Opfergang

Taumelnden Schrittes eil' ich empor,
zum Kreuze dort oben, am eisernen Tor.
Will Zuflucht suchen in all meinem Schmerz,
bei Christus, dem Heiland, der kennt mein Herz.

Er weiß, was ich leide, wie müde ich bin,
so bete ich weinend und knie mich hin,
heb flehend um Gnade die Hände empor,
zum Kreuze da oben, am eisernen Tor.

Und ringe verzweifelt: "Herr, lass es nicht zu!
Nimm mir den Sohn nicht zur ewigen Ruh'!
So kurz ist sein Leben, so schuldlos sein 'Blick.
Herrgott, ich bitt' dich, gib ihn mir zurück!

Der Engel auf Erden, er mir war,
den ich einst mit Freuden und Schmerz gebar.
Mach wieder lächelnd den kindlichen Mund,
Laß ihn mir werden doch wieder gesund!"

Noch einmal aufschauend - zum Kreuze empor -
erkenn' ich mit Schaudern, da hinter dem Tor,
die Gräber der Toten, die mahnend hier ruh'n
"Herr, hilf mir, so sag doch, was soll ich denn tun?

Verlangst du das Opfer - kennst keine Gnad?
Ist dein schon das Kind, um das ich dich bat?"
Doch schon ruft die Glocke, die Antwort mir gibt....
Still aufschwebt mein Engel, von den Himmlischen geliebt.

Amanda Haagen, Henfenfeld