerhauses befindet sich der Offene Treff der Jugendlichen

1914 war der Grundstein für die heutige St. Agatha-Kirche gelegt worden, 1918 war die Einweihung. 1950 erhielt die Kirche eine Orgel mit 15 Registern, und zu Ostern 1992 erklangen erstmals die drei „Osterglocken“ (St. Agatha, Christus und Maria). Ihre Anschaffung stand in Zusammenhang mit großen Renovierungsmaßnahmen an Dach, Kirchturm und Heizung. Zuletzt wurde der Chorraum neu gestaltet. Ambo und Altar sind aus hellem Weidenhahner Trachyt und entstanden in der Werkstatt des Niederbreitbacher Bildhauers Hans Rams. Bongard gehört zur Pfarrei Bodenbach, deren Pastor Klaus Kohnz außerdem Seelsorger der Pfarreien Müllenbach, Nürburg und Welcherath ist. Brauchtum und Vereinsleben sind weitere Säulen in dem Leben vieler Bongarder Menschen. Die „Mainoicht“ (1. Mai) gehört den Junggesellen, den Aufbau des Martinsfeuers übernehmen die Feuerwehrleute. In Bongard wird „Hil-lich“ gefeiert, wenn ein Mädchen aus dem Ort heiratet. Zu einem traurigen Anlass - bei einem Sterbefall - gehen die Kinder nach alter Sitte am Tag vor der Beerdigung „sieben Kreuzer beten“. Will heißen: Sie treffen sich und beten den Rosenkranz. Wahrscheinlich gab es früher sieben Kreuze, an denen die Kinder beim Beten Station machten. Die Kinder kläppern in der Karwoche. Die Größeren beerdigen den Kirmesknochen. Erstaunlich ist, dass die Vereine des Dorfes doppelt so viele Mitglieder zählen wie Bongard Einwohner hat. Ältester Verein ist der 1908 gegründete Kirchenchor, der 1971 in eine weltliche Chorgemeinschaft umgewandelt wird, heute rund 40 Aktive hat und von Silvia Groß geleitet wird. Unter ihrer Dirigentenschaft stehen auch der Kinderchor Bongard/Bodenbach und der Jugendchor „in-Takt“. Die Anfänge der Freiwilligen Feuerwehr gehen in das Jahr 1937 zurück. An der Gründungsversammlung des Sportvereins waren im Mai 1959 fast 50 Leute beteiligt; heute nähert sich die Mitgliederzahl der Einwohnerzahl von Bongard. Wen wundert es da noch, dass das Dorf im Jahr 2003 eine fast 500 Seiten starke Chronik herausgab? Federführender Autor war Erich Mertes; Unterstützung erfuhr er von Klaus Dickel und vielen Bongarder Bürgern. Die „Chronik von Bongard“ ist bei Ortsbürgermeister Peter Pauly, Am Barsberg 2, 53539 Bongard, Tel. 02692/ 1845, zu haben. Und wer sich ganz aktuell informieren will, kann Bongard im Internet besuchen: www.bongard-vulkaneifel.de.