Omas Wundermittel gegen Husten

Gertrud Knobloch, Berg

Es graust mir noch, wenn ich dran denke - trotzdem wirkte Omas selbst gekochter „Hustensaft“ wahre Wunder. Wenn alles nichts mehr half, dann rief Oma nach Brombeerblättern, die ihr irgendjemand besorgen musste. Das sah sie als unsere Aufgabe an. Meistens allerdings konnte sie uns nicht dazu bewegen, und mein Vater nahm die Sache in die Hand, denn die Brombeeren waren uns zu dornig, und es war meist schon Winter, wenn sie gebraucht wurden. Obwohl wir immer angehalten waren, rechtzeitig welche zu sammeln, beschafften wir nur selten einen entsprechenden Vorrat ins Haus, und das hing mit dem abscheulichen Geschmack zusammen – jedenfalls für unsere Begriffe– den der Hustentee hatte und dessen Herstellung wir keineswegs begünstigen wollten. Da schmeckte uns „Tussamag“ aus der Apotheke schon viel besser, aber das musste teuer bezahlt werden, ein Umstand, der daheim immer sehr zu Buche schlug. Die übrigen Zutaten zu diesem heilsamen Gebräu waren entsprechend: An Zwiebeln mit Schalen, Kandiszucker, die besagten Brombeerblätter und Lakritze kann ich mich erinnern. Der Kandis hätte uns als Einzelzutat allein viel besser geschmeckt. Aber das „Hexen-gebräu“ musste leider zu allem Überfluss auch noch Zwiebeln beinhalten. Schade auch um die schöne Lakritze! Wenn wir den Absud absolut nicht herunterbrachten, durften wir etwas davon in heißer Milch auflösen, dann ging es schon besser. Aber Anis- und Fencheltee war uns da bedeutend lieber, auch das Allheilmittel Kamille, das es immer in Massen im Getreide als Unkraut gab, schätzten wir mehr. Wir hatten immer mehrere Büschel davon auf dem Speicher hängen. Brombeerblätter waren ja auch im Winter immer frisch verfügbar. In der Anwendung allerdings schätzten wir die Kamillen weniger, wenn es uns wieder so richtig erwischt hatte. Dann machte uns Mutter nämlich Schwitzpackungen mit heißen, in Kamillentee getränkten Wickeln, aus denen wir rot wie Krebse aus Strömen von Schweiß, aber gesund wieder auferstanden.
Einmal allerdings rettete mir eine solche Schwitzpackung buchstäblich das Leben, weil Mutter jede Viertelstunde nach mir sehen musste. In den Schlaf zimmern wurde im Winter nicht geheizt. Nur meine ständigen Erkältungen bewog meine Eltern, dort einen sogenannten „Kanonenofen“ aufzustellen, der nur geheizt wurde, wenn es nötig war. Je nach Wetterlage haperte es mit dem Abzug des Rauches; er „schlug in den Kamin“. So passierte es auch, als ich in der Packung lag. Das Zimmer war schon voller Rauch und ich war bläulich angelaufen, als Mutter mich im letzten Augenblick vor dem Ersticken rettete!