Wie duftet Heimweh?

Gretel Körner-te Reh, Ahlen

Angehende Designer der Universität der Künste in Berlin waren auf der Suche nach überraschenden Duftkonzepten. Diese sind begehrt, um in der unglaublichen Menge der Düfte wahrgenommen zu werden. So stellten sie ihre Experimente unter das Thema: „Wie duftet Heimweh?“ Die Studenten hatten ganz unterschiedliche Einfälle. Sie schwärmten von Johannisbeeren, Himbeeren und Pflaumen, ein wahrer Frucht-Cocktail. Lotusblüten und Seerosenblätter stehen für kühle Frische. Lecker und süß riecht es nach Popcorn, Kokos, Zuckerwatte und Erdbeereis. Das Aroma sich gerade öffnender Kirsch- oder Orangenblüten ist besonders zart, Rosen und Pfingstrosen geben Wärme und Eleganz. Hier erinnert man sich an Garten und Teich, Frühling und Sommer. Sehr fortschrittliche Duftmischer brachten Düfte in Zusammenhang mit Fernseher, MP3-Player und Fotohandy. Cooler Duft von geeisten Nektarinen, Kiwi und Wassermelonen steht für Surfen, Wellen und Extremsport. Traditionsgemäß halten Par-fumeure jedoch ihre Rezepturen geheim! Wir alle wissen, Gerüche, Klänge und Geschmackserlebnisse setzen Emotionen frei. Besonders angenehme Sinneseindrücke möchten wir alle festhalten, oft führen sie uns auch in schöne Kindertage zurück. Die Erinnerung löst dann ein Gefühl der Vertrautheit aus. Bisweilen wirkt es stärker als vergilbte Fotografien früherer Tage. Wie duftet Heimweh? Wodurch wird die Sehnsucht nach Heimat ausgelöst? Hat nicht jeder einen anderen Auslöser für die Reise zu schönen Momenten, zu besonderen Erlebnissen und Ereignissen, zu vertrauten Landschaften? Wohlriechende, aber auch unverwechselbar würzige, intensive Düfte regen das limbische System in unserem Gehirn an, produzieren Bilder. Stark haftende Erinnerungen, die ein kurzes Glücksgefühl entstehen lassen, haben viele von uns in der Weihnachtszeit, wenn es nach Kerzen duftet, nach Tannengrün und Plätzchen oder nach dem besonderen Braten zu Hause, den es nur einmal im Jahr gab, und der besonders nach dunklen Beeren und Gewürzen duftete. Wer dies als Erwachsener wahrnimmt, fühlt Kindheit und Heimat. Atmen wir im Hochamt den Weihrauchnebel, der dem heftig geschwenkten Weihrauchkessel entströmt, befällt uns mitunter diese Übelkeit, die wir als Kinder durch heftiges Schlucken bekämpfen mussten.
Welcher Eifeler wird nicht durch den strengen Geruch des Ginsters an das Weinfelder Maar erinnert? Die Frühlingsausflüge dorthin waren in Kindertagen ein Erlebnis, zumal im Rucksack immer irgendeine Überraschung steckte, und wenn es auch nur ein verschrumpelter Apfel war! Meine Geruchsnerven sind besonders aktiv beim Aufspüren von Waldmeister. Die Bowle mit diesem Kräuter-Bündel zum 1. Mai steht für mich für Frühjahr, Großmutter, Eifel. Frisch ausgetriebene Fichtennadelspitzen bewirken sogar eine Aromatherapie in Erinnerung an das samstägliche Bad Ende der 1940er Jahre. Weitere jahreszeitliche Eifelduft-Impressionen werden von dem Geruch aus frisch gepflügten Feldern und glänzenden Schollen, dem süßlichen Raps in voller Blüte, dem Rosen-Bouquet, den Beeren- und Pilz-Aromen ausgelöst. Natürlich sind es auch Wohlgerüche der menschlichen Haut und der Haare, die man nicht vergisst. Von der schmerzhaften Lust, die Vergänglichkeit des Schönen festzuhalten, erzählt der Roman „Das Parfüm“ von Patrick Süskind. Das Eau de Cologne 4711, Lavendelseife und ein spezieller Wäscheduft führen mich ebenfalls weit zurück in Kindertage; es ist der Geruch, der an meine Großmutter und ihre Umgebung erinnert, da war ich daheim, wohlbehütet und geborgen. In China sagt man: „Blütenduft bringt das Lächeln zurück!“