Pater Alois Schneider

Ein Leben für die Armen dieser Welt

Helmut Pauly, Kradenbach

Am 18.11.2006 haben wir unseren Vetter, Pater Alois Schneider aus Beinhausen, in St. Wendel im Saarland zur letzten Ruhe geleitet. Sein Lebenswerk ist aller Ehre wert. Geboren wurde er am 13. Oktober 1921 in Beinhausen. Seine Muter, meine Tante Rosa Schneider, geborene Pauly, verstarb Ende der 20er Jahre und hinterließ neben ihrem Mann vier Söhne im Kindesalter.

Um der in Not geratenen Familie zu helfen, zog meine unverheiratete Tante Elisabeth von Kradenbach nach Beinhausen und hat der Familie beigestanden. In den 30er Jahren haben die Kinder, jeweils nacheinander ihrem Alter entsprechend, für einige Zeit in Kradenbach bei ihrem Opa gelebt, die Kühe gehütet und in der Landwirtschaft geholfen. Von daher fühlten sie sich in Kradenbach immer wie zu Hause. Bereits sehr früh entschied sich Alois für einen theologischen Beruf. So besuchte er von 1936 an das Gymnasium im Missionshaus des Steyle Missionsordens in Geilenkir-chen, mit dem Ziel, hier die schulischen Voraussetzungen für ein anschließendes Theologiestudium zu erwerben.

Pater Alois Schneider bei seiner Primiz 1953

Dann kam der Krieg. Neben seinem Bruder Stefan wurde auch Alois in den Kriegsdienst eingezogen. Später auch seine beiden jüngeren Brüder Clemens und Paul, denen beide der Krieg zum Schicksal wurde. Zuerst im Arbeitsdienst eingesetzt, später Ausbildung im Sanitätsdienst. Dann Versetzung zur Infanterie. Beim Angriff auf Russland Infanterist in der 6. Armee unter Feldmarschall Paulus. Eingekesselt und in Gefangenschaft gegangen in Stalingrad. Gewaltmärsche durch den kalten russischen Winter mit grauenvollen Verlusten an Menschenleben.

Alois war immer ein offener Mensch, der eigentlich gerne über seine Erlebnisse erzählte; über die Erlebnisse in Stalingrad hat er aber nie gesprochen – sie waren zu grausam. Wie hart die russische Gefangenschaft war, ist bekannt. Von den rund 90.000 bei Stalingrad in Gefangenschaft geratenen deutschen Soldaten haben nur rund 6.000 überlebt und jemals wieder ihre Heimat gesehen. Alois war in der Gefangenschaft Arbeiter in einem Sägewerk. Er war noch jung, intelligent, lernbegierig und fleißig. Nach einiger Zeit hatte er sich mehr und mehr die russische Sprache angeeignet.

Die Russen erkannten sein Organisationsund Führungstalent und setzten ihn schließlich sogar in einer gehobenen Funktion im Sägewerk ein. Nachdem er aus der Gefangenschaft entlassen war, trat er 1948 in St. Augustin dem Steyler Missionsorden bei und machte dort auch sein Noviziat. Sein theologisches Studium absolvierte er ebenfalls in St. Augustin und wurde hier auch am 28. August 1953 zum Priester geweiht. Seine erste Aufgabe erhielt er für die „Generalbetriebe in Steyl“, dem Sitz des Steyler Missionsordens. Um diese Aufgabe sinnvoll ausfüllen zu können, wurde eine Ausbildung im Bereich der Betriebsführung und Buchhaltung notwendig, die er in der ordenseigenen Druckerei in Steyl/Niederlande und in einem Missionshaus in Wien durchlief.

Doch Alois, der bei seiner Entscheidung zu Priesteramt bewusst einem Missionsorden beigetreten war, wollte hinaus in die Welt, um den Menschen das Christentum zu verkünden. Im Jahre 1956 war es dann so weit. Aufgrund seiner erworbenen Kenntnisse im Druckereiwesen wurde er als Missionar nach Argentinien geschickt und übernahm die Leitung einer Druckerei in der Stadt Rafae. Zehn Jahre später, also 1966, wurde er nach Encanation, der zweitgrößten Stadt Paraguays versetzt. Seine Aufgabenbereiche änderten sich, wurden vielfältiger. Zuerst war er als Missionar oft tagelang mit Pferd oder Esel unterwegs, um mit den Menschen in der Wildnis die heilige Messe zu feiern. Nach einigen Jahren erhielt er Spenden aus der Heimat für einen VW-Käfer. Das Auto erleichterte die weiten Reisen doch erheblich.

Später war er dann hauptsächlich als Pfarrer der Bischofskirche in Encanation tätig. Er wurde schließlich zum Generalvikar ernannt und hatte dieses Amt unter den Bischöfen Wiesen und Bockwinkel inne. Der Dienst an den Armen und die Führung über die karitativen Einrichtungen der Präla-tur von Encanation wurden ihm übertragen. In den zehn Jahren, die er dort tätig war, baute er ein Heim für Kinder, die in den Straßen und Gassen der Stadt als Schuhputzer ihr Dasein fristeten. Sie erhielten im Heim eine Schulbildung und damit erheblich bessere Berufschancen.

Ein weiteres Heim eröffnete er für Dienstmädchen vom Lande, denen hier eine hauswirtschaftliche Ausbildung vermittelt wurde. Einen besonders schweren Stand hatten und haben noch immer allein erziehende Mütter in Lateinamerika. Auch für sie baute er eine Unterkunft mit dem Namen „Haus Maria Goretti“. Wer die Verhältnisse in Südamerika kennt, weiß, dass der Grundbesitz ungleichmäßig verteilt ist. Wenige Großgrundbesitzer herrschen über den größten Teil der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen. Die kleinen Bauern leben in ständiger Abhängigkeit und finanzieller Not.

Alois gründete die „Coopera-tiva Financiera del Sur“, eine Art Genossenschaft, die Kleinbauern und Arbeitern bei Investitionen finanzielle Unterstützung zuteil werden ließ. Aus seinem Wirken wird ersichtlich, dass es ihm neben der Verkündigung des christlichen Glaubens auch immer darum ging, die wirtschaftliche Not der Armen und Ärmsten in der Bevölkerung zu lindern.

1976 kam Alois Schneider wieder zurück nach Deutschland: Er wurde Pfarrer in Altheim bei Biberach; zehn Jahre später Pfarrer im Allgäu in Gebrazhofen und Meraz-hofen. Weitere zehn Jahre später wurde er als Pfarrer nach Mosbach versetzt. Hier wirkte er bis ins Jahr 2003. Dann musste er diese Pfarrerstelle altersbedingt aufgeben. Er ging in das Seniorenheim des Steyler Ordens nach St. Wendel im Saarland, wo er seinen Lebensabend bis zu seinem Tod verbrachte.