Zunftsiegel Hillesheim 1660

Hermann Meyer, Hillesheim

Reges Leben herrschte schon im Mittelalter in der kleinen mauerumwehrten Eifelstadt. Handel und Gewerbe blühten, und weit über die Grenzen der Eifel hinaus erfreuten sich die Erzeugnisse der in Zünften zusammengeschlossenen Handwerker eines guten Rufes. Nach dem Vorbild der Kaufleute haben sich seit dem 12. Jahrhundert auch die Handwerker zu Gilden zusammengeschlossen. Die für ihr Handwerk maßgebenden Regeln wurden von den Genossenschaften unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Stadtherrn festgesetzt. Diese Handwerkerverbände nahmen Bezeichnungen auf, die schon die alten Kaufmannsgilden geführt hatten. So sprach man lateinisch von den „Fraternitates“ der Handwerker, das entsprechende deutsche Wort dafür war "Bruderschaft." Die Zunft wurde dann im 15. Jahrhundert der führende Begriff für die Handwerkerorganisationen. Das Wort kommt schon im Althochdeutschen vor und bedeutet soviel wie Regel, Vertrag, Zusammenkunft. Den Kern des Zunftwesens finden wir im Zunftzwang. Sein Grundprinzip: Ausschaltung des amtsfremden Arbeiters und die ausschließliche Zulassung der Mitglieder der Zunft. Jedem, der nicht zur Zunft gehörte, war es untersagt, einen Gewerbebetrieb auszuüben, solange er nicht das Zunftrecht erwarb. Der in die Zunft eintretende Handwerker hatte dann eine Gebühr zu entrichten, die vielfach zwischen Handwerk und Stadt geteilt wurde. Erzeugnisse auswärtiger Handwerker durften in der Stadt nicht verkauft werden, falls nicht die Zunftgenossen diese Waren ausdrücklich zum Markt zugelassen hatten. Sicherlich beruhte diese Bestimmung nicht so sehr auf rücksichtslosem Eigennutz als vielmehr auf der berechtigten Versorgung des einheimischen Bedarfs, die es auch in unsicheren Zeiten, unabhängig von kriegerischen Verwicklungen, zu garantieren galt. Die Aufgaben der Zünfte waren also:

1. Die Zunftgerichtsbarkeit
a) die Überwachung der Qualität
b) die ordentliche Ausbildung der Handwerker
c) Maßnahmen gegen unlauteren Wettbewerb

2. Soziale und religiöse Aufgaben
a) die Unterstützung der wirtschaftlich schwachen Mitglieder
b) Förderung der Sitte und des Gottesdienstes

3. Teilnahme am politischen Leben der Gemeinde

Zur Zeit des 3ojährigen Krieges 1624 gab es in Hillesheim 7 Wirte, 4 Schuhmacher,

Foto Rosenkranz, Hillesheim

3 Hamenmacher, 3 Schneider, 2 Schlosser, 2 Bierbrauer, 3 Schreiner, 1 Schmied, l Bäcker, 1 Leinenweber.
Und 80 Jahre später - 1702 -gab es im Städtchen

5 Schneider, 2 Schlosser, 4 Schreiner, 2 Schmiede, 3 Leinenweber, 7 Wollweber, 1 Rotgerber und 1 Maurer. Berufsverwandte Handwerker schlossen sich, da sie zahlenmäßig allein nicht sehr stark waren, zusammen und bildeten eine Zunft oder Bruderschaft.
Während der Begriff Zunft mehr den handwerklich-kaufmännischen Charakter trägt, meint der Begriff der Bruderschaft mehr deren Zusammenschluss unter religiös sozialem Gesichtspunkt. Als Sitz einer bedeutenden Ledererzeugung hatte Hillesheim eine Zunft der Schuster, Sattler, Rot- und Weissgerber.

Das Zunftbuch ist leider nicht erhalten. Mehr jedoch wissen wir über die Zunft der im Amt Hillesheim eingesessenen Schneider, ,,Wüllen-“ und Leinenweber, die in der Zunftordnung von 1751 von Erzbischof Franz Georg zu Trier als Sebastianus-Bruder-schaft bezeichnet wird. Diese Zunftordnung gibt uns ein aufschlussreiches Bild über die damaligen Zunftregeln und liefert den Beweis für die frühe industrielle Tätigkeit und Bedeutung der Stadt Hillesheim
Erzbischof Lothar von Trier hatte bereits 15o Jahre früher dieser alten Zunft der Schneider, Wüllen - und Leinenweber anstelle der alten Zunftordnung, die durch den „anno 1549 daselbst zu Hillesheim entstandenen Brand in Verlust kommen, eine andere Zunftordnung in Gnaden ver-willigt.“ Sie hat folgenden Wortlaut: "Zunftordnung deren im Amt Hillesheim ereingesessenen Schneider, Wül-len- und Leinenweber. „Wir von Gottes Gnaden, Franz Georg, Erzbischof von Trier, des Heiligen Römischen Reiches Kurfürst, tun kund in disem Brief, welcher Gestalt unsere Untertanen und liebe Getreuen, die Schneider, Wüllen- und Leinenweber der St. Sebastiani Bruderschaft zu Hillesheim untertänigst gebeten eine Zunftordnung abfassen, bekräftigen und demnächst mitteilen zu lassen.“ Es folgen dann einige Regeln, die die Mitglieder befolgen müssen. Die Sebastianus Bruderschaft bittet dann 1749 den Kurfürsten von Trier, ihre Zunftartikel zu besichtigen, durch Stempel für gut zu befinden, um dann ihre Erzeugnisse auf den Markt zu bringen.
Eine weitere bedeutende Zunft in Hillesheim war die „hochlöbliche Zunft der heiligen Hubertus und Eligius, die Zunft der Schlosser und Schreiner, der Zimmerleute, der Steinhauer und Maurer“, die 1733 in ihrer Satzung erneuert wurde, folglich schon vorher bestanden hat. Alle Verordnungen und Lehrbriefe wurden vom Zunftmeister mit dem Zunftsiegel besiegelt Ein solches ZUNFTSIEGEL DER STADT HILLESHEIM 1660 ist der Stadt Hillesheim erhalten geblieben dank der Initiative des Stadtchronisten Hermann Meyer. Er hatte das Siegel schon 1962 zur ersten Ausgabe seines Heimatbuches: Hillesheim - die Geschichte eines Eifelstädtchens -ausfindig gemacht, konnte es jedoch erst 1998 aus Privatbesitz käuflich erwerben. Da der damalige Besitzer einen Liebhaberpreis von 2000 DM verlangte, die Stadt aber diesen Betrag nicht aufbringen konnte (oder wolle), startete Meyer eine private Spendenaktion, adressiert an alle Handwerkerbetriebe und Geschäfte in Hillesheim, denn er wollte das Originalsiegel für die Stadt retten, ehe es auf einem Flohmarkt verscherbelt würde und dann für immer verloren wäre. Dank dieser Spendenaktion und weiterer Zuwendungen vom Hillesheimer Eifelverein, dem Erlös eines Heimatkalenders von H. Meyer und einer Broschüre von F. Schulz sowie weiterer kleiner Spenden konnte das Siegel dann erworben werden.
Das Zunftsiegel - siehe Foto -zeigt die Symbole der Schreiner, Steinmetzen, Schlosser, Schmiede und Maurer. Auf einigen Wegekreuzen und Hausmarken sind zudem die Zeichen der Gerber und Schneider zu erkennen. Dieses kostbare Original: Zunftsiegel der Stadt Hilles-heim vom Jahre 1660, so wie weitere Siegel und Archivalien warten auf einen würdigen, bleibenden und sicheren Platz in einem Stadtarchiv, das in das Kulturhaus Hillesheim integriert ist.
Quelle:
Hermann Meyer, Hillesheim - die Geschichte eines Eifelstädtchens, Ortschroniken des Trierer Landes, Band 10