Vertrauen und Herzlichkeit in Udler

Matthias-Pilger sind dort lieb gewonnene Gäste

Borsch Pascal, Udler

Jedes Jahr an Christi Himmelfahrt pilgern Gläubige und viele andere aus dem Vorgebirge von Waldorf (Nähe Bonn) nach Trier zum Grab des hl. Apostels Matthias. 1672, in schwerer Notzeit ist die Wallfahrt entstanden. Auf der viertägigen Reise treffen die Pilger am zweiten Tag -gegen Freitagnachmittag - in Udler ein. Die Prozession endet in der Kirche mit der deutschen Komplet oder einer anderen Form des Abendgebetes.

Die Kinder von Udler haben schon sehnsüchtig auf die Prozession gewartet. Meist gehen sie den Pilgern entgegen und begleiten sie das letzte Stück des Weges. Sie haben süßen Grund dazu, denn nach Abschluss des Gebetes werden Leckereien an das kleine Volk verteilt. Nicht nur die kleinen, auch die erwachsenen Bürgerinnen und Bürger haben die Pilger ins Herz geschlossen. So ist es seit vielen Jahren Brauch, dass alle Pilger - ca. 150 bis 170 Personen - privat im Ort untergebracht sind. Für die Pilger tut das Dorf alles; zur Not wird auch das eigene Schlafzimmer geräumt und auf dem Boden oder im Heu geschlafen, damit nur alle unterkommen.

Viele haben für gewöhnlich dasselbe Quartier und so sind über die Jahre Freundschaften entstanden. In früheren Jahren war es gar nicht so einfach, die Pilger aufzunehmen und zu beköstigen, denn Udler war ein sehr armes Dorf. Erst nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde das anders. Die Gastfreundschaft aber ist ungebrochen. Ein Pilger wurde einmal nach der Begrüßung gefragt: „Waren Sie im vergangenen Jahr nicht auch bei uns?“

Als er bejahte, verschwand die Frau des Hauses für einen kurzen Augenblick und meinte nach der Rückkehr: „Dann müssen das Ihre Socken sein!“, wobei sie diese frisch gewaschen dem Besitzer überreichte. Der Pilger machte große Augen. Es waren seine Socken und er hatte sie noch gar nicht vermisst. Mehr als einmal ist es schon vorgekommen, dass einem oder mehreren Pilgern erklärt wurde: „Die Familie, bei der ihr untergebracht seid, ist für ein paar Tage weg. Der Hausschlüssel liegt da und da. Ihr wisst ja Bescheid.

Schließt morgen früh wieder gut ab!“ Wo gibt es noch so viel Vertrauen und Herzlichkeit? Die Pilgergruppe ist seit jeher mit vielen Jugendlichen gesegnet. So kam es, dass im Jahre 1915 eine junge Frau aus Waldorf sich in einen jungen Mann aus Udler verliebte und ihn dann 1918 heiratete. Am späten Abend ihrer Ankunft nehmen die Pilger ihre Abendmahlzeit gemeinsam im Bürgerhaus ein, welches für alle Platz bietet. Auf der viertägigen Wallfahrt ist dies der einzige Abend, wo alle beisammen sind. Es versteht sich von selbst, dass hier nicht nur Wasser getrunken und der Abend oftmals zu einem unvergesslichen Erlebni wird.

Nach einem kräftigen Frühstück geht die Pilgerreise am dritten Tag um 6.30 Uhr weiter bis zu ihrem Tagesende in Klausen. Als Dank für die langjährige Gastfreundschaft hat die Bru derschaft im Jahre 1997 am Ortseingang von Udler einen Gedenkstein aufgestellt und mit einer Bronzeplatte versehen lassen, auf der die Erinnerung an 325 Jahre Wallfahrt festgehalten ist.