Der Maler in Crumps Mühle

Felicitas Schulz, Hillesheim

In den vegetationsreichen Monaten verdecken Laubund Nadelhölzer zwischen Birgel und Oberbettingen das linksseitige Mühlenkleinod an der Kyll. Der Erbauer wählte einst als Standort den Zufluss des Wiesbaches in die Kyll. Im Volksmund heißt die ehemalige Lohmühle „Crumps Mühle“, vermutlich nach seinem Erbauer.

Vor einhundert Jahren hieß der Betreiber des kleinen Unternehmens Johann Crump. Ihm folgte sein Sohn Philipp, der, wie alle seine Vorgänger, die zerkleinerte Baumrinde auf dem Mühlstein mahlte, die dann als wichtiger gerbsäurehaltiger Rohstoff zum Gerben der Tierhäute Verwendung fand. Für einen Zentner Sohlleder mussten bis zu fünf Zentner Eichenrinde verwendet werden. Während der französischen Besatzungszeit von 1794 - 1814 war die Bevölkerung angehalten, ganze zu verarbeitende Tierhäute in dem angelegten Magazin in Hillesheim abzuliefern, die dann bevorzugt als Stiefelleder Verwendung fanden.

Ältere Bewohner aus Birgel entsinnen sich, dass nach dem 2. Weltkrieg kurzzeitig Getreide zu Schrot für die Viehfütterung gemahlen wurde, ehe die Mühle kurze Zeit später den Betrieb vollständig einstellte. Mühlen gehörten neben den Kirchen und Klöstern zu den Freizonen, Flüchtlingen, aber auch Verbrechern, Schutz zu gewähren. Die mehrheitlich vorhandenen Getreidemühlen siedelten sich an Wasserläufen im Dorf oder in deren Nähe an. Der Standort von Lohemühlen, wie Crumps Mühle zeigt, war zentraler und von mehreren Ortschaften aus zugänglich.

Auf der Tranchot-Karte ist die Mühle als „Moulin“ zwischen dem “Hillesheimerbusch“ und dem „Basbergerfeld“ eingezeichnet. Nach dem Tod von Philipp Crump und dessen Tochter Marlies entwickelte sich das Mühlengrundstück, an Kyll und Wiesbach gelegen, allmählich zu einem Campingplatz alternativer Idealisten. Besonders an den Wochenenden tummelten sich auf der Wiese am Mühlenteich und an den Ufern Jugendliche und auch Familien, die das inzwischen verkommene Mühlengebäude nicht sonderlich störte. Feierten einige des Nachts und sangen die neuesten Hits der Beatles, so versuchten andere zu schlafen, um tagsüber die Schönheiten der Eifellandschaft zu erkunden.

Zu den Letzteren gehörte Fritz Thiel mit Frau und Sohn Fritz junior aus Köln. In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts stand das Anwesen samt Mühlenteich zum Verkauf. Um sich sein Paradies in einer fast unberührten Natur zu erhalten, erwarb Fritz Thiel senior das Grundstück nebst dem alten Mühlengebäude. Baulich vernachlässigt und kaum bewohnbar, ohne Strom und fließendes Wasser, begann man an den Wochenenden mit Aufräum- und Renovierungsarbeiten.

Der neue Besitzer, im Volksmund Ike genannt, schuf ein frühes Zentrum der Fliegenfischerei im idyllischem Kylltal, und das Mühlengrundstück entwickelte sich zu einem Treffpunkt für Jäger, Angler und Naturfreunde. Beliebt waren die Lagerfeuergespräche, geprägt von Sachkenntnis, dazu Geschichten von angeblich fast wahren Begebenheiten der Angler und Jäger. Sohn Fritz führte nach dem Tod des Vaters im Jahre 1996 die baulichen Maßnahmen zu Ende und siedelte im Jahre 1999 mit seiner Frau Ulla und Sohn Fritz David von Köln in die Eifel und verlegte sein Atelier in die Mühle. Dem Studium der Freien Grafik/ Freien Malerei an den Kölner Werkschulen sowie Kunst und Design an der Fachhochschule folgten Studien der Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie und Germanistik an der Universität zu Köln mit Staatsexamen in Deutsch und Geschichte.

Die Berufstätigkeit als Reprofotograf, Grafiker und Hersteller in grafischen Betrieben und Buchverlag beendete er 1990 und arbeitet seitdem als freischaffender Kunstmaler. Seine Vorliebe, natürliche Materialien wie Steine, Rinden, Äste, auch Gräser, in seine Werke zu integrieren, oftmals auf Malerleinen, ist ein Bekenntnis zur lieb gewordenen Umgebung. Die Atmosphäre der alten Mühle inspiriert ihn zu Gegenständlichem wie Abstraktem mit seiner „Mixed-Media-Malerei“ von Öl-, Wasser- und Acryl-Farben. Künstlerisch sieht er sich der konventionellen Arbeitsweise in der Tradition des vergangenen Jahrhunderts verbunden. Wo einst das Mahlgut in den Trichter kam, stehen heute seine ausdrucksstarken Spurensuchebilder. Die Ausstellungen von Fritz Thiel im In- und Ausland werden in der Fachwelt mit Interesse verfolgt und weitere magisch suggestive Kunstwerke sind von ihm zu erwarten.

Was sein Vater als Naturzentrum gründete, setzt sein Sohn als kulturellen wie landschaftlichen Treffpunkt fort. Die Bewohner erfreuen sich an vielen kleinen Wundern in einem bezaubernden Umland. Dazu gehören brütende Wildenten auf einer winzigen Insel im Mühlenteich und das Beobachten der Wasseramsel mit ihren Jungen und des selten gewordenen Eisvogels. Im Jahreslauf gibt es unzählige beeindruckende Momente dieser Art, wie Ulla Thiel erzählt. Ihre selbst gezüchteten bunten Blumen sämtlicher Farbgattungen verschönern das Grundstück. Das ständig laufende ober-schächtige Rad mit dem Wasser des Wiesbaches ist ein besonderer Augenschmaus. Der damit erzeugte Strom für den Eigenbedarf ist ein nützlicher Nebeneffekt. Und der wachsame Hund Jojo lebt in distanzierter Eintracht mit Katze Minka zusammen und nur ein kleines Schild am Anfang der Birkenallee verrät, wer hier wohnt.

Mehr zu dem Maler in der alten Mühle unter www.fritz-thiel.de.