Eine frohe Erinnerung an begnadete Tage

Gisela Bender, Deudesfeld

Dieser Vers stammt aus dem neubearbeiteten Pilgerbuch des Bistums Trier von Dr. Hubert Mockenhaupt von 1981. Dr. Mockenhaupt, der am 3. Februar diesen Jahres verstarb, war jahrzehntelang für die Wallfahrten des Bistums Trier verantwortlich. Unter seiner Leitung stand auch meine erste Pilgerreise nach Lourdes. Am 22. April des Jahres 1986 standen wir mit weiteren wartenden Menschen auf dem Bahnhof in Wengerohr. Wie sich später, als der Pilgersonderzug aus Koblenz einlief herausstellte, teilten die dort zugestiegenen Frauen das Abteil mit uns. Wir, drei Frauen aus Deudes-feld, trafen so auf zwei Frauen aus Eckfeld und auf eine weitere aus Bleckhausen.

Von Anfang an stand unsere Reise unter einem besonderen Schutz. Zu sechst teilten wir uns nun das Abteil, tagsüber und auch nachts. Die Enge mag manchem unangenehm gewesen sein, uns hat sie von der ersten Minute an zu einem Team zusammengefügt. In Trier stiegen dann noch viele Pilger ein, auch unser Alt-Bischof Hermann Josef Spital. Eigens für diese Fahrt wurden Krankenabteils angekoppelt. Ärzte und Pflegepersonal begleiteten die Patienten. In Saarbrücken wurden die letzten Fahrgäste aufgenommen. Alsdann nahm der Zug Fahrt auf über Forbach, Nevers, Bordeaux nach Lour-des, mit über 1000 Pilger an Bord.

Über Lautsprecher in jedem Abteil vernahmen wir die Gebete der Vorbeter, danach beteten dann alle. Es wurde sinngemäß viel gebetet, aber zwischendurch auch Raum gelassen zum Gespräch oder zum schweigen. Während der Fahrt kam unser Alt-Bischof Spital in die Abteils und sprach mit den Pilgern. Wir fuhren den ganzen Tag und die ganze Nacht. Am Morgen waren wir dann in Nevers. Dort hielt der Zug und alle die gehen konnten, reihten sich in die lange Schlage ein. Ein paar Straßen mussten überquert werden, dann waren wir in einem großen Pilgersaal. Hier erhielten wir dann das erste französische Frühstück. Anschließend wurden wir zum Kloster St. Gildard zum Schrein der heiligen Bernadette geführt.

Vieles was ich auf dieser Pilgerreise erlebt habe, begleitet mich mein Leben lang. Die Begegnung mit der heiligen Bernadette war ein Schlüsselerlebnis. Aus heutiger Sicht, über 20 Jahre später, hat die Aura, die von dem Schrein mit der Heiligen ausging, meine Sinne geschärft. Nun war ich bereit noch Größerem zu begegnen, ich war bereit für Lourdes.

Wir waren den ganzen Tag im heiligen Bezirk in Lourdes unterwegs. Wir nahmen an Gottesdiensten in der Rosenkranzbasilika teil, ebenso in der darüberliegenden Krypta. Diese war der erste gottesdienstliche Raum in Massabielle. Bernadette selbst war bei ihrer Einweihung dabei. Jeden Abend nahmen wir an der Lichterprozession teil. Ein sehr bewegendes Ritual. Es war April und das Wetter in Lourdes hat uns arg zugesetzt. Fast jeden Tag regnete es und es war empfindlich kalt. Unsere Kleider versuchten wir in unseren Zimmern zu trocknen.

Aber die Zimmerchen waren klein, die Heizkörper waren es auch. So blieb uns weiter nichts übrig, als mit feuchter Kleidung die Tage zu verbringen. Immer wieder zieht es uns, wie alle anderen auch, zur Grotte. Tag und Nacht knien die Pilger aus aller Herren Länder vor der Muttergottes. Hier nehmen die Prozessionen, die Sakraments- und die Lichterprozessionen ihren Ausgang. Unterhalb der Grotte befinden sich die Badeanlagen. Alle Pilger, auch die Kranken, können hier in dem heiligen Wasser der Quelle unter der Grotte ein Bad nehmen.

Die Esplanade ist der große freie Platz vor den Basiliken. Hier nehmen die Kranken in Lourdes für die Sakramentsprozession und den eucharistischen Segen in ihren Lourdestypischen Rollwagen im Schatten der Bäume Aufstellung. Am Ostersonntag nehmen wir am Gottesdienst in der unterirdischen Basilika teil. Geweiht wurde sie Papst Pius X. 20000 Pilger passen dort hinein. Ein tiefgreifendes Erlebnis war dies für mich, die Basilika war an diesem Ostersonntag brechend voll. Auch an diesem Ort fiel mir eine besondere Atmosphäre auf. Menschen aller Nationen, ein Sprachengewirr. Über allem lag Frieden. Kein Gezänk über Platz oder Reihenfolge, nein, die Muttergottes hatte alle im Griff.

Es ist schon außergewöhnlich was hier geschieht. Wir konnten es an uns selber feststellen, obwohl wir in den Tagen in Lourdes oft nass geworden waren, keine von uns wurde krank. Nicht einmal ein Schnupfen stellte sich ein. Am späten Nachmittag des 28. Aprils verließen wir Lour-des. Ein letzter Blick aus dem Zugfenster auf die Grotte, dann lehnte ich mich in meinen Sitz bequem zurecht voller Dankbarkeit und Freude. Dank der Muttergottes, die mir diese begnadeten Tage geschenkt hatte. Der Segen dieser Wallfahrt ist mir bis zum heutigen Tage erhalten geblieben. Der Weg ist das Ziel, das Ziel ist der Weg.