Das Geisterhaus in Kerpen

Jana Dorfner, Kerpen

Meine Freundin Elisa sollte heute zu mir kommen. Es war das erste Mal, deswegen wollte ich mit ihr etwas Besonderes unternehmen. Wir überlegten, was wir machen könnten, und plötzlich erinnerte ich mich an die Geschichte, die mir mein Großvater einmal an einem stürmischen Abend erzählte. Es ging um das Geisterhaus, das in der Burgstraße 13 steht. Ich hatte mich noch nie getraut, dorthin zu gehen, weil….ja, weil doch etwas Unheimliches von ihm ausgeht. Denn an jenem Abend berichtete mein Großvater: „Als ich einmal spätabends aus dem Fenster schaute, hörte ich plötzlich Geräusche aus dem gegenüberliegenden leer stehenden Haus. Ich erschrak, aber ich war auch neugierig. Also schlich mich hinaus und betrat das Haus. Ich dachte mir, es sei nur ein Traum gewesen, nein, war es aber nicht. Ich sah, wie sich Türen und dann Fenster wie von alleine öffneten und wieder schlossen; Schubladen gingen auf und zu, und Teller und Gläser rollten auf den Boden.“ Bis jetzt war ich der Sache noch nicht nachgegangen, aber zusammen mit Elisa…… Ich erzählte ihr alles, aber sie meinte nur, das wäre Blödsinn, Kinderkram, und ich würde spinnen. Fast hätte ich mir das denken können, etwas anderes hätte ich auch nicht erwartet! Wir schlenderten durchs Dorf in der Hoffnung, wenigstens ein paar Jungen zu treffen. Aber typisch - keine einzige Seele war zu sehen. Plötzlich standen wir vor dem Geisterhaus, ohne dass wir absichtlich dorthin gehen wollten. Komisch! Elisa guckte rechts und links, nach oben und nach unten und meinte nur: „Und so was soll ein Geisterhaus sein! Da lachen ja die Hühner!“
Und weil sie nicht an den Schwachsinn glaubte, stemmte sie sich kurz gegen die Haustür, die knarrend und ächzend aufsprang. Unschlüssig standen wir vor dem offenen Eingang. Finster war’s drinnen, und ein muffiger Geruch strömte uns entgegen. Elisa war mutig und ging als erste hinein. Sie öffnete ein kleines Fenster. Es war kalt in dem kleinen Raum. Viel zu sehen gab’s wirklich nicht. Seine Wände waren kahl und stellenweise sogar ohne Verputz. In den Ecken hingen riesige verstaubte Spinnweben. Elisa sagte spöttisch: „Nicht besonders einladend, aber gewiss kein Geisterhaus. Ich glaube, du hast zu viele Horrorfilme geguckt! Geister, und überhaupt auch noch hier bei uns in Kerpen! In welcher
Scheinwelt lebst du denn?“ Das hätte sie besser nicht gesagt! Denn plötzlich hörten wir schlürfende Schritte oberhalb der Decke, und dann die Treppe hinab, ein eisiger Luftzug streifte von uns von irgendwo, dann fiel krachend die Haustür ins Schloss. Elisa war plötzlich kreidebleich. Sie rannte atemlos zum Ausgang. Ich hinterher. Zum Glück ließ sich die Tür schnell öffnen, und dann waren wir nichts wie weg. Im Laufen glaubte ich noch Hilferufe zu hören. Aber ich konnte mich auch täuschen. Als wir in sicherer Entfernung waren, meinte ich nur: „Ich hatte wohl doch nicht so Unrecht mit meinem Kinderkram!“
Aber so eine richtige Schadenfreude wollte bei mir auch nicht aufkommen. Und in die Burgstraße 13, dahin bringt mich so schnell keiner mehr!