Meine Zeit

Vera Finken, Steffeln

Ich werd geboren in der Zeit, werd wieder gehen in der Zeit. Die Erde dreht sich in ihr und alles Geschehene begreift sich mit und durch sie. Zeiträume sind’s, in denen du und ich, ja jedwedes Geschick sich erlebt. Im Detail betrachtet bewegen sich aber alle in ihrer eignen Zeit. Mancher eilt und hetzt durchs Leben, versucht der Zeit ein Schnäppchen zu schlagen. Schneller als die Zeit, höher, weiter, ja sie gänzlich aufzuheben, darin sind viele unterwegs. Ewig stark, schön, unabhängig, Fanatiker des Jugendwahns. Dagegen stehen krass und unabwendbar die Zeichen der Zeit wie Ruin, Verfall und Tod. Die Sanduhr läuft und läuft pausenlos weiter, für dich, für mich, für alle Menschen.

Fliegst du zum Mars oder Mond, sie bleibt nicht stehn, sämtliche Hirne können sie nicht bremsen und hättest du alles Wissen, selbst jegliche Macht der Erde, den Schlüssel dazu hält er in den Händen, Gott allein.

Aber sag, warum soll sie nicht mein Freund sein, mit ihr statt dagegen? Mit der Zeit, wissen viele, wird doch bekanntlich alles gut. Zeit also als Chance, als Möglichkeit des Wachstums, weiser, älter, erfahrener. Ich liebe die uralten Spuren, gehauen, gemeißelt in Stein. Seh tiefe Falten in wissenden Gesichtern, Ehrfurcht und Andacht machen sich in mir breit und die Klarheit: Das Leben als Erdenbürger ist nur eine Station auf meinem eigenen, persönlichen Weg. Ich schau zurück, da kam mir wohl mancher Tag vor wie ein ganzes Jahr. Was aber ist mit all den unerfüllten Wünschen und Träumen? Soviel wollt ich noch leisten und tun, so verschwindend wenig hat sich davon realisiert. Quantität und Qualität, ja das sind zweierlei paar Schuh. Dennoch kann man aber ruhig einmal bedenken, wie sehr der Begriff Zeit voneinander abweichen kann. So die Eintagsfliege z. B., die ihr kurzes Leben nach 16,17 Stunden aushaucht, dagegen können manche Schwämme des Mittelatlantiks 10.000 Jahre alt werden. Schlägt unser Herz ein einziges Mal, hat das Licht bereits die Strecke Erde – Mond zurückgelegt.

Voller Ergriffenheit und Demut erblicken wir aber nun eine Person, die das Geschehen der Welt mehr beeinflusst hat, als jemals ein anderer Mensch zuvor. 3 Jahre waren es, ja Jesus Christus hatte wenig Zeit, um der Menschheit zu beweisen, was in ihm steckte. Seine Kindheit und Jugend vergingen scheinbar unspektakulär, erst nach ca. 30 Jahren betrat er seinen Siegeszug und diese kurze Zeit genügte, der Plan des Herrn hat sich vollends erfüllt.

Andererseits gesehen, ist es denn wirklich erstrebenswert, ewig auf einem Planeten zu sein, wo es Trauer, Krankheit, Krieg und Elend gibt? Ist dies mein wahres Zuhause, wo man den Nachbarn neidet oder ihn hasst? Gott aber in seiner Größe und Allmacht hebt die Dimension der Zeit ganz auf, er braucht sie nicht, ebenso wenig wie unsere Seelen einst in der Ewigkeit. Spätestens hier merk ich deutlich, wie sehr wir Menschen den Gedanken an die verrinnende Zeit doch brauchen, als verlässliche Stütze, als Halt. Ewig zu existieren macht uns nämlich Angst, ein Sein ganz ohne Ende. Wo, wie, kann mir das gefallen? Werd ich denn alledem nicht überdrüssig ....etc. ..etc... Man kann diesen Punkt durchphilosophieren, bis einem der Schädel platzt. Helfen kann uns hier das blinde Vertrauen an einen lieben Schöpfergott, der wahrlich weiß, was er getan hat, wie es das Beste ist. Drum Mensch gräm dicht nicht unnötig. Lebe das aus, was du bist, was dich ausmacht. Jeden Tag aufs Neue, immer wieder mit möglichst bestem Wissen und Gewissen. Ja es stimmt, vergang’ne Zeit ist nicht mehr zu ändern, aber lernen kann man daraus. Und wachsen mir derweil auch graue Haare, so bleib ich doch Kind eines genialen Schöpfergottes. Ein unverzichtbares Glied in der Kette, ein Unikat, das man stets brauchen wird, egal wann und wo auch immer. Darum dürfen wir voll Zuversicht sein und uns beruhigen, alles läuft wie vorgesehen, glauben wir’s und bleiben dabei.