Die heimliche Schlachtung

Martha Neumetzler, Berndorf

Nach dem Krieg wurde unser Land von den Siegermächten in Besatzungszonen aufgeteilt.
Berndorf gehörte zur französischen Zone. Die Franzosen kontrollierten alles recht gründlich. Man musste Getreide, Kartoffeln und auch Vieh abliefern. Mein Vater war erst vor kurzem aus amerikanischer Gefangenschaft heimgekommen. Meine Eltern beschlossen heimlich ein Schwein zu schlachten, also ohne französische Genehmigung. Die Besatzer durften davon nichts erfahren. Sie hätten das Schwein beschlagnahmt. Der Metzger, der die Hausschlachtung verbotenerweise machte, war noch nicht ganz fertig. Das Tier lag in einem Stück auf einer Pritsche, einer ausgehangenen Tür, als es plötzlich hieß: „Die Franzosen kommen“. Jetzt musste alles schnell gehen, wenn wir nicht erwischt werden wollten. Das Fleisch wurde in ein Betttuch eingewickelt und auf dem Holzhaufen im Schuppen versteckt. Mein Vater hatte Tage vorher Holz gehackt und angefangen, das gehackte Holz aufzuschichten, was uns nun zugute kam. Ich wurde als Siebenjährige zum Weiteraufschichten der Holzscheite in den Schuppen gerufen. Das klappte ganz gut. Derweil beseitigte mein Vater die Spuren vom Schlachten. Mutter fing im Hühnerstall einige Hühner ein, steckte sie in einem Sack, band ihn zu und brachte ihn weg. Zwischendurch bekam ich von Vater Anweisung wieder mal ein Holzscheit quer zu legen, damit die Mauer nicht nach vorne kippt. Meine Mutter half nach, indem sie Arme voll Holz hinter die Mauer warf. Nun war das Schwein ganz abgedeckt und die Erwachsenen atmeten auf, aber die Gefahr war ja noch nicht vorüber. Mich musste man aus der Holzecke nach oben ziehen, damit ich wieder raus konnte. Dann kamen die Kontrolleure auf den Hof. Sie gingen zuerst in den Stall, dann in den Schuppen und in den Hühnerstall, fanden aber nichts.
Dann wollten sie noch auf den Speicher und Mutter bekam einen großen Schrecken, denn dort hatte sie die Hühner in der Sacktonne versteckt. Getreide lag nicht mehr viel herum. In der Ecke stand zugedeckt Vaters Motorrad, das interessierte die Herren. Funktionsfähig war es nicht mehr, weil Mutter schon im Krieg Zündkerzen und Vergaser ausbaute, damit man es uns nicht wegnahm und Ersatzteile gab es ja keine. Jedenfalls interessierte sich keiner mehr für die Tonne und die Hühner waren auch ganz still. So ging die Kontrolle ohne Folgen an uns vorbei.