Die Immerather Mühlen

- Heckenmühle - Immerather Mühle - Schertgesmühle -

Friedbert Wißkirchen, Daun

Der Ueßbach entspringt am Fuße des Hochkelbergs bei Mosbruch, Krs. Daun, und fließt bei Alf, Krs. Cochem-Zell, in das gleichnamige Flüßchen Alf. Die Ueß ist Grenzbach zwischen den Kreisen Vulkaneifel (Daun) und Cochem-Zell und war im Mittelalter auch die Grenze zwischen den Hoheitsbereichen der Herrschaft Wollme-rath und der Grafen von Daun. Seit dem frühen Mittelalter trieb der Ueßbach zahlreiche Mühlen: Mosbrucher Mühle, Hörschhausener Mühle, Schönbacher Mühle, Meisericher Mühle, Demerather Mühle, Wollmerather Mühle, Heckenmühle (Heckenhof), alte Lutzerather Mühle, neue Lutzerather Mühle, Strotzbüscher Mühle, Elfenmühle Bad Bertrich und als letzte die Beurener Mühle.

Hinzu kamen noch die Immerather Mühle sowie die unterhalb gelegene klösterliche Schert-gesmühle, die das Wasser des Maarbachs - eines Nebengewässers der Ueß - übers Wasserrad leiteten. Vor allem die Immerather Mühlen werden nachfolgend besonders beleuchtet. Die Ueß war über Jahrhunderte die natürliche Grenze, wie vorhin dargestellt, mit einer Ausnahme an der Woll-merather Mühle. Anton Sartoris berichtete in: Die Eifel 1/1991 - „Eine Mühlenwanderung im romantischen Üß-bachtal“ von der Wollmera-ther Mühle, dass diese auf der rechten Ueßbachseite liege und somit eigentlich zum Kreis Daun gehören müsste.

Im Volksmund würde ein 300 m breiter Streifen, ca. 200 m ober- und unterhalb der Mühle, auch als „Spalt- oder Streitecke“ bezeichnet, weil die Herren von Wollmerath diese beim Kartenspiel gewonnen hätten. War eine Mühle verfallen oder abgebrannt, baute man oft nicht an gleicher Stelle, sondern trug die noch verwendbaren Bauteile ab und errichtete auf der anderen Bachseite wieder neu, manchmal ohne Bedacht, dass sich damit auch die Grundherrschaft änderte, die die Mühlenrechte vergab. Das Dorf Immerath und auch die Immerather Mühle gehörten zur Herrschaft Daun, die Heckenmühle aber zeitweise zum Herrschaftsbereich Woll-merath, zeitweise den Grafen von Daun.

Wahrscheinlich ist, wie auch bei der Wollmera-ther Mühle und beim Heckenhof, dass beim Neuaufbau der Mühlen die Bachseite gewechselt wurde. Dies führte natürlich zu Streit, weil der neue Grundherr die Abgaben und Pachten der Mühle beanspruchte, die bisherige Herrschaft aber nicht darauf verzichten wollte. Einen ähnlichen Rechtsstreit gab es bei der „Holzmühle“, die nach Zerstörung nicht mehr auf Gillenfelder, sondern auf der anderen Bachseite, auf Eckfelder Bann errichtet wurde.

Heckenmühle mit wechselnden Grundherren

Um 1400 werden zur Woll-merath Herrschaft die Dörfer Filz, Wagenhausen, Niederwinkel, die Höfe Oberwinkel, Walterburg und Lutzental sowie die Mühlen Heckenmühle und Wollmerather Mühle gezählt. Bei einem Grenzbegang im Jahre 1390 wird der vom Schultheiß, den Grundherrn, den Schöffen und sonstigen Beteiligten durchgeführte Grenzbegang wie folgt beschrieben: „Der Bezirk des Grund- und Hochgerichts Wollmerath geht an in der großen Mühl an der Ueß, die unser Herr gebaut hat.“ Vermutlich ist damit die Wollme-rather Mühle und nicht die Heckenmühle gemeint, obwohl auch die als „große herrschaftliche Mühle“ bezeichnet wurde. Die Wollme-rather Mühle war die Bannmühle für das Dorf Wollme-rath und wahrscheinlich auch für Filz.

Am 14.1.1539 wird von Junker Carl von Daun und dem chrieching’schen Schultheiß .... Andresen „im Namen beider Gerichtsherrn“ am Ding-tag1 festgestellt, dass in „Henckenhausen“ die Mühle von Hannß Maas Erben gepachtet ist, aber noch 5 Albus Mühlenpacht ausstehen. Jetzt gehört die Heckenmühle den Herren von Daun und Chriechingen und nicht wie 1400 der Herrschaft Wollme-rath. Die Mühle scheint zu diesem Zeitpunkt verfallen zu sein, denn es heißt: "...die Platz auf der die Mühle gestanden hat, haben wir dem Conen M... (unleserlich) aus Lutzerath zugesprochen, gegen Zahlung der Pacht. Dem Conen M... wird zugelassen, auf der selbigen Platz ein Mühle zu bauen“.

Zeugen der Verpachtung waren u.a.: Nicolaus Maas, Schultheiß zu Immerath, Matthias Maas, Schultheiß in Gillenfeld, Franz Hieronimus, Hofmann in Niederwinkel. 1563 werden im Feuerbuch für den Heckenhof 3 Feuerstellen (Wohnhäuser) nachgewiesen, die Mühle jedoch nicht ausdrücklich erwähnt. Die relativ hohe Steuer von 3 Ort-Talern lässt aber den Schluss zu, dass die Mühle bestand. Um 1600 ist die Heckenmühle wiederum der Herrschaft Wollmerath zugehörig. Der 30-jährige Krieg und die Verwüstungen und die Pest in der Herrschaft Wollmerath werden vor der Heckenmühle nicht haltgemacht haben. Höfe (Walterburg und Lutzenthal), Mühlen (Nieder-winkeler Mühle) und Dörfer (Filz, Demerath) wurden durch brandschatzende Soldaten zerstört.

„Die Mühlen stehen still, eine Aussaat findet nicht mehr statt“, berichtet Freiherr Ludwig Zandt an den Trierer Kurfürsten Philipp Christoph von Sötern. Am 4.9.1660 wird beim Immerather Gerichtstag „wegen der mihlen uf Heckenhoff“ beschlossen, dass Hecken Nicolaus, Harters Walrodt und Grizen Theis (letztere von Wagenhausen) bisher jährlich 6 Albus Geld und 2 q. (1 Quart = 1,145 l) ) “Ohlig“ (Öl) von der „Halbscheid“2 als Pacht entrichtet hätten.

Nachdem aber nunmehr die Ge-rechtigkeit3 auf die Herren von und zu Daun allein übergegangen sei, wären jährlich 12 Albus Pachtgeld und 1 Liter „Ohligszins“ (Ölzins) zu zahlen. Der Ölzins ist ein Indiz dafür, dass neben der Mahlmühle auch eine Ölmühle vorhanden war. Der Anteil der Herrschaft von Chriechin-gen scheint vor 1590 an die Herrschaft Daun zurückgefallen zu sein. Die Heckenmühlen-Besitzer waren um 1660 streitsüchtige und gewalttätige Zeitgenossen. Im gleichen Jahr werden die Brüder Peter und Nicolaus vom Heckenhof durch das Hochgericht Immerath verurteilt, weil sie gegen den Immerather Schultheiß Nicolaus Maas ein Mordkomplott geschmiedet hatten.

Das Immerather Gericht führt an Strafen, die von Nicolaus und Peter vom Heckenhof zu zahlen sind 31 Rtlr 14 Albus an. Auch wegen Erbstreitigkeiten findet man die Brüder in den Gerichtsakten wieder bzw. auch wegen der Verletzung von Nachbarrechten: „Dem Heckenhof wird ernstlich anbefohlen, die Gänse entweder abzuschaffen oder so zu halten, dass sie anderen keinen Schaden zufügen. Dies gilt auch für Pferde, Kühe, Schafe“.

Das gesetzlose Verhalten der Heckenhof-Bewohner führte wahrscheinlich mit zum Untergang des Weilers Heckenhausen. Vor 1700 scheinen Mühle und Hof wüst4 gefallen zu sein. Am 11.12.1701 beantragt Matthias Daniels die Neube-lehnung mit dem Wasserlauf am Heckenhof, hinter dem früher die abgebrannte, große herrschaftliche Mühle, danach eine Ölmühle gestanden habe. Matthias Daniels stammte evtl. von der nahen Strotzbüscher Mühle, könnte aber auch aus Wagenhausen gebürtig sein. Um 1746 ist Johann Adam Demerath mit seiner Frau Anna Maria geb. Hecken auf Heckenhof; 8 Kinder werden von 1746 bis 1763 geboren.

Deren Tochter Anna Maria Demerath, 1753 dort geboren, heiratet um 1780 den Johann Matthias Haubrichs aus Demerath, der die Mühle betreibt. Sein Sohn, der Müller Johann Haubrichs, verheiratet mit Anna Maria geb. Göbel, ist ab 1812 der Müller. Auf der Heckenmühle wohnen bei der Volkszählung 1840 außerdem noch die erwachsenen Kinder: Christoph (30), Johann (27), Christian (24), Anna Maria (22) und eine Schwester des Müllers, Anna Katharina Haubrichs (59) mit Tochter Anna Maria (22).

Der Familie Haubrichs-Göbel lag das Müllerhandwerk im Blut. Der Vater von Johann Haubrichs, Johann Matthias Haubrichs, war Müller auf der Martenta-ler Mühle. Anna Maria Göbel war die Tochter der Müllerfamilie Johann Göbel und Christina geb. Hoffmann von der Goebelmühle im Endert-tal. Die Mühle hatte 1827 1 Mühlrad, 1 Mahlgang und 1 Ölmühle. Von Johannestag bis Michaelis führte der Ueß-bach wenig Wasser, so dass die Steuer halbiert und auf 6 Rtlr festgesetzt wurde. Der Wert der Mühle wird mit 500 Rtlr geschätzt.

Die Mahlgäste kamen aus den Dörfern Immerath, Niederwinkel, Wollmerath, Wagenhausen, Driesch, Lutzerath und Gillenbeuren. Auch 1857 hatte sich an Größe und Mahlwerk nichts verändert. 1846 heiratete Sohn Christoph Haubrichs die Maria Anna Willems, eine Tochter des Müllers Heinrich Willems und Anna Maria Schon von der Hontheimer Mühle. Christoph wird ab 1850 als Müller im Mühlenkataster geführt - 10 Kinder werden auf der Mühle geboren. Sein jüngster Sohn, Franz Haubrichs, 1856 auf der Heckenmühle geboren, übernimmt die Mühle vom Vater.

Er ist seit 1882 mit Katharina Kaspers verheiratet; 9 Kinder erblicken von 1882 -1898 auf der Heckenmühle das Licht der Welt. Auch 1910 wird er noch als Müller und Hofeigentümer nachgewiesen. Bis etwa 1935 bewohnte der letzte Müller Franz Haubrichs die Heckenmühle bzw. den Hof. 1943 erwarb Johann Schneider die Mühle von den Erben Haubrichs. Die Mühle war ab 1944 bewohnt, obwohl die Gebäude in schlechtem Zustand waren. 1953 kauften die Eheleute Leon-hard Vickus aus Lutzerath die Mühle und mussten langjährige Prozesse zur Räumung der Mühle führen, bis diese 1958 endlich in ihren Besitz gelangte. Gemeinsam mit der Landsiedlung RheinlandPfalz errichteten sie den Heckenhof neu; heute betreibt die Familie Martin Vickus dort einen Hof mit intensiver Landwirtschaft.

Immerather Mühle - Schertges- oder Gemeindsmühle

Die Immerather Mühle liegt am Maarbach, einem Nebengewässer der Ueß, der unterhalb der Lutzerather Neumühle in die Ueß mündet. Er entspringt als „Nürbach“ im Maarkessel des Dorfes Im-merath und vereinigt sich später mit dem Maarbach. Etwa 1 km südöstlich des Dorfes liegt die Immerather Mühle.

Eine weitere Mühle lag etwa 400 m unterhalb (südlich) der Immerather Mühle. Zwei Mühlen sind auch in der Tranchotkarte von 1810 eingetragen. Die untere Mühle wurde auch Schertges- oder Gemeindsmühle genannt und war Gegenstand eines Prozesses im Jahre 1823 vor dem Landgericht Trier, über den nachfolgend noch berichtet wird. Die Mühlräder beider Mühlen wurden durch den Maarbach angetrieben; oberhalb der Mühle war ein Wasserstau angelegt. Eine Steinanhäufung, die vor Jahrzehnten noch sichtbar war und jetzt überwachsen ist, weist uns heute noch den Standort der Schertgesmühle.

Die Abtei Springiersbach hatte in Immerath umfangreiche Besitzungen. Im Campbüche-ler5 Weistum von 1506 wird in Immerath schon ein Dinghof erwähnt, jedoch keine Mühle. Erst in der Beschreibung des Hofes Immerath des Klosters Springiersbach aus dem Jahre 1542 wird auf die Mühle (Schertges- oder Gemeindsmühle) hingewiesen: „Item hat das Gotteshaus auch eine Mühle zu Immerath sampt seiner Clausen...“. Im Feuerbuch von 1563 finden wir den ersten Anhaltspunkt für einen Müller. Unter den Steuerpflichtigen des Dorfes wird auch der „molter thies“ genannt. Nachnamen waren zu dieser Zeit selten. Dem Vornamen wurde eine Berufs- oder Ortsbezeichnung als Unterscheidungsmerkmal beigefügt, wenn mehrere Personen den gleichen Vornamen trugen.

Die Molter war die Naturalabgabe, die der Müller für seine Arbeit erhielt. „Thies“ oder „Theis“ war die mittelalterliche Bezeichnung des Vornamens Matthias. Hinweise auf die Lage der Mühle finden sich im Weis-tum von 1660 und der darin enthaltenen Beschreibung der Gemarkung. Auf die Frage „welche Hoheit, Herrlichkeit, Bezirk, Waidgang und Bering weiset ihr unserem gnädigen Herrn“, beginnen die Schöffen: „ahn der alter Clausen“ und enden „von der Marbach heraus bis uf den Stein an der Clausen“. Die Mühlenklause war der Wasserstau, der zur Sicherung einer ausreichenden Wassermenge beim Mahlen angelegt wurde.

Die Bezeichnung „von der Marbach bis uf den Stein an der Clau-sen“ gibt einen deutlichen Hinweis, dass der Maarbach die Immerather Mühle trieb. Auch die Grundherrschaft wird im Weistum beantwortet: „Es weisen die Schöffen die Gerechtigkeit6 an dem Mühlenplatz und der Claus dem gnädigen Herrn Grafen von und zu Daun zu“. War das Recht an der Mühle von der Abtei Springiersbach auf die Herrschaft von Daun übergegangen oder war die heute verfallene Schertgesmühle unterhalb der Immerather Mühle die klösterliche Mühle? Letzteres ist wahrscheinlich. Um 1755 erscheint als Müller auf der Schertgesmühle der aus Allscheid gebürtige Karl Radermacher.

Er könnte aus der Müllerfamilie Daniels stammen, die auch den Hausnamen „Radermacher“ verwendete. 1796 kommt Nikolaus Gielen, gebürtig aus Ud-ler, auf die untere Mühle, die inzwischen ins Gemeindeeigentum gelangt ist. Er ist verheiratet mit Maria Elisabeth Ellscheid und war bis 1794 Müller auf der Meerfelder Mühle, später in Oberscheidweiler. Er führte mit der Gemeinde einen Prozess um die „Gemeindsmühle“. 1815 wird Gerhard Laubach als Müller in Immerath nachgewiesen. Er könnte noch kurzzeitig die ehemalige klösterliche Mühle betrieben haben. Die Schertges- oder Gemeindsmühle war vor 1827 zerfallen oder nur noch Wohnhaus, sonst wäre sie im Mühlenkataster erfasst.

Immerather Mühle

1827 wird im Mühlenkataster7 nur noch eine - die Immerather Mühle - aufgeführt, mit 1 Wasserrad, 2 Gängen, die ausschließlich als Mahlgänge verwendet wurden. Außerdem war eine Ölpresse vorhanden, die aber nicht gleichzeitig mit den Mahlgängen betrieben werden konnte. Es gab einen Wasserstau von 1/8 Morgen und wie bei vielen kleinen Bächen war das Mahlen von Johannestag bis zu Michaelis wegen Wassermangel kaum möglich. Jährlich waren deshalb nur 6 Rtlr Steuer zu entrichten. „90 Mahlgäste sind aus Immerath, 60 aus (dem benachbarten) Strotzbüsch“. Der Wert der Mühle wird mit 500 Rtlr beziffert. Auch 1857 ist die Mühle unverändert in Baubestand und Mahlwerk. Am 30.8.1701 erblickt auf der Immerather Mühle Carl Daniels das Licht der Welt. Eltern sind der Müller Johann Daniels und Barbara geb. Laubach. Als Paten werden der Müller

Carl Laubach von der Steinin-ger Mühle und Susanna Daniels aus Strotzbüsch, wohnhaft auf der Wollmerather Mühle, genannt. Carl Daniels ist 1745 Müller der Wollmerather Mühle. 1718 wird als Müller Reinhard Hennen genannt. 1758 kommt Friedrich Schuh von der Wagenmühle Alflen auf die Immerather Mühle und heiratet die Anna Maria Daniels; 8 Kinder kommen zwischen 1759 und 1775 zur Welt. Müller Schuh wird 1769 beschuldigt, für Mahlgäste aus dem Wollmerather Hochgericht unbefugt gemahlen und den Mühlenbann verletzt zu haben. Darauf standen Strafen bis zu 3 Goldgulden. Friedrich Schuh starb 1796 auf der Immerather Mühle. Nachkommen der Schuhs finden wir auf der Saxler und der Darscheider Mühle. Im Mühlenkataster 1827 wird als Eigentümer Christoph Weber genannt. Er stammte aus Filz und starb 1829 auf der Mühle.

Die Mühle wurde von Johann Thomas aus Alflen zwischen 1827 - 1833 geführt; er ist mit Christine Lohdorf aus Immerath verheiratet. Danach erscheint die Müllerfamilie Rauen auf der Immerather Mühle. Der Müller Nikolaus Rauen, mit Maria Katharina Schüller verheiratet, war auf der alten Lutzerather Mühle geboren und starb mit nur 40 Jahren 1842 auf der Immerather Mühle. Sein Vater Johann Matthias war zu diesem Zeitpunkt Müller der „Untersten Mehrener Mühle“. Nikolaus Rauen und Maria Katharina Schüler hatten 9 Kinder, wie aus der Volkszählung 1852 hervorgeht. Die ledigen Söhne Nikolaus (Tagelöhner) wanderten 1867 und Matthias Josef (Mühlenbauer)1869 nach Amerika aus.

Friedrich Wilhelm (Schreiner, Müller) mit Frau und 2 Kindern folgten 1872. Ein weiterer Bruder, Matthias mit Frau und 4 Kindern, wanderte 1880 aus. Die Schiffspassage von Antwerpen nach New York mit dem belgischen Dampfer „Rhyn-land“ hatten seine Brüder bezahlt. Der Sohn des verstorbenen Nicolaus, Matthias Josef, „Mühlenbauer und Müller“, führte die Mühle bis mindestens 1896. Er war in erster Ehe mit Maria Anna Binz und in zweiter Ehe mit Maria Anna Kaub verheiratet. Um1876 -1885 werden in den Kirchenbüchern zwei Müller mit Namen Peter Josef SIMON (*1817 in Immerath und Sohn *1848 in Bad Bertrich) erwähnt. Das Müllerehepaar Peter Josef SIMON († 1865) und Anna Elisabeth geb. Michels († 1878) stirbt auf der Immerather Mühle.

In der Dauner Zeitung von 1883 schreibt der P. J. Simon jun. die Mühle zu Immerath mit Ackerland und Wiesen auf 9 Jahre an den Letzt- und Meistbietenden zur Verpachtung aus. 1902 erwirbt bei einer Versteigerung Johann Horbert aus Schmitt, Krs. Cochem-Zell, gebürtig von Demerath, die Mühle. Seine Frau Anna Maria Mer-tes stammte aus Immerath. Ihm folgte nach dem Tode des Vaters 1918 als Müller der Sohn Anton Horbert, ein frommer und gutherziger Mann, der vor allem den armen Mahlkunden eher zu viel als zu wenig Mehl abgab.

Der letzte Müller, Wendelin Hor-bert, legte 1954 die Ölmühle und 1957 die Mahlmühle still. Bereits um 1900 trieb kein Wasserrrad, sondern eine Turbine das Mahlwerk und 1941 erhielt die Mühle als „kriegs-wichtiger“ Betrieb einen Stromanschluss. Auch heute noch kann man sich einen Eindruck von der Technik vergangener Tage verschaffen, denn die Mühleneinrichtung aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert ist noch gut erhalten.

Prozess des Müllers Nicolaus Gielen gegen die Gemeinde Immerath

Die Franzosen besetzten 1794 auch die Eifel. Im Rahmen der Säkularisation wurden die kirchlichen und herrschaftlichen Güter eingezogen, verstaatlicht und versteigert. Die Gemeinde Immerath hatte den Besitz der Schertgesmühle an sich gezogen, wähnte sich als Eigentümer der Mühle und verkaufte sie am 12. 5. 1796 durch öffentliche Versteigerung in Erbpacht an den Müller Nicolaus Gielen von der Meerfelder Mühle.

Angeblich lag auch die Erlaubnis der französischen Behörden vor. Müller Gielen bezog 1796 die Mühle und zahlte einen Kaufpreis von 553 Talern, 2 Taler für den Weinkauf8. Zusätzlich musste er jährlich 19 Rtlr Pacht, 2 Pfund Brot und _ Ohm Wein für jeden „Gemeindsmann“9 überneh-men.1804/05 wurden die Springiersbacher Güter in Im-merath versteigert. Bei der Sichtung der Klosterurkunden wird auch die Mühle in Im-merath aufgetaucht sein. Nach jahrelanger Prüfung der Rechtsverhältnisse erklärte der Präfekturrat10 1811, dass die Gemeinde Immerath kein Recht hatte, die Mühle zu verkaufen und hob den Kaufvertrag auf.

Müller Gielen und seine Familie mussten am 5. 12. 1812 zwangsweise die Mühle wieder räumen. Um die Rückzahlung des Kaufpreises mühte er sich jahrelang - ohne Erfolg. Ihm blieb keine andere Wahl, als seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. 10 Jahre nach der Räumung verurteilte das Königlich Preußische Landgericht in Trier die Gemeinde Immerath zur Rückzahlung des Kaufpreises samt Zinsen, zu den halben Gerichtskosten, insgesamt eine Summe von 684 Rtlr, die Kosten des eigenen Rechtsanwalts nicht eingerechnet.

Die Mühle war wohl bedingt durch die ungeklärten Eigentumsverhältnisse 1814 schon in keinem guten Zustand. Nachdem Müller Gielen die Mühle verlassen hatte, wurde sie noch kurzzeitig auf 3 - 6 - 9 Jahre dem Nicolaus Laubach für eine Jahrespacht von 80 Franken überlassen. Aber bald stand die Mühle gänzlich still, weil auch das Mühlrad zerbrochen war. Die Gemeinde Immerath hatte kein Geld zum Wiederaufbau. so dass das Gebäude langsam dem Verfall preisgegeben war.

Ein tragisches Unglück

Die Mühle wurde wahrscheinlich infolge eines Brandes nach 1800 neu und ganz in Stein errichtet. 1838 erwarb Nikolaus Rauen von der alten Lutzerather Mühle den Besitz, den er vorübergehend schon als Pächter betrieben hatte, für 1500 Rtlr. 1840 kaufte er auch das Grundstück, auf dem die ehemalige klösterliche Schertges- oder Gemeindsmühle gestanden hatte mit allen Mühlenrechten. Nur 2 Jahre später starb er und hinterließ eine Witwe und 9 kleine Kinder. Ww. Rauen betrieb mit Hilfe ihrer älteren Kinder die Mühle weiter.

Auf dem Türsturz der jetzigen Immerather Mühle ist die Jahreszahl 1890 eingemeißelt. Dies ist aber nicht das Jahr der Erbauung, sondern eines Umbaues. Der jetzige Besitzer Wendelin Horbert als auch der verstorbene Heimatforscher Anton Sartoris erzählten folgende Geschichte. Der Müller Christoph „Christ“, der die Mühle umbaute, war ein herz- und verantwortungsloser Mensch und dem Trunke sehr zugetan.Oft hielt er sich im Wirtshaus in Strotzbüsch zum Kartenspiel auf, während seine Frau neben dem Haushalt, der Erziehung und Ernährung der großen Kinderzahl auch noch die Mühle betreiben musste.

Als Kunden ihr Korn gemahlen haben wollten, musste die Müllerin selbst das Mühlrad in Gang setzen. Hierbei geriet sie mit beiden Beinen ins Mahlwerk und verletzte sich sehr schwer. Im Gasthaus in Strotzbüsch wurde Müller „Christ“, wie ihn die Leute nannten, die Unglücksbotschaft überbracht. Anstatt sofort nach Hause zu eilen, blieb er beim Kartenspiel sitzen und soll folgende Aussage gemacht haben: „Frauensterben ist kein Verderben, aber Pferdefrecken das bringt Schrecken.“ Als er Stunden später auf der Mühle ankam, war sein Frau den schweren Verletzungen erlegen; es soll seine 3. Ehefrau gewesen sein. Die Mühle war hoch verschuldet und wurde versteigert.

Quellen:

LHA Ko - Bestand 1 C 4 Nr. 3078 LHA Ko - Bestand 655.185 (Akten ehem. Bürgermeisterei Gillenfeld) Peter Brommer - Die Ämter Kurtriers - Edition des Feuerbuches von 1563 - Mainz 2003

Karl Heinz Janssen - Kurtrier in seinen Ämtern - Bonn 1985 W. Janssen - Studien zur Wüstungsfrage II

Dr. August Cnyrim - Plaudereien aus Oberwinkel - um 1930 Erich Mertes - Die Mühlen in der Eifel - Aachen 1994 Chronik Wollmerath (handschriftl. Aufzeichnungen von Lehrer Schäfgen)

HJB Cochem-Zell - 2006 - Friedbert Wißkirchen: In Wollmerath loderte 1612 der Scheiterhaufen HJB Daun - 2002 - Friedbert Wißkirchen: Immerather Dorfportrait HJB Daun - 1993 - Friedbert Wißkirchen: Recht zu Hängen und zu Ertränken

HJB Daun - 1991 - Friedbert Wißkirchen: Die Holzmühle Die Eifel - Heft 1/1991 - Anton Sartoris: Eine Mühlenwanderung im romantischen Ueßbachtal Familienbücher Gillenfeld, Demerath, Lutzerath und Wollmerath

11 Dingtag = Gerichtstag, Jahrgedingtag, an dem das Weistum mit den örtlichen Rechten vorgelesen und bestätigt wurde.

12 Halbscheid = Hälfte Anteil (Ausdruck heute noch in Luxemburg gebräuchlich)

13 Mühlengerechtigkeit = alle Rechte an der Mühle einschließlich des Wasserrechts

14 „wüst gefallen“ bezeichnet man Dörfer, Siedlungen oder Gebäude, die untergegangen sind.

15 Der „Campbüchel“ ist ein Distrikt in der Stadt Daun, der sich vom Marktplatz in Richtung Norden ausdehnt. Gegenüber dem heutigen Marktplatz steht das Marktkreuz und dahinter der Gerichtsstein des Campbücheler Hochgerichts (= Hochgericht des Kurtrier. Amtes Daun).

16 Gerechtigkeit = alle Rechte auf Errichtung und Betrieb sowie die Nutzung des Wasserlaufs

17 Das Mühlenkataster war eine Erfassung der steuerlich relevanten Fakten der Mühle wie Größe, Wasserräder, Mahlgänge, Wassermenge etc.

18 Mit dem Weinkauf wurde das Rechtsgeschäft besiegelt. Der Erwerber musste den Wein bezahlen, den Käufer, Verkäufer, Zeugen und sonstige beim Rechtsgeschäft Anwesende verzehrten. Mit dem Weintrunk war das Geschäft abgeschlossen.

19 Gemeindsmann = jeder Bürger, der die Gemeinderechte besaß

10 Der Präfekturrat war ein Gremium der franz. Besatzungsmacht, das aus 4 Personen unter dem Vorsitz des Präfekten bestand und über verwaltungsrechtliche Streitigkeiten entschied oder juristische Gutachten erstellte.