Nicht nur die Sprachen
sind verschieden

Christa Feltgen, Erftstadt

Als wir in die Eifel zogen, war das gerade die Zeit, in der Elke Heidenreich abends im Fernsehen auftauchte, um ihre Ansichten zum Weltgeschehen aus ihrem Küchenfenster heraus im schönsten Ruhrdeutsch darzulegen. Natürlich war sie komisch und ihre Sprache verstärkte das auch noch. Was wir aber nicht einsehen konnten, war die Tatsache, dass die Eifeler sich auch dann vor Lachen krümmten, wenn wir irgendwo den Mund aufmachten. Warum? so fragten wir dann und die Antwort war: Ihr sprecht wie Elke Heidenreich. Uns war gar nicht aufgefallen, dass unser niederrheinischer Slang, den man in der Sprachabteilung des Landschaftsverbandes in Bonn heute vornehm „Regiolekt“ nennt, so herauszuhören gewesen war. Wir hatten gemeint, ein reines Hochdeutsch zu sprechen. Dieser niederrheinische Regiolekt hat ja dann später auch die Vorträge von HannsDieter Hüsch so liebenswert gemacht. Das war aber noch nicht alles, was uns von unseren Nachbarn ringsum unterschied. Als wir unsere Baustelle einigermaßen aufgeräumt und einen Garten angelegt hatten, kamen wir mit einem Gerät daher, das man in der Eifel so nicht kannte. Wir hatten vom Niederrhein eine so genannte „Schuffel“ mitgebracht, um damit das Unkraut zu entfernen. Das ist eine etwa 15 cm lange, schmale Eisenplatte, die so an einem Holzstiel festgemacht ist, dass man sie vom Körper weg flach durch die obere Erdschicht stoßen konnte, um dabei die Pflanzen zu entfernen, die im Weg waren.
Als wir uns bei unseren Nachbarn im Garten umsahen, sahen wir, dass diese für die gleiche Arbeit eine kleine Hacke benutzten. Sie war ebenfalls mit einem langen Holzstiel verbunden. Mit ihr zog man die Erde auf sich zu und erledigte dabei die Unkräuter. Oft habe ich beim „Schuffeln“ darüber nachgedacht, welche Methode wohl die Leichtere sei, ziehen oder drücken. Auf jeden Fall konnte ich mit der Hacke nicht umgehen.
Einmal war ich damit beschäftigt, das stehengebliebene Gras an den Kanten unseres Rasens mit einer kleinen Handsichel zu entfernen, als sich unser kleiner Nachbarssohn zu mir gesellte. „Was machst du da?“. - „Das siehst du doch, ich schneide das Gras ab. Wenn ich das so lasse, sieht das gar nicht schön aus!“. - „Was ist das für ein Ding, was du da hast?“. - „Das ist eine Sichel, eine kleine Sense. Du weißt doch sicher, was eine Sense ist?“. - „Nee!“. - „Pass mal auf! Wenn du bei deinem Opa in den Schuppen gehst, da hängt doch sicher an der Wand auch so ein Ding, nur größer, und die Schneide ist etwas länger! Das hast du doch schon da gesehen?“.
Das war zuviel für den kleinen Kerl. Er kannte mich kaum und ich wusste schon, wie es bei seinem Opa drüben im Dorf im Schuppen aussah. Das war ihm zu unheimlich. Mit weit aufgerissenen Augen trat er den Rückzug an. Wer weiß, was ich noch alles von ihm und seiner Familie wusste!
Trotz verschiedener Sprache und fremden Geräten haben wir uns damals schnell eingelebt. Ich durfte sogar, obwohl evangelisch, beim Fronleichnamsaltar mithelfen. Da wurde jede Hand gebraucht, wenn man die ausgeklügelten Bilder aus Blumen akkurat legen wollte.
Einmal, als ich noch einen letzten Blick auf unser Kunstwerk werfen wollte, ehe die kirchliche Feier beginnen würde, sagte eine der Frauen: „Willst du nicht allmählich mal nach Hause gehen und dich für die Prozession um-ziehen?“. Da wusste ich, wir waren voll integriert.

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