Klagelied einer Schuhputzschürze

Nach langer Fahrt in einem dunklen Wagen
spie diese Ungetüm mich wieder aus.
Ich rappelte mich auf und wollte fragen:
„Wo bin ich, hier ist nicht mein Zuhaus.“

Ich lag an eines weiten Hügels Rande,
vor Schrecken stand mir fast das Herze still.
Es war der schlimmste Platz im ganzen Lande,
ich lag auf einer Halde voller Müll.

Dicht neben mir da lag ein alter Besen,
er ließ im Lauf des Lebens manches Haar.
Wie ich, war er einst neu und schön gewesen,
doch das vergeht ganz schnell, wie jedem klar.

Da hatten wir nun reichlich Zeit zum Plaudern,
ganz ungeduldig fing ich gleich als Erste an.
Und ich erzählte einfach ohne Zaudern,
woher ich kam und was man mir getan:

„Ne junge Hausfrau, die war auch mein Schneider,
sie nähte mich mit flinker, fleißger Hand.
Ich schützte dafür ihre hübschen Kleider,
wenn sie am Herde in der Küche stand.“

„Doch plötzlich gabs da eine Neue,
nicht selbstgenäht, entsprechend elegant.
Die Hausfrau hat mich einfach, ohne Reue,
als „Schuhputzschürze“ in den Kellerraum verbannt.“

„Ade, nun, Köstliches aus Topf und Truhen,
das ich verkostete so manches Mal.
Nun war mein täglich Brot der Dreck von Schuhen
und Schuhcreme aller Sorten von „Erdal“.“

Der Besen nickt: „Wie sich die Bilder gleichen,
aus edlem Rosshaar ward ich hergestellt.
War Diener in der Villa eines Reichen,
ich sag dir, das war eine noble Welt.“

„Doch da gabs plötzlich die Maschine,
„Staubsauger“ ein gar hässlich, lautes Ding.
Ich merkte schnell, wenn auch mit finstrer Miene,
dass meine Aera nun zuende ging.“

„Nein“, seufzt der Besen, „das ist nicht zum Lachen.
Ist man noch neu und schön, ist man begehrt.
Das ist mit alten Leuten, wie mit alten Sachen,
ist erst der Lack ab, verliert man auch den Wert.“


Wir diskutierten über dies und jenes Übel
und wurden von zwei Kindern aufgeschreckt.
Sie hatten uns beim Stöbern auf dem Hügel,
so im Vorbeigehn grade noch entdeckt.

„Juhu, ein Besen, da wird mein Schneemann schauen,
ich mache ihn damit so richtig fein.“
„Und ich werd mit dem Schürzchen eine Schneefrau bauen,
an Weihnacht schaun dann beide in unsre Stube rein.“

So nahmen sie uns mit, wir mussten lachen,
denn mittlerweile weiß das jedes Kind,
dass alte Leute, so wie alte Sachen,
noch manches Mal ganz gut zu brauchen sind.

Thekla Heinzen, Feusdorf