Natürlich geht das ...

Interview mit Norbert Otten aus Strohn

Christine Schmidt, Neroth

„Natürlich geht das...“ - so steht es geschrieben auf dem Flyer von Familie Otten in Strohn. Familie Otten bewirtschaftet ihren Hof als landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb. Seit 1990 geht man hier den Weg der artgerechten Tierhaltung und der natürlichen Aufzucht von LimousinRindern. Qualität und Sicherheit für eine unbelastete und gesunde Ernährung werden durch den Anbau eigenen Futters sowie eigene Schlachtung und Verarbeitung gewährleistet. Die frischen Fleisch- und Wurstspezialitäten erhält man im eigenen Hofladen und auf den regionalen Bauernmärkten. Wir wollen wissen, was und vor allem wer sich hinter dem Bauernhof Otten verbirgt. Spontan erklärt sich Norbert Otten zu einem Interview bereit und lädt uns auf seinen Hof ein. Die im Süden der Vulkaneifel gelegene Ortsgemeinde Strohn mit den Ortsteilen Trautzberg und Sprink zählt rund 550 Einwohner. Der Vulkanismus hat seine Spuren hinterlassen - so findet sich hier das Erlebnismuseum „Vulkanhaus Strohn“, eine geologische Besonderheit mit 5 Meter Durchmesser - die fast 120 Tonnen schwere Lavabombe, das Strohner Märchen, die Strohner Schweiz, der Strohner Wartgesberg.

Norbert Otten

Sechs Vereine - Männergesangverein „Liederkranz“, Eifelverein, Karnevalsgesellschaft „Strohner Hohna“, Feuerwehr, Square Dance Club „Alfbach Swingers“ und Sportverein „SV Grün-Weiß Strohn e.V“ spiegeln ein lebendiges Dorfbild wider. Die Kinder können vor Ort den Kindergarten und die Grundschule besuchen - um nur einige Beispiele der hier vorhandenen guten Infrastruktur zu nennen. Wir finden den Bauernhof Otten im Ortszentrum in direkter Nachbarschaft zum Vulkanhaus in einem liebevoll gestalteten und in seinem Charakter erhaltenen alten Eifeler Bauernhaus. Im Kaminzimmer lassen wir uns nach herzlicher Begrüßung durch den 56-jährigen Hofherrn Norbert Otten nieder. Der Landwirt aus Überzeugung erweist sich als aufgeschlossener Gesprächspartner und freundlicher Gastgeber. Die angebotenen geräucherten Schinken- und Wurstvariationen waren wirklich köstlich. Norbert Otten ist sehr heimatverbunden und war stets in seiner Gemeinde aktiv - Gemeinderatsmitglied, Wasser-boden-V.B. Flurbereinigung u.v.m. Ein sehr interessantes Gespräch kann so seinen Lauf nehmen:

Wer ist „Familie Otten“?

Norbert Otten: Familie Otten, das sind meine Frau und ich sowie eine Tochter und drei Söhne im Alter zwischen 29 und 32 Jahren, Schwiegertochter und Enkelin Johanna. Zur Zeit der Ausbildung unserer Kinder bot der Hof keine Zukunftsperspektiven für die nächste Generation, so dass sie sich in andere Berufsrichtungen lernten und entwickelten.

Wer steckt hinter der Firmierung „Bauernhof Otten“ und wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden beschäftigt?

Norbert Otten: Unsere Familie ist schon seit Generationen eng mit der Landwirtschaft verbunden. Ich war gerade aus der Schule und habe dann Landwirt gelernt. Mit 23/24 Jahren - 1973 war ich bereits Landwirtschaftsmeister. 1972 haben wir geheiratet. Meine Frau ist Krankenschwester und auch heute noch in Teilzeit in ihrem Beruf beschäftigt. Während der Kinderphase war sie für Kinder, Haus und Garten tätig, sowie in der Landwirtschaft. Heute führt sie in unserem Betrieb anfallende Büroarbeiten, d.h. Buchführung, Planung, Werbung, Löhne und EDV-Arbeiten aus. Im Betrieb arbeiten 14 Mitarbeiter als teilzeitbeschäftigt in Landwirtschaft, Metzgerei und Verkauf. Wir arbeiten Hand in Hand in einem harmonischen Miteinander. Die Mentalitäten passen. „Was läuft am besten?“ „Wie ist die Nachfrage?“ - Dieser aktuelle Informationsfluss funktioniert gut.

Wie haben Sie den Strukturwandel in der Landwirtschaft miterlebt und welche Entwicklung hat sich in den letzten Jahren vollzogen?

Norbert Otten: Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger Jahre stand für uns eine Veränderung an, wollte man in diesem Berufsfeld weiter bestehen. Die inmittenörtliche Lage unseres Betriebes, Agrarreformen, differenzierte Preisgestaltung des Fleischmarktes führten zu der Entscheidung, den Betrieb umzustrukturieren. Wir suchten nach neuen Perspektiven. In dieser Zeit wurde aus der Notwendigkeit die Eifel Rindfleisch-Absatzgemeinschaft (Erag) gegründet, um gemeinsam am Markt anzubieten. Mittlerweile werden dort ca. 15.000 Tiere vermarktet. Seit einem Jahr bin ich Vorsitzender des Arbeitskreises Mutterkuhhalter mit Sitz in Bitburg (Landwirtschaftsschule). Wir sind 65 Mitglieder aus dem Bezirk Trier. Der Arbeitskreis hat die Zielsetzung, beste Fleischqualität zu produzieren (Fleischrinder, Fütterung, Genetik, Rassen etc.). Dies geschieht durch ständige Information und Weiterbildung. Wir können gemeinsam durch Bündelung der Kräfte eine höhere Wertschöpfung erzielen.

Wer hatte die Idee bzw. wie kamen Sie zur Direktvermarktung?

Norbert Otten: Wir machten uns Gedanken, wie Kundschaft gewonnen werden könnte. Konsequentes Handeln war von Nöten. Direktvermarktung war eine Möglichkeit - wobei niemand wusste, ob es wirklich funktioniert. Mit der erste Schritt war die Anmietung des Gemeindeschlachthauses in Mückeln mit Kühlung. Es gab die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit den Anbietern von Urlaub auf dem Bauernhof. Vielerlei Veranstaltungen im Tourismusbereich machten uns bekannter. Finanzieller Aufwand entstand durch den Bau einer Metzgerei am Hof. Wir mussten neue Wege gehen, ohne zu wissen, ob sie zum Erfolg führen. Eine weitere Idee war der Weg zum Kunden, d.h. kommt der Kunde nicht zu uns, müssen wir zum Kunden gehen. Vor 12 Jahren gründeten wir eine Marktgesellschaft. Bauernmärkte gab es zu dieser Zeit noch nicht. Mittlerweile sind wir gemeinsam mit anderen Direktvermarktern auf Bauernmärkten vertreten. So kann unsere Kundschaft wöchentlich in Daun, Wittlich, Traben-Trarbach und Gerolstein regelmäßig unsere Produkte erwerben, ohne dafür Wege zum Herstellungsort zurücklegen zu müssen. Mit diesem Geschäft sind wir sehr zufrieden. Ohne die feste Überzeugung und das Durchhaltevermögen meiner Frau sowie fleißiger, motivierter Mitarbeiter hätte es niemals funktioniert. Da unser landwirtschaftlicher Betrieb auf Rinderhaltung spezialisiert ist, kaufen wir die Schweine von ausgesuchten Betrieben, die selbst ihre Schweine mit eigenem Getreide füttern.

War die Entscheidung richtig?

Norbert Otten: Gerade in diesem Bereich muss man flexibel sein, auf entsprechende Entwicklungen reagieren. Im Nachhinein kann man ganz klar sagen, dass es genau die richtige Entscheidung war.

Woher kommt Ihre Kundschaft?

Norbert Otten: Unsere Kundschaft kommt von überall her. Direkt aus dem Ort, aus Nachbarorten, aus der ganzen Region. Auch vom Tourismus profitieren wir. Viele Urlauber kommen von Jahr zu Jahr wieder und tätigen sodann auch ihre Einkäufe bei uns. Jaques Berndorf alias Michael Preute - erwähnte den Bauernhof Otten in einem seiner Eifel-Krimis - auch dies führt Gäste und Kunden zu uns. Das Museum und nicht zuletzt der Radfahrweg sind eine gute Sache, wodurch auch das Dorf einen Aufschwung erlebt.

Worin sehen Sie die Gründe für den Gegensatz der Erwartungshaltung der Verbraucher, die - insbesondere bei Umfragen auf hohe Qualität setzen - und dem tatsächlichen Konsumverhalten? Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln - Was ist preiswert bzw. Wie teuer ist billig?

Norbert Otten: Mit der BSEProblematik kam eine erfolgreiche Zeit für die Direktver-markter. Die Nachfrage und damit auch der Umsatz verdoppelten sich. Seither hat sich hier auch keine Änderung ergeben. Das Konsumverhalten geht dahin, dass die Kunden mehr auf Qualität achten, die natürlich ihren Preis hat, sich aber trotzdem sparsam verhalten. So achten junge Leute z.B. an besonderen Festtagen im Jahr wie zu Weihnachten, Ostern, Pfingsten schon auf eine erstklassige Qualität. Trotzdem ist die Direktvermarktung kein Saisongeschäft sondern ein durchbleibendes. Kaufverhalten verändert sich in dieser Zeit dahin, dass Vorratshaltung kaum noch in Frage kommt. Der wöchentliche Einkauf, stets frisch und eine hohe Qualität, kommt dem entgegen.

Worin liegen die Möglichkeiten der Direktvermarktung und worin die Grenzen der Steigerung der Effizienz?

Norbert Otten: Von der Landwirtschaft ist zu sagen, wir bewirtschaften ca. 160 ha Land mit einem Rindviehbestand von 240 Stück, davon etwa 100 Mutterkühe. Die Rinder sind ganzjährig draußen und werden im Winter mit hofeigenem Futter versorgt. Wir vermarkten in der Metzgerei nur eigene erzeugte Tiere. So können wir aus Überzeugung sagen: „erstklassiges Rindfleisch, eigene Aufzucht, Schlachtung, Verarbeitung und Verkauf, eine klare Sache“. Von der Kapazität wäre im Schlachtbereich noch eine Steigerung möglich. Um die Landwirtschaft kümmere ich mich selbst. Tägliche Kontrollen bei den Viehherden, besonders in der Abkalbezeit mehrmals täglich ist oberstes Gebot. Die Feldbestellung führen wir selbst durch, die Erntearbeiten übernehmen landwirtschaftliche Lohnunternehmer. Die Effizienz leistungsfähiger Maschinen ist so gewährleistet.

Wie ist das Verhältnis der Di-rektvermarkter untereinander?

Norbert Otten: Unter uns Di-rektvermarktern gibt es kein Konkurrenzdenken, wir arbeiten miteinander, nicht gegeneinander. Der eine verkauft auch die Produkte des anderen. Dies läuft sehr erfolgreich, somit hat jeder Hofladen eine breitere Angebotspalette.

Welche Visionen haben Sie - bzw. wo sehen Sie sich in naher Zukunft?

Norbert Otten: Weitermachen wie bisher! In nicht allzu weiter Zukunft möchte ich mich zur Ruhe setzen. Ich wünsche mir, dass der Bauernhof Otten mit unseren Zielsetzungen weiter bestehen wird. D.h. Ziel ist die Erhaltung unserer Philosophie und die Erfüllung der gestellten Aufgaben! Erhalt des hohen Niveaus, der hohen Qualität und der Transparenz. Die Wertschöpfung liegt im Verbund von Landwirtschaft und Vermarktung. Als Betriebsleiter sollte man Kenntnisse über Landwirtschaft, Metzgerei und Geschäftssinn haben, aber vor allem ein Mensch mit Ideologien und Philosophien sein, der bereit ist, diese mit allen Konsequenzen und Weitsicht umzusetzen.

Was ist Ihr Erfolgsrezept?

Norbert Otten: Weitblick, eigene Philosophie, Durchhaltevermögen, Miteinander, Offenheit für neue Wege, Offen für Diskussionen, Ausprobieren, Einbeziehung aller Mitarbeiter - Teamarbeit, Qualität, Transparenz. Ich mache immer das und setze das um, was ich für gut und richtig halte - Blickrichtung: Zukunft!

Wie würden Sie sich selbst beschreiben?

Norbert Otten: Als einen Menschen mit Durchhaltevermögen, wichtig ist mir der Zusammenhalt in der Familie, mit meiner Frau. Ich bin Organisator, Befürworter der Weiterbildung und sozusagen „ständig auf der Hut“. Eine gute Menschenkenntnis ist mir m.E. gegeben. Dem möchten wir noch hinzufügen, dass Norbert Otten unkompliziert, aufgeschlossen und kompetent auf seinem Gebiet ist. Ein Optimist, der bereit ist, ein Risiko einzugehen, ohne leichtsinnig zu sein, der den Mut bewiesen hat, neue Wege zu gehen, ohne übermütig zu werden. Kurz: Ein cleverer Geschäftsmann, der Mensch geblieben ist. Nach einer Betriebsbesichtigung, die uns auch einen Blick in die „Räucher“-Räum-lichkeiten, die Kühlräume, den Hofladen und den Hof selbst erlaubt, wünschen wir Norbert Otten und seiner Familie weiterhin viel Erfolg!

Das Gespräch führten Helmut Klassmann und Christine Schmidt.