Strenges Reglement einer Pilgerfahrt
Alois Mayer, Daun
Im Pfarrarchiv „St.- Serva-tius“ in Siegburg befindet sich ein kleines Büchlein von 1726, das wohl älteste Matthias-Pilgergebetbuch. In ihm ist der Pilgerweg nach Trier beschrieben, den die heute nicht mehr existierende Siegburger Bruderschaft bereits im 16. Jahrhundert gegangen sein muss. Dabei ist mit Interesse festzustellen, dass bereits vor mehr als 500 Jahren der Wallfahrtsweg durch den damals noch nicht existierenden Kreis Daun führte. Die unseren Raum betreffenden Angaben sollen hier wieder gegeben werden. Die Pilgerwanderung begann in Siegburg, führte über Al-tenahr, Adenau nach Müllenbach und erreichte am Abend des zweiten Tages „Kehlberg“, wo übernachtet wurde. Am kommenden frühen Morgen begann das die „3.te Tag-Reyß“. Es wurde gesungen „Veni creator wie auch zu Teusch“ (auf Deutsch). Dann, so schrieb es Vorschrift Nummer 64 vor „wird gebett 1 Rosenkrantz, damit wir diese Pilgerfahrt nach Göttlichem Wohlgefallen und unser Seelen-Heyl verrichten mögen. 65: Wird ein Rosenkrantz gebett für alle hinterlassene Anverwandten. 66. Wir gesungen die Lauretanische Litaney. 67. Wir gebett einen Rosenkrantz für alle abgestorbene Schwester und Brüder die Bruderschafft S. Matthiae. 68. Wird gesungen der 5. Buß-Psalm wornach ein Rosenkrantz gebettet wird vor alle Vorsteher der Bruderschafft. – Rast1 – 69. Wird gesungen Ave Maria klare. 70. Wird gebett einen Rosenkrantz für alle Abgestorbene Christgläubigen. 71. Wird gebett einen Ro-senkrantz für alle verstockte Sünder. 72 Wird gesungen beym Abscheid Ave Maria gratia plena. 73. Nun bettet man einen Rosenkrantz zur Erhaltung aller Frucht der Erden. – Rast am Mehrerm
Wald2 –
74. Wird ein Rosenkrantz gebetten umb Erhalt und Erhöhung der Christ-Catholischen Kirchen / Außreusung der Ketzerey / Fried und Einigkeit Christlicher Fürsten und Potentaten. 75. Wird gesungen S. Matthias Liedlein: Auff erwacht ihr Pillger all biß nach Mehren / allwo die Meeß gehalten / und mit der Sa-cramentalischen Benediction beschlossen wird. – Rast –
76. Für (= Vor) Mehren am Heylgen-Häußgen versammelen sich die Pilgramen und fangen an zu singen: Ist das Leib Herr Jesu Christ.
77. Darauff wird gebett ein Rosenkrantz zu Ehren deß h. Schutz-Engels / auf dass er ferners unser Geleitsman auf dieser Pilgerfahrt verbleiben / und vor allen bösen Eingebungen / so uns in der Andacht verhinderlich seyn / gnädiglich abwenden wolle. 78. Hernach wird gesungen das Liedlein Ave Maria Stella zu Latein und auch zu Teutsch. 79. Wird ein Rosenkrantz gebett zu Ehren der schmerzhaften Mutter Gottes Mariä als sonderbahre Patronin unserer Pilgerfahrt. – Rast –
80. Wird ein Rosenkrantz gebetten für die so sich unser Gebett befohlen. 81. Bey Uh-ler (= Udler) wird gesungen: Mein Zuflucht alleine, zu Latein und Teutsch. 82. Man singt die Litaney de Nom. Jesu (= vom Namen Jesu). 83. Nun wird ein Rosenkrantz gebett für alle Geist- und Weltliche Catholische Obrigkeit. 84. Singet man das S. Matthias Liedlein ‚O Apostel auserwählt’. – Rast im Merck-busch3 –
85. Für (= Vor) dem Merck-busch, allwo ein Creutz stehet, daselbst ein Pilger gestorben / bettet jeder ein Vatter unser für dessen Seel / auch eins für andere abgestorbene Brüder und Schwestern dieser Bruderschafft. 86. Wird gesungen der 6. Buß-Psalm. 87. Hierauf bettet man ein Rosen-krantz zu Ehren deß bittern Leydens Jesu Christi / mit 5 Vatter unser und Ave maria auch 5 Vatter unser zu Ehren der Heil. fünf Wundmahlen S. Francisci. 88. Darauf wird gesungen ‚O quam amabilis’, auch zu Teutsch. 89. Wird gebett ein Rosenkrantz zu Ehren deß Heil. Apostels Matthias mit 12 Vatter unser und einem Glauben. – Rast bei Ef-felingen – (= Öfflingen)4 Der Vulkaneifelkreis Daun war damit durchquert, aber die dritte Tagesreise der Pilgergruppe noch nicht beendet.
Sie führte weiter über den „Berg“, durch den „Grönerwald“ (= Grünewald) und endete am Abend in Wittlich, wo die „Herren Patren Fran-ciscaneren die Sacramenta-lische Benediction“ erteilten.5 Am vierten Tag stand wieder eine lange Pilgerstrecke an, die dann über „Everhard Claußen“, „Hartzerth“ (= Hetzerath), „Schweig“ (= Sch-weich) spät abends am Trierer Minoritenkloster endete. Am fünften Tag, morgens um sieben Uhr, zog man dann mit Opferkerzen hin zur „Abdey und Ruheplatz Sanct Matthiä“, wo eine feierliche Andacht stattfand. Von 12 Uhr bis ein Uhr mittags schauten sich dann alle noch „im hohen Thumb (= Dom) binnen der Stadt Trier die Heilige Reliquien“ an, um dann rasch zur Mosel zu eilen, um von dort aus per Schiff über die Mosel und den Rhein nach Siegburg zurückzukehren.
Anmerkungen: