Thomas Keul war bis ins hohe Alter ein gefragter „Verbeter“

Josef Schmitz, Ripsdorf

Früher wurde das „sympathische Gesundbeten“ überall auf dem Lande ausgeübt, zumal dort nur wenige Ärzte praktizierten, und einen „Doktor aus der Stadt“ rief man höchstens dann herbei, wenn ein Kranker „jerad su am ster-we wor“. Als besonders rätselhaft und verschwörerisch galten die Übungen des Ge-sundbetens samt ihrer „streng geheimen“ Formeln. Wenn zu viele Leute davon wüssten, so hieß es, würden die Sprüche unwirksam. Als Reporter musste ich vor Weihnachten den Eheleuten Thomas Keul und Magdalena geb. Pick aus Alendorf direkt an der Landesgrenze zu Rheinland-Pfalz ein Geschenkpaket überbringen. Magdalena, alle sagten „Len“ zu ihr, starb mit 88 Jahren und Thomas, am 1.3.1910 geboren, starb am 7.1.2004. Sie feierten Goldene und Diamantene Hochzeit. Stets waren sie redselig und erzählten mir: Als Thomas noch Kind war, hatte einst der Pfarrer von Alendorf von der Kanzel aus seine Mutter des „Teu-felswerk“ beschimpft, weil sie die Kunst des Verbetens praktizierte, Blutungen stillte und Verstauchungen auch bei Tieren heilte, denn früher war es auf dem Dorf weit zum nächsten Arzt. Ich hörte aufmerksam zu, als Thomas erzählte, die Mutter habe ihn eingeweiht, als er nach Russland in den Krieg musste mit den Worten: „Datt kannst du selber mal brauchen“. Seitdem ist Thomas Keul bis zu seinem Tode ein anerkannter Verbeter gewesen. Der Pfarrer machte vor Jahren die Aussage, dass es keine Sünde sei zu verbeten, wenn man den Menschen helfen kann. Der Ruf von Thomas Keul reichte bis nach Hillesheim, Mechernich, zur belgischen Grenze und nach Wittlich. Sogar nachts wurde er früher gerufen, damit er bei Geburten Blut stillen half. Zum Blutstillen legte er die Hände auf, bis kein Blut mehr austrat. Hieran erinnere ich mich genau. Meine Mutter, Franziska Schmitz geb. Ferber, am 1.7.1907 geboren, stammte aus Mosbruch, besser bekannt als „Miese Ziska“. 1935 heiratete sie und zog nach Alendorf. Im Keller verletzte sie sich mit einem Nagel an der Krampfader. Das Blut trat als starker Strahl aus und ein Arzt aus Jünkerath war nicht erreichbar. Der Verbeter Keul kam und stillte den Blutfluss. Bei Verbrennungen nahm er direkt den Schmerz, an den Wunden konnte er allerdings nichts machen. „Placken“ (Ausschlag) bei Menschen und Tieren, Warzen, Fußpilze und verrenkte Glieder verbetete der Alendor-fer. Ein Tierarzt wollte wissen: „Wie machen Sie das?“ „Das ist ein Geheimnis, denn dann nehmen sie Geld dafür“. Keul erzählte: „Das läuft ja alles über die hl. Dreifaltigkeit, die rufe ich jedes Mal an und spreche für jede Sache extra Worte, die beherrsche ich. Ich helfe den Leuten und dem Vieh“. Als Dank erhält er oftmals eine Flasche Schnaps. Ehefrau Magdalena ist stolz auf ihn und er strahlte selber, wenn er erklärte, dass auch der böseste Hund ihn nicht angreifen konnte. „Ich spreche die passenden Worte und dies mit kräftiger Stimme. Der Hund zieht den Schwanz ein, dreht sich nach rechts und haut ab“. Dafür rufe ich aber die hl. Drei Könige an“.