Zeitvertreib beim Viehhüten

Gustav Winter, Daun

Meine Eltern waren stolze Besitzer einer Kuh. Nach Schulschluss gehörte es zu meinen Aufgaben, diese auf eine gepachtete Wiese zu führen, damit sie ausreichend Grünfutter fressen konnte. Die Kuh musste an der Leine gehalten werden, da die Wiese nicht eingezäunt war. Man war dann allein, alles war furchtbar langweilig. Deshalb freute ich mich wie auch alle anderen Kinder auf den Herbst. Ab Michaelstag (29.September) durften die Kühe auch auf fremden Wiesen grasen, es sei denn, der Bauer hätte die Wiese durch Einstecken vonHaselnusszweigen für den „Freiverkehr“ gesperrt. Wenn nun mehrere Viehhüter das Vieh zusammentreiben konnten, wurde einer bestimmt, auf das Vieh aufzupassen, während die anderen Gemeinschaftsspiele machten. Hierzu gehörten auch „Sauhüten“ und „Stockschlagen“.

Sauhüten

Die Mitspieler machten sich einen deftigen Stock. In einem Kreis buddelte sich dann jeder ein Loch von etwa zehn Zentimeter Durchmesser. Mit einem Auszählreim, wie zum Beispiel „Ech on dau, Müllech Sau, Jaspech hiere Stier, dat sen zosammen vier!“ wurde nun einer bestimmt, die „Sau zu hüten“. Als Sau diente eine Blechdose. Diese wurde außerhalb des Kreises gelegt und nun musste der Hüter mit dem Stock die Sau in den Stall (Loch in der Mitte) treiben. Die anderen Spieler versuchten, ihn daran zu hindern und die Dose wegzuschlagen, mussten dabei aber ihr eigenes Loch (Stall) hüten, denn, sobald der Treiber seinen Stock in ein fremdes leeres Loch stecken konnte, hatte er gewonnen und dieser Spieler musste jetzt die Sau hüten.

 

Zeichnung: Kerstin Weinacht, Kerpen

Stockschlagen

Jeder Spieler schnitzte sich einen Stock, vornehmlich aus Haselnuss. Dieser Stock wurde an dem dickeren Ende angespitzt. Je kräftiger der Stock, desto größer die Gewinnchancen. Mit Auszählreim wurde dann ermittelt, wer zuerst mit voller Wucht seinen Stock mit nur einem Versuch in die Erde schlagen musste. Die anderen Spieler schlugen dann auch mit nur einem Versuch nacheinander ihren Stock so in die Erde, dass möglichst der Stock des ersten Mitspielers seitlich getroffen wurde und umfiel, der eigene Stock aber stecken blieb. Gelang ihm dies, durfte er den Stock des Verlierers mit seinem Stock wegschlagen. Wenn aber sein Versuch scheiterte und sein Stock nicht stecken blieb, wurde umgekehrt verfahren.