Jugendstreiche

Maria Ferdinand, Neroth

An Jugendstreiche erinnert man sich immer gern. Wenn wir diese zusammen ausheckten und uns gegenseitiges Schweigen versprachen, verband uns dadurch ein kleines Geheimnis. Damit wurde unser Zusammenhalt gestärkt und wir wussten, ein Kind konnte sich auf das andere verlassen. Wir ärgerten oft ältere Menschen. Ich weiß nicht, ob wir dies als Zeitvertreib taten, oder ob wir einfach mal nicht immer nur brave Kinder sein wollten. Wir hatten unseren Spaß dabei, und der war größer als die Strafe nachher. Meistens dachten wir Kinder uns in den Ferien so manchen Streich aus, hatten wir da doch mehr Freizeit.
Unsere Mutter setzte alljährlich Schnaps auf Johannisbeeren
und es war klar, dass diese Beeren dann einen großen Alkoholgehalt hatten. Wir Kinder sollten später die Flasche mit dem Rest der Früchte entleeren und säubern. Diese in den Bach zu schütten, dachten wir, ist doch viel zu schade. Zuerst probierten wir die Beeren, aber sie schmeckten uns nicht. Da kamen wir auf die Idee, Hahn und Hühnern eine Freude damit zu bereiten. Wir hatten Recht, und mit Genuss pickten sie die Beeren alle auf. Jetzt warteten wir mit Anspannung darauf, wie das Federvieh sich wohl anstellen würde. Es wurde noch lustiger als erwartet: Der Hahn konnte wohl am wenigstens vertragen. Sein Kikeriki klang anders als gewohnt, und er kniete sich auch bald vor die Hühner, die emsig im Misthaufen scharrten. Allerdings nicht lange, denn bald lagen alle friedlich im Schlaf. Ein sonderbares Bild dachten unsere Eltern, als sie dies sahen und machten sich Sorgen.
Selbst am Abend konnte das Federvieh immer noch nicht gehen.
Es musste in den Stall getragen werden, wo es dann seinen Rausch ausschlief. Die kummervollen Gesichter unserer Eltern taten uns Leid und wir berichteten über unsere Tat. Vater nahm es mit Humor, denn er sagte am anderen Morgen, dass ihm sein Frühstücksei besonders gut schmecke, weil es den Geschmack von aufgesetzten Johannisbeeren habe. Unser Großvater hatte die Arbeit des Viehhirten übernommen. Wenn Regen in Aussicht war, zog er immer einen großen dunklen Hut an. Nun kamen wir auf die Idee, diesen mit Tinte zu tränken und dann trocknen zu lassen.
Gesagt, getan. Er zog seinen Hut wieder an und der Himmel hing voller Wolken. Dann hatten wir alle ein Stelldichein in unserer Küche. Wir gaben an, hier unsere Hausarbeiten zu machen. Gespannt warteten wir nun auf das Heimkommen unseres Großvaters. Als er endlich die Wohnung betrat, war sein Kopf, hauptsächlich das Ge
sicht, fast unerkenntlich beschmiert mit Tinte. Den ersten Moment mussten alle lachen und wir dachten schon wir hätten etwas geleistet. Aber das Lachen verging uns schnell, denn wir bekamen Ärger und es gab etliche Tage Hausarrest. So hatten wir gut Zeit uns etwas anderes zu überlegen.
Bald wieder in Freiheit zurück, spielten wir Oma einen Streich. In ihrer Mittagsruhe setzte sie sich stets ans Fenster und schaute nach draußen. Wir nicht dumm, steckten einen Männerhut auf eine Stange und gingen damit am Fenster so vorbei, dass sie nur den Hut sehen konnte. Anschließend versteckten wir uns. Oma dachte, wer muss denn da vorbei gegangen sein? Sie kam heraus, aber nichts und niemand war mehr zu sehen. Dies wiederholten wir mehrmals. Abends beim Essen warnte sie uns vor einem fremden Mann, der hier herum gehe. Wir machten ängstliche Gesichter und ließen sie in dem Glauben.