Efeu - Exot im deutschen Wald

Felicitas Schulz, Hillesheim

Kräutervater Hieronymus Bock wusste für viele Leiden und kleinere Übel stets das richtige Mittel. Er fasste seine Erkenntnisse 1551 in einem Kräuterbuch zusammen. So kannte er ein Geheimrezept nach einer durchzechten Nacht: „Efeublätter gestoßen mit Essig und ein wenig Rosenwasser, ist eine gar köstliche Arzeney für das grausam Hauptweh.“
Im Altertum war der Efeu den Göttern des Weins geweiht. Sowohl der altägyptische Osiris als auch der griechische Dionysos und der römische Bacchus wurden mit Wein-und Efeulaub bekränzt dargestellt. Das Wirtshausschild vergangener Zeiten bestand nach altrömischer Sitte aus einem Efeukranz. Auch als Treuesymbol ging die Pflanze in die Geschichte ein, denn sie versinnbildlichte im Griechenland der Götter und Mythen Zuverlässigkeit und Freundschaft.
Um den Treuegedanken zu erhalten, bekam ein Brautpaar im antiken Griechenland stets einen Efeuzweig. Dieser Brauch ist in vielen kleinen Dörfern auch heute noch üblich, wobei der Zweig öfters erneuert und sorgsam wie ein Ehering gehütet wird. Ein jeder glaubt dann augenzwinkernd, es sei der Efeuzweig von der Trauung vor vielen, vielen Jahren. Und kommt der Priester zu Besuch, so erfährt der Efeuzweig ebenfalls eine Segnung.
Im Altertum stellte man Weinbecher aus Efeuholz her. Auch bei Zahnschmerzen musste der Exot herhalten. In Südfrankreich und besonders in den östlichen Mittelmeerländern gewann man durch Einschneiden des Efeustammes eine Gummiharzart, das als Plombiermasse für Zahnfüllungen Verwendung fand. Im Mai pflegten die Mädchen einen Efeukranz zu tragen, dessen angebliche Zauberkraft den Geliebten herbeisehnen sollte. Die frischen balsamisch duftenden Blätter wurden zerrieben und mit Soda zusammen gekocht früher zum Wäschewaschen verwendet. Der gemeine Efeu (Hedera helix) entstammt den Tropenwäldern des Erdzeitalters Tertiär. Als einziger mitteleuropäischer Wurzelkletterer aus der Familie der Aralien-gewächse vermag er mit Hilfe von kleinen Haftwurzeln bis zu 20 m hohe Bäume und Felsen erklimmen. Efeu liebt feuchte Standorte, nährstoffreiche Wälder und wird von Insekten bestäubt. Im September, wenn die meisten Pflanzen ihre Samenreife abgeschlossen haben, beginnt der Efeu zu blühen. Die blauschwarzen Steinfrüchte reifen von Februar bis April und werden von Amseln, Drosseln, Mönchsgrasmücken und Gartenrotschwänzen verbreitet. Bienen, Wespen und Schwebefliegen dienen die Früchte als Nahrungsquelle.
Für den Menschen und manche Tiere wie Pferde; Hunde, Katzen, Nager und auch verschiedenen Vögel sind sie giftig.
In der modernen Pflanzenheilkunde gewinnen Efeublätter, zu Fertigpräparaten verarbeitet, bei Atemwegserkrankungen an Bedeutung. Hippokrates und Dios-kurides und auch Plinius waren im Altertum diese Eigenschaften bereits bekannt. Adamsblätter, Eppich, Ewigheu und Wintergrün sind weitere Bezeichnungen der immergrünen Pflanze, die auch Hühneraugenkraut heißt. Ein klein zusammengefaltetes Efeublatt auf ein quälendes Hühnerauge gelegt und mit Pflaster befestigt, soll wahre Wunder schaffen. Das Ganze muss alle zwölf Stunden erneuert werden bis das Hühnerauge schmerzlos nach Tagen abfällt.

„Beständig kriecht es durch
den Wald mit langen, grünen
Trieben,
an jedem Baume macht es
halt, an manchem ist`s
geblieben.
Bis hoch hinauf zum Wipfel,
fast mit ungezählten Sprossen
hat es den Stamm und jeden
Ast ins grüne Netz
geschlossen.
Der Efeu ist`s! Sein Laub so
blank zeigt vielerlei Gestalten.
Erst spät im Jahr wird sein
Gerank den Blütenschmuck
entfalten“

(Bischof Mant)