Von verschwundenen Berufen

Thea Merkelbach, Pelm

Beim Studieren der Amtsblätter der Königlich Preußischen Regierung zu Trier begegnen dem Leser viele Berufe, die er nur noch aus alten Erzählungen, Märchen und Überlieferungen kennt. So erfährt er bei der Auflistung von „Hülfeleistenden“ bei Brandkatastrophen in den Dörfern, dass beim Löschen des Feuers Tagelöhner, Lohgerber, Leineweber, Drechsler, Dienstknechte, Ackerer und Feldschützen geholfen haben. In den Verzeichnissen der wegen „Bannbruchs“ oder „Herumtreibens“ aus dem Reich ins Ausland ausgewiesenen Individuen befinden sich Kessel- und Regenschirm-flicker, Schachtelmacher, Flößer, Rothgerber oder Stiefelmacher.

Alle, die über Land zogen und etwas sammeln oder verkaufen wollten, benötigten einen Gewerbeschein, der nur für eine bestimmte Zeit ausgestellt wurde. Ging er verloren, wurde er öffentlich für ungültig erklärt. So liest man vom verlorenen Gewerbeschein eines Kammerjägers, Lumpen-und Knochensammlers, Rosenkranzmachers, Knopfhändlers, Mausefallenhändlers oder Besenbinders. Rekruten und Reservisten, die ihren Stellungstermin nicht eingehalten hatten, wurden steckbrieflich gesucht.

Dabei hieß es „von Profession“ Wollspinner, Sandgießer, Barbier, Strohdecker, Köhler, Blaufärber oder Gesteinhäuer. Fast monatlich erschienen in den Amtsblättern die Auflistungen der vom „Assisenhof zu Trier oder Saarbrücken Verurtheilten“ mit Berufsangaben, z. B. Seiler, Blaufärber, Leiendecker oder Leineweber. Auch die Personen mit „Ver-lustigung der bürgerlichen Ehrenrechte“ wurden aufgeführt. Darunter befanden sich z. B.: Steuerboten, Blechschläger, Privatschreiber, Mühlsteinhauer, Seifensieder, Hülfsjäger, Wollspinner und Tuchscherer.

Das Schmiedehandwerk war wegen seiner Bedeutung in viele Berufe untergliedert. Man liest vom Hufschmied, Nagelschmied, Zeug- oder Gezeugschmied, Hammer-und Messerschmied, vom Büchsen- und Zirkelschmied. Man konnte damals auch den Beruf des Wiesenbaumeisters erlernen. So heißt es im Jahr 1857, dass zu den „geprüften Eleven der Wiesenbauschule zu Trier Johann Peter Bauer aus Auel, Kreis Daun,“ gehörte. Alexander Schreiber aus Gerolstein hatte schon 1835 das „Zeugnis der Reife zur selbstständigen Ausübung der Wiesenbaukunst erlangt.“ Dazu gehörte neben dem Wissen über geeignete Wiesenpflanzen vor allem die Drainage von feuchten Flächen. 1821 erschienen die „Ministe-rial=Instructionen zur Prüfung der Bauhandwerker“. Dazu zählten die Zimmerleute, Maurer, Steinhauer, Ziegel- und Schieferdecker, die Brunnen- und Mühlenbauer und die Mühlenärzte.

Ältere Handwerker brauchten keine Meisterprüfung mehr ablegen, mussten aber nachweisen, dass sie schon lange Zeit im Handwerk tätig und dazu befähigt waren. Der Maurer Klär zu Dreis, 53 Jahre alt, wurde am 14. April 1853 „auf Grund seiner Qualifikation als Maurerflickmeister concessionirt“. Ebenso erhielt der damals 64 Jahre alte Zimmermann Peter Michels von Hallschlag seine Concession. Ebenfalls zählten zu den 1832 „aus besonderen Rücksichten einstweilen noch zugelassenen älteren unge-prüften“ Handwerksmeistern z.B. als Maurermeister: Sebastian Tomber aus Rockeskyll, Theodor Simon aus Gees, Karl Samens und Karl Even aus Lissendorf, zu den Zimmermeistern:

Mathias Linden aus Gerolstein, Theodor Simon aus Gees und zu den Mühlenärzten: Joh. Joseph Schaefer aus Steinborn, Christian Lenzen aus Kerpen, Peter Neuendorf aus Rockes-kyll, Mathias Linden und Math. Caster aus Gerolstein. In der Gewerbe = Ordnung von 1845 und den Aus-führungs = Bestimmungen von 1848 wurde genau aufgeführt, welche Fähigkeiten Gerber aller Art, Ledertauer, Korduaner, Pergamenter, Beutler, Riemer, Seiler, Rademacher, Böttcher, Roth-, Gelb- und Zinngießer haben mussten, um die „Befugniß zu erlangen, Lehrlinge zu halten“.

Der Korduaner musste die „Zurichtung einiger Ziegenfelle zu Korduan“, der Pergamenter „die Zubereitung einiger Kalb = oder Hammelfelle zu Pergament“ und der Riemer „die Anfertigung eines Geschirrs für ein Kutschen = Pferd oder eines Reitzeugs“ beherrschen. Das Wandern der Handwerksgesellen betreffend erließ die preußische Regierung strenge Vorschriften über Wanderpässe, Verhalten, Altersgrenze und Reisegeld, weil „noch immer eine große Anzahl von wandernden Handwerksgesellen zwecklos im Lande umherschweift, die Gewerbsgenossen und das ganze Publikum belästigt und die öffentliche Sicherheit gefährdet“ (1832 N°22) Immer wieder taucht in den Berichten zu Erzgruben der Markscheider auf.

Während man von den oben aufgeführten Berufen irgendwann einmal gelesen oder gehört hat, war ein Markscheider der Schreiberin völlig unbekannt. Erst die Suche im Internet brachte die Klärung. Diesen Beruf gibt es auch heute noch. Der Markscheider ist verantwortlich für die Karten, Pläne und Ausmessungen der unterirdischen Lagerstätten für Steinkohle, Braunkohle und Salz.

Darüber hinaus ist er Ansprechpartner für Bürger und öffentliche Stellen, wenn es zu Schäden durch den Bergbau kommt. Immer wieder werden Berufe aussterben und dafür andere neu entstehen. Auch Berufe, die seit alters her existieren, wie Lehrer, Ärzte, Soldaten, Landwirte und Fischer, verändern sich völlig durch neue Arbeitsbedingungen, Aufgabenbereiche und Methoden.

Quellen:
Amtsblätter der Königlich Preußischen Regierung zu Trier
Wikipedia: Stichwort Markscheider