Spielen als Zeitvertreib

Marianne Schönberg, Jünkerath

Wie war das früher, als nicht jedes Kind ein eignes Zimmer hatte, auch keinen PC oder Walkman, bestenfalls ein kleines Radio, am Wecker angeschlossen und - was ist früher?
Vielleicht die Zeit vor vierzig Jahren ?
Fernsehgeräte gab’s in beinahe jedem Haus, aber eben nur eines mit wenigen Programmen und meist hatten die Eltern die Zeiten zum Zu- oder Ansehen für den Nachwuchs im Griff. Tagsüber blieb der Bildschirm grau, der Abend war fürs Sandmännchen vorgesehen, ab und an für die Augsburger Puppenkiste -sonntags gab’s bei schlechtem Wetter mal eine Extraportion in Sachen Fernsehen, meist mit einem Elternteil als Mitseher; vorbei, vorüber. Was machte den Tag, die freie Zeit damals für Kinder interessant? Sie wollten, oft unbewusst, ihre Fähigkeiten ausleben und wer handwerklich begabt war zeigte gern ganzen Einsatz. Wenn die Familie im ländlichen Raum lebte gab’s Angebote rundum man musste sie nur sehen und etwas daraus machen. Das Echo der Erwachsenen war recht unterschiedlich, nicht immer positiv für die kleinen Handwerker. Von Geld für aufwändiges Spielzeug war kaum die Rede, es

ging ums Vergnügen etwas zu schaffen, spielerisch und dann damit umzugehen. In den sechziger Jahren waren die meisten Eltern nicht besonders gut betucht, noch wurde aufgebaut, gespart, kein Gedanke an Urlaub an sonnigen südlichen Stränden. Ein Sommer in der Eifel. Ferienzeit!

Und da gab’s unweit des Hauses einen Weiher, kein Badestrand, selten ein Fischer... da könnte man doch, meinte einer der Knaben aus der Siedlung... man könnte ein Floß bauen. Holz liegt rundum am Weiher, also her mit den Stangen, die ein wenig gebündelt, mit Querstreben vernagelt, darauf eine leere Bierkiste aus Vaters Keller zum Sitzen, fertig ist ein herrliches Gefährt über den See. Sein Bruder fand die Idee prächtig - ein Foto von 1965 dokumentiert das Ergebnis. Des nicht genug, die Sommerferienwochen ziehen sich hin - was tut ein Kleiner, der etwas tun möchte? Mit dem Vater war er unterwegs, im Wald, zu den Sauerbrunnen in der Region, dort holten sie vom Born, der vor sich hinsprudelte das eisenhaltige Nass, füllten es in Flaschen ab — Mutter brauchte es zum Pfannkuchenbacken.
Also dieses Wasser kommt aus der Quelle am Wald? Kann man daraus nicht Waldlimonade machen, vielleicht mit dem Inhalt der Brausetütchen? Die gab’s damals für ein paar Pfennige in rot und grün, Himbeer- oder Waldmeistergeschmack. Der Knabe füllte sich seine Flaschen ab, filterte das naturtrübe Wasser über ein Stofftaschentuch (aus Mutters Schrank geliehen, heimlich, wer weiß, wie sie das Unternehmen eingeordnet hätte) und nun war sein Arbeitseifer kaum noch zu bändigen. An einem Baum in Gartenbereich baute er seinen Schanktisch, stabil, mit Brettern rundum, oben ein Schild mit dem Angebot: WALDLIMO. Das ging wie ein Lauffeuer über die Straße. Die Nachbarskinder kamen, zum Staunen, zum Trinken. Begeisterung rundum bei der Jugend. Die Reaktion der Erwachsenen? Viel Trubel um die Häuser, die Gärten - nein, nicht jeder war von der Aktion angetan. Der Baum, Stabilisator der Limobude, er war nach der Prozedur hin, diesen Aderlass vertrug er nicht. Was wog schwerer? Die Begeisterung der Kinder, das Sich-auslassen-dürfen und die Freude am Gelingen oder der Verlust des Wirtsbaumes? Im Frühling danach wurde ein neuer gepflanzt, mit Hilfe des Verursachers -der Groll war verflogen.