Handwerkliches Geschick

Elfrieda Margareta Kiuzauskas, Walsdorf

Die Essigmutter

Der Essig wird schon seit 5000 Jahren vor Christus erwähnt. Die Babylonier machten sich schon damals seine heilende Kraft zunutze, ebenso im alten China und bei den Phöniziern. Selbst Hippokra-tes wusste die kühlende und heilende Wirkung des Essigs zu schätzen. Im alten Rom tranken die Legionäre Essigwasser gegen den Durst und zur Gesunderhaltung. So bekam auch der am Kreuz hängende Jesus Christus den mit Essig getränkten Schwamm an die Lippen gehalten. Im Alten und Neuen Testament gibt es Belege dafür, dass man damit Speisen zubereitete und konservierte. Man stellte Getränke und Arzneien damit her. Im Mittelalter und der Neuzeit boomte der Essigverbrauch geradezu. Er wurde immer mehr zum Konservieren und Haltbarmachen von Lebensmitteln verwendet, wie man dies ja heute auch noch tut. In Weingegenden stellte man den Weinessig her, in der Eifel den Apfelessig oder auch Branntweinessig. Die Essigsorten, wovon es viele gab, reicherte man auch mit Kräutern an. So erhielt man einen wunderbaren Kräuteressig. Zum Gurkeneinlegen z.B. mit Dill, oder den sehr feinen Essig mit Estragon usw. So gab es bei unseren Großmüttern und Müttern die sogenannte „Essigmutter“. Zu diesem Zweck gab es neben einem großen Viezfass (gegorener Apfelsaft) ein Süßmostfass mit Inhalt für uns Kinder und andere Liebhaber dieses Apfelsaftgetränks. Für den Apfelobstessig gab es ein kleines, schon sehr altes Holz-fässchen, in dem schon lange Apfelobstessig zum täglichen Gebrauch gelagert wurde. Wer sich eine neue „Essig-mutter“ anlegen will, muss folgendes tun: Der Schaum, der sich auf der Oberfläche von Apfelmost oder jungem Wein während des Gärungsvorgangs absetzt, wird abgeschöpft und zur „Essigmutter“ auch Essigkahmhaut genannt. Die Essigkahmhaut wurde in den Most nach Wahl gegeben. Bei uns wurde nur Apfelobstessig hergestellt. Dazu wurden nur sehr süße und reife Früchte verwendet, die durch ihren Zuckergehalt die Bildung der Säure vorantrieben. Nach dem Reifeprozess war er dann gebrauchsfertig. Wir lagerten ihn in einem Holzfässchen, das mit einem Zapfhahn versehen war, im kühlen Gewölbekeller. Heute wird Essig in riesigen Edelstahlbehältern angesetzt und muss lange lagern, damit er schön klar und rein wird. Viele Essigspezialitäten werden in sehr schönen Flaschen mit verschiedenen Blüten und Kräutern versetzt und hübschen Etiketten zum Kauf angeboten. Ein selbst hergestellter Essig ist aber naturtrüb. Oft hat er eine Schaumkrone oder auch Bodensatz, woran man einen guten Essig erkennt. Aus diesem Grunde durfte das Fässchen nicht bewegt werden. Die Selbstherstellung von Essig ist wieder in Mode gekommen.

Die Metallstickerei

Nach Metallstickerei wurde schon vor Jahrhunderten in allen Kulturländern verlangt. Sie ist die einzige Stickereitechnik, die nicht von Maschinen nachzuahmen ist. Besonders beliebt waren Gold-, Silber- und Messing-Stickereien bei kirchlichen und weltlichen Prunkgewändern, für Banner, Fahnen, Thronsessel und Thronbehänge auch für Uniformen und Volkstrachten. Man stickte sein Familienwappen auf Täschchen, Sessel und Kissen. Im 15. Jahrhundert erreichte die Goldstickerei ihre Blütezeit. Daran erinnern die burgundischen Gewänder im kunsthistorischen Hofmuseum in Wien. Erst kannte man nur die sogenannte Anlegetechnik. Der Metallfaden konnte noch nicht durch den Stoff geführt werden. Im 17. und 18. Jahrhundert kam diese Technik in Italien auf. Auch in Frankreich war diese Technik der Metallstickerei sehr beliebt. So waren die Fahnen, die Napoleon I. seiner Garde verlieh, wahre Meisterwerke der Goldstickerei. Dann kam diese Stickkunst auch zu uns in die Eifel. Es gab verschiedene Handwerkszeuge, die man dazu benötigte. Da die Metallfäden sehr schwer zu sticken waren und die Stoffe sehr schnell Schaden nahmen, musste man schon gute Stickkenntnisse haben. Erst brauchte man einen Holzrahmen zum Spannen des Stoffes, einen Vorstecher, Nadeln in verschiedenen Größen und Stärken Schere, Falzbein, Schaufelchen und die Sprenggabel nebst Fingerhüten. Man arbeitete nach Vorlagen. Feine Stoffe mussten erst eine Unterlage bekommen. Meist aus Nessel und auch aus dem früher üblichen Glasbatist. Die Vorlagen wurden mit den früher üblichen Pausfarben auf den Stoff übertragen. Bei zarten Farben und Stoffen nahm man auch Kartoffelmehl, dem man etwas zerstoßene Kohle beifügte, wie es unsere Großmutter tat. Auch zeichnete man die Vorlagen mit Bleistift ganz zart auf helle Stoffe. Die Nadel für diese Arbeiten musste ein rundes Ohr haben und stets stärker sein als der Faden. Es war eine sehr schwierige Stickerei, musste man doch immer darauf achten den Stoff nicht zu verletzen. Bei der Anlegearbeit fütterte man auch des öfteren die Stoffe und nahm als Unterfaden gewachste Seide. Für die Blattsticharbeiten nahm man die beiden Fäden. Für sehr feine Arbeiten ganz zarte feine Gespinstfäden. Diese gab es in verschiedenen Stärken aus Gold, Silber und Messing. Den Schnur- und Perldraht nahm man zum Umwanden. Es gab große Auswahl an vielerlei Drahtarbeiten. Gold, Silber, Messing oft feuervergoldet. Es gab echtes Silber und plattiertes Silber, Aluminium und Stahlgespinste, kombiniert mit Flittern, heute Pailletten genannt. Beim Kauf der Stoffe musste man darauf achten, dass der Stoff schwefel- und säurefrei war, weil sonst die Metallfäden in kurzer Zeit schwarz wurden. Auch durfte und darf man kein gebleichtes weißes Seidenpapier zum Schutze der Handarbeit zwischenlegen, weil die Metallfäden dann ebenfalls schwarz werden. Alles in allem eine sehr komplizierte Handarbeit, die aber auch in der Eifel ausgeführt wurde.

Die Perlenstickerei

Gezogene und gehackte Perlen stellten im 16. und 17. Jahrhundert einen wichtigen Ausfuhrartikel Venedigs dar. Langgezogene dünne Glasröhrchen stellte man her. Diese schnitt man in Bündeln, in kleine und große Stäbchen. Man mischte sie mit Tonpulver und Kohle, damit sie nicht zusammenklebten und drehte sie in einer Trommel über dem Feuer. So wurden sie rund und scharfe Kanten verschwanden, die den Faden zerschneiden konnten. Die Biedermeierzeit war geprägt von Häuslichkeit und Fleiß. Man strickte und bestickte viele hübsche Dinge des täglichen Lebens. Lampenschirme aus Milchglas in bunt und weiß hatten lange Fransenstäbchen aus Glasperlen. So ein Prachtstück hing über unserem Esstisch in der Küche. Diese Lampen spendeten ein warmes, gemütliches Licht. Man stickte Bilder, bestickte Kissenhüllen, Handtaschen, Geldtaschen, Tabaksbeutel, Portemonnaie, Strumpfbänder, Klingelzüge, Paravent und vieles mehr mit Perlen und feinen Perlenstäbchen. Diese Arbeit war sehr zeitauf-wändig und sehr kostbar. Man strickte die Perlen mit ein oder in dem beliebtem Kreuzstickmuster. Für einen feinen Beutel benötigte man bis zum 37.000 Perlen und mehr. Man strickte Beuteltaschen und Beutel rund wie einen Strumpf ohne Naht. Man achtete darauf, dass die Perlen und Stäbchen nach außen kamen. Man fütterte sie mit feiner Seide und versah sie mit eleganten Silberbügel oder Kettchen. Nach der Biedermeierzeit kamen diese hübschen Gebrauchsgegenstände wieder aus der Mode. Anfang des 19. Jahrhunderts kam diese hübsche Arbeit aber wieder zu Ehren. Man hatte die Herstellung der Perlen verändert und benutzte zunehmend Zuchtperlen. Diese neue nicht mehr so feine Art nähte man auch des öfteren auf. Das ist bis heute so geblieben. Nach dem Krieg waren Watte und Perlenstickereien auch sehr in Mode mit dem berühmten Sonnen-plissee kombiniert. Diese wunderschönen Arbeiten sah ich bei meiner Tante in ihrem Schneidersalon. Heute sind die Perlenstickereien auch wieder sehr beliebt. Perlen auf Kleidern, Pullovern, Täschchen, Lampenschirmen aus Seide und Samt, Schuhen, im Einklang mit Flittern (Pailletten). Selbst an Kissenhüllen, Tischdecken, Deckchen und Schals kann man wieder Flitter und Perlenarbeiten finden. Die früher übliche Eifeler Kopfbedeckung älterer Damen, auch Boek genannt, aus schwarzer Wolle oder Seidengarn gehäkelt, hatten oben auf dem Kopf gehäkelte Blumen und Blätter. Diese waren mit Perlen und Flittern bestickt.