Das Erbe der Volksmedizin in der Gesundheits- und Krankenpflege

Maria Bernhardt, Daun

„All Ding sind Gift und nichts ohn Gift; allein die Dosis macht, das ein Ding kein Gift ist.

“ Paracelsus (1493-1541) Arzt, Begründer der modernen Arzneimittellehre
Paracelsus vertrat die Auffassung: Jede Substanz vermag der Gesundheit zu schaden – alles ist nur eine Frage der Dosis. In der richtigen Do -sis können aber auch viele Substanzen Krankheiten heilen. Mit dieser Erkenntnis hat Paracelsus einen entscheidenden und bis heute gültigen Beitrag zur Arzneimittellehre geleistet. Wir wissen, dass der frühe Mensch aufs engste mit der Natur verbunden lebte. Durch dieses ständige Leben in und mit der Natur entwickelte er einen ausgeprägten Sinn für das Verhalten der Tiere und für die Kräfte und Wirkungen der Pflanzen. So fand der Mensch die Grundlagen für seine Volksmedizin nicht zuletzt durch das ständige Beobachten der Tierwelt, z. B. dass Hunde und Katzen ihr Bauchweh mit spitzen Gräsern lindern, kranke Schafe Schafgarbenkraut fressen, während die Dohle ihr Nest mit Tomatenblättern von Flöhen frei hält. Für den Menschen dienten z.B. im Frühling Bärlauch, Brunnenkresse und Löwenzahn nicht nur zur Nahrung, sondern sie halfen den Körper zu beleben und widerstandsfähiger zu machen. Der Sommer bescherte ihnen frische Kräuter wie Melisse, Majoran, Thymian und das Labkraut und im Herbst gehörten eine Fülle von gesunden Beeren, so die Heidelbeere, Hagebutte, Holunder, Weißdorn etc. zu ihrer Nahrung. In dieser periodischen Erneuerung wurde der menschliche Organismus auf ganz natürliche Weise gestärkt, stabil und gesund erhalten – er war ein Teil vom Kreislauf der Natur, der eigentlich nur selten Heilmittel benötigte. So war die abwechslungsreiche Beschaffenheit einer natürlichen Nahrung eine wesentliche Voraussetzung für ein großes Gesundheitspotenzial. Erst durch die Entfremdung von seiner natürlichen Lebensweise erkrankte der Mensch in zunehmendem Maße bösartig; er begann bei der Pflanze nach Hilfe zu forschen. Heilpflanzen sind die ältesten bekannten Arzneimittel. Da es früher nur wenig Arznei- und Heilmittel gab und sich viele Menschen einen Arzt oder teure Medizin nicht leisten konnten, musste man sich bei Krankheiten oder Verletzungen selbst helfen. Man behandelte sich aus der Natur. Nur Bewährtes wurde von Generation zu Generation weitergegeben, wurde mit größter Sorgfalt aufgeschrieben und so gehörte z. B. das handgeschriebene Arznei-und Doktorbuch einer Familie mit zur Mitgift einer Braut. Natürliche Heilmittel sind überlieferte Anwendungen von u. a. Heilkräuterzusätzen (z. B. in Verbindung mit Wickel und Umschlägen) und Rezepturen aus alter Zeit. Bis in das 19. Jahrhundert nahm die Zahl der Erfahrungen und die Kenntnis über sie immer mehr zu. Je nach der Wirksamkeit unterscheidet man toxische (giftige oder stark wirksame) und nichttoxische (ungiftige Drogen). Es gilt nicht nur, die als giftig eingestuften Heilpflanzen zu meiden, auch die nicht giftig eingestuften Heilkräuter müssen sachgerecht gesammelt, aufbereitet und richtig verabreicht werden. Selbst die Anwendungen völlig harmloser Drogen kann lebensgefährlich werden, wenn bei ernsthaften Erkrankungen – im Glauben an die Wirkung von Heilpflanzen – eine Behandlung durch einen Arzt unterbleibt. („Heilpflanzen und ihre Kräfte“, Lingen, Köln) Dieses Wissen um alte bewährte Heilmittel ging später vielen Menschen weitgehend verloren. Das äußerst feinfühlige , sensible Lebensvermögen hat sich der Mensch durch Überzivilisation, Entfremdung von der Natur, durch Technik und Alltagshetze selbst fast vollständig zerstört. Durch die gesellschaftlichen Veränderungen – Wegfall der Großfamilie – in den letzten Jahrzehnten, ist auch die Überlieferung von wertvollem Wissen aus der Naturapotheke zum großen Teil weggebrochen. Seit einigen Jahren sind jedoch wieder Veränderungen im Erleben und Behandeln von gesundheitlichen Störungen erkennbar und nicht zuletzt ist dies auf die Gesundheitsreform zurückzuführen. Gesundheit, das höchste Gut ist „kostbar“ geworden. Das wieder erwachte Interesse an natürlichen Hausmitteln und sanften Behandlungsmethoden – die zudem auch billiger sind – hat dazu geführt, dass zunehmend auf Naturrezepte zurückgegriffen wird. Moderne Untersuchungen bestätigen inzwischen die häufig überraschende Wirksamkeit altbewährter Rezepturen. So bieten uns Heilkräuter, Wickel und Umschläge eine gute Alternative zur Selbstbehandlung bei vielen Alltagsbeschwerden und einfachen Befindlichkeitsstörungen oder in Kombination zur ärztlichen Therapie. Indem sie den Heilungsprozeß des Körpers unterstützen, stärken sie das Immunsystem. Fieber z.B. spielt eine wichtige Rolle bei der Bildung von körpereigenen Abwehrstoffen. Fieber ist eine gesunde Reaktion des Körpers in der Auseinandersetzung mit Viren, Bakterien, Allergien oder Fremdkörpern. Es ist ein Zeichen, dass sich der Körper gegen etwas Fremdes wehrt. Temperaturen von 38,5 °C und mehr schränken die Lebensbedingungen von Bakterien und Viren erheblich ein und bringen die von ihnen abgesonderten Giftstoffe rascher zur Ausscheidung. Fieber gibt zudem Gelegenheit, wieder in das körperliche, seelische und geistige Gleichgewicht zu kommen und unterstützt die Persönlichkeitsentwicklung. Gerade der frühkindliche Organismus reagiert auf die sanfte Medizin besonders gut. Für Kinder hat eine fieberhafte Erkrankung oft die Bedeutung eines Entwicklungsschubes. Wird Fieber voreilig durch fiebersenkende Mittel (Wadenwickel, Medikamente), gesenkt, so besteht die Gefahr, dass der Heilungsprozess gestört wird. Zudem erleichtert es die Bettruhe: Ein Kind ohne Fieber ist kaum im Bett zu halten, obwohl es die Krankheit noch nicht überwunden hat. („Wohltuende Wickel“ , Maya Thüler, CH-Bern, 2003) Für eine Selbstbehandlung bei Erkältungskrankheiten z.B. bei Schnupfen, Husten, Bronchitis ist eine fachgerechte Anwendung unbedingte Voraussetzung. Bei einer fieberhaften Erkrankung sollte man wissen: Was ist vor einer kühlen Abwaschung oder vor dem Anlegen eines Wadenwickels zu beachten und wie gestalte ich die Durchführung fachlich richtig. Ferner die notwendigen Kenntnisse; Heilpflanzen richtig erkennen, ernten, aufbewahren und die Art der Anwendung, z.B. von Heilpflanzen in der Küche und die Zubereitung von Heilkräutertees zur Selbstbehandlung. Nicht alles, was aus der Natur kommt ist ungefährlich und kann bedenkenlos angewandt werden.
In dieses Wissen über bekannte und unbekannte Heilkräuter sollte sich jeder, der Naturheilmittel anwendet, einführen lassen, denn der Wert der Naturrezepte liegt in einem verantwortungsvollen Umgang. Dazu ist es auch notwendig, die Grenzen der Selbstbehandlung genau zu beachten. Nur so können sich die Menschen eine stabile Gesundheit erhalten oder sie wieder zurückgewinnen.
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Das Zitat

Willst du dich rühmen ein Mensch echter Tugend zu sein, dann wahre die Tugend getreu und wahr zu sein.

Wachtberg, Robert Follmann