Geschichten um unsere Hausmittel

(Batralsem-Tee /Wermut, Johanniskraut-Öl, essigsaure Tonerde und Co.)

Martha Neumetzler, Berndorf

Früher begab man sich nicht bei leichteren Verletzungen und Wehwehchen zum Arzt. Für solche Behandlungen standen deshalb in jedem Haushalt immer eigene Hausmittel bereit. In diesem Zusammenhang sind mir einige Geschichten in fester Erinnerung geblieben. Mit der Hygiene war es früher nicht so wie heute. Eine Toilette im Haus gab es nicht, dafür stand das Plumpsklo auf dem Hof. Toilettenpapier kannten wir auch nicht, dafür wurde die in Fetzen gerissene oder geschnittene Zeitung benutzt. Gespielt haben wir Kinder meist draußen, viel mit unseren Haustieren, Katze, Hund, Schafe, Hühner und Kälbchen. Weil wir so viel in der Natur waren und mit den Tieren umgingen, hatten wir auch öfters Spulwürmer, die Bauchweh und Juckreiz verursachten. Mutter wusste meist Rat und Abhilfe. Es gab eine Tasse “Batralsem-Tee“, den man schluckweise trinken und danach den Mund gut geschlossen halten musste. Er schmeckte scheußlich. Ein Trost war, Vater musste ihn auch trinken, wenn er Magenschmerzen hatte. Aber er half erfreulich gut! Batralsem-Tee bekamen auch die Kühe mit einer Flasche eingeschüttet, wenn sie sich verfressen hatten und nicht iddrigten (wiederkauten). Der Batralsem (Wermutkraut) wuchs wild in unserem Garten. Bei Magenschmerzen tranken die Erwachsenen gern ein Gläschen Aufgesetzten (selbst aufgesetzter Korn mit schwarzer Johannisbeere). Dieser Aufgesetzte stand gewöhnlich in Omas Zimmer auf der Fensterbank. Einmal wollte sich mein Onkel auch mal ein Gläschen genehmigen und wir Kinder erwischten ihn dabei, wie er prustend in Omas Zimmer stand und versuchte, alles auszuspucken. Er hatte die falsche Flasche erwischt. Seit Tagen standen nämlich dort auch zwei Flaschen mit Johanniskraut-Öl, das dort ziehen sollte. Das Johanniskraut hatten wir zuvor mit Oma gesammelt. Wir hatten nichts Eiligeres zu tun, als Oma zu erzählen, dass wir unseren Onkel erwischt hatten. Das Johanniskraut-Öl war doch für die Behandlung von Wunden und nicht zum Trinken! Johanniskrautöl verwende ich auch heute noch mit Vorliebe, weil es bei kleinen Wunden oder Schürfungen und auch Verbrennungen einen wunderbaren Heileffekt hat. Ein anderes Hausmittel ist die “Essigsaure Tonerde“, die besonders oft bei mir zur Anwendung kam. Bei der Heuernte musste ich auf die Gespannkühe aufpassen, damit Mutter nicht bei einem Anziehen vom Heuwagen fiel. Dabei stand ich vor den Kühen vor der Deichsel und vertrieb mit einem Blätterzweig den Kühen die lästigen Fliegen. Die Kühe bekamen mit einer Feder eine stark riechende schwarze Tinktur um die Augen aufgepinselt, was die Fliegen vertreiben sollte. Bei der Heuernte wurde ich oft an Armen und Beinen von Bremsen gestochen und hatte dann abends dicke Beulen. Mutter nahm dann ein in essigsaurer Tonerde getränktes Leinentuch und wickelte dies um die zerstochenen Körperteile und darüber noch ein Handtuch und so ging ich zu Bett. Morgens waren die Beulen meistens verschwunden. Bei nächster Gelegenheit empfanden die Bremsen mich wieder als besonderes Leckerle.