Mundartwettbewerb für Sechstklässler

Brigitte Bettscheider, Kelberg-Zermüllen

„Unsere Eltern sprechen platt mit uns“, sagt Verena Braden aus Dohm-Lammersdorf. Wen wundert’s, dass die Zwölfjährige beim Mundartwettbewerb für Sechstklässler am 21. Februar 2008 mit der Übersetzung und dem Vortrag einer Fabel im Dialekt ihres Heimatdorfs überzeugte und Kreissiegerin wurde. In der von Heinz Onnertz, „Landrot väm Krejs Vul-kaneefel“, unterzeichneten Urkunde steht, dass Verena Braden „os Mottersproch, et Eefeler Platt, äm besten us dem Hudejtsche iwersatt on jelese“ hat. Will heißen: Verena übertrug die Fabel aus dem Hochdeutschen in den Dialekt ihres Heimatdorfs und las diese Fassung beim Mundartwettbewerb in der Dauner Hauptschule vor – im Rahmenprogramm des Kreisentscheids des vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum 49. Mal veranstalteten Vorlesewettbewerbs der sechsten Klassen. „Ich war ziemlich aufgeregt, und deshalb war ich froh, dass ich als Erste an die Reihe kam“, erzählt Verena Braden. Dass sie als Beste von insgesamt neun Bewerbern übersetzt und gelesen hatte, sei für sie eine Überraschung gewesen, sagt die Zwölfjährige, die in Begleitung ihrer Mutter Maria-Christine Braden nach Daun gekommen war. Ihrer in Fleringen bei Prüm lebenden Großmutter mütterlicherseits habe sie die Neuigkeit am Telefon mit den Worten überbracht: „Oma, esch hann jewunnen!“ Henner Weber, Verenas Deutschlehrer am St. Matthias-Gymnasium in Gerolstein, hatte das sechste Schuljahr auf den Mundartwettbewerb aufmerksam gemacht. „Gemeinsam mit meinem Klassenkameraden Jonas Appelhans habe ich mich angemeldet“, sagt Verena Braden und berichtet, dass in ihrer Familie meistens Platt gesprochen werde. Voraussetzung für die Teilnahme an dem Mundartwettbewerb war, die Fabel „Die Stadtmaus und die Feldmaus“ in den Dialekt des Heimatdorfs zu übersetzen und aufzuschreiben. Am Wettbewerbstag war der Text vor Publikum und den Jurorinnen Wilma Herzog (Gerolstein) und Marianne Trappen (Bir-resborn) vorzutragen. Bewertet wurden die Verwendung echter alter Mundartwörter sowie der Klang beim Vortrag. Verena hatte mit Hilfe ihrer Mutter aus der Handvoll „Haffel“, aus Vorratskammer „Spennche“ und aus Überfluss „hoofeweis“ gemacht. Amtmann Thomas Hommelsen vom Kreisjugendamt, der den Wettbewerb organisiert hatte, betonte, dass die Etablierung des Mundartwettbewerbs „sehr erfreulich“ sei, da der Dialekt lange Zeit als minderwertige Sprachform betrachtet worden sei. „Aber Mundart ist kein schlechtes Deutsch, sondern die Ursprache der Ei-feler und damit ein wertvolles Kulturgut, das es zu bewahren gilt“, sagte er. Teilnehmer am Mundartwettbewerb der Sechstklässler: Jonas Appelhans (Lissendorf), Verena Braden (Dohm-Lam-mersdorf), Kai Breuer (Schönbach), Lara-Marie Gillen (Manderscheid), Yvonne Hockelmann (Bleckhausen), Nico Versnel (Densborn), Johannes Weber (Wollmerath), Hannah Wirtz (Birresborn) und Christian Thömmes (Weidenbach).

Vorlage von Wilma Herzog nach einer Fabel von Martin Luther:

Die Stadtmaus und die Feldmaus

Ein feines Stadtmäuschen spazierte einmal aufs Land hinaus. Unterwegs wurde es sehr hungrig, da traf es eine Feldmaus. Die sah direkt, was los war, und sagte: „Es hatte doch gerade Mittag geläutet, und bei mir steht Essen auf dem Tisch. Komm rein, es reicht für uns beide. Auf den Tisch kamen Gerste, Hafer und auch eine Handvoll Nüsse. Aber der Stadtmaus war das nicht gut genug, sie klagte: „Ach du lieber Gott, was musst du doch armselig hier auf dem Lande leben. Komm doch mit mir in die Stadt, da zeige ich dir, was wir dort alles haben.“ Die Feldmaus wollte das sehen und ging mit. Sie kamen in eine große Villa. Und in der Vorratskammer gab es Brot und Käse im Überfluss, da hingen Würste, Schinken und Speck. Verwundert rief die Landmaus: „Das hier ist ja das reinste Schlaraffenland!“ Und die Stadtmaus sagte: „Jetzt friss dich endlich mal satt an all den Leckereien.“ Im selben Moment hörten sie an der Tür das Geklapper von Schüsseln. Die Magd kam rein und schnitt ein paar Scheiben Brot und Käse ab. Als die Maus vom Land das große Messer blitzen sah, dachte sie, ihre letzte Stunde sei gekommen. Sie wusste keinen Rat und lief immer links und rechts um den Sauerkrauttopf. Die Stadtmaus aber saß in ihrem Versteck. Sobald die Magd fort war, sagte die Feldmaus: „Bleib du nur bei deinen Würsten und deinem Schinken hocken. Lass dich von der Magd und von den Katzen jagen. Ich gehe heim. Auf dem Land bin ich zufrieden mit meinem Hafer und der Gerste, denn auf dem Land lebe ich in Frieden.“ Verena Bradens Übertragung in den Dialekt von Dohm-Lammersdorf: De Stadtmous un de Feld-mous En schüng Stadtmous jeng es op et Doref. Op dem Wäch dohin jof sey hungerich un bejänt er Feldmous. Die soch der Mous den Honger an un sot: „Et hät jerad Mittich je-lout un bei mir steht et Ässen op dem Disch, komm rön, et jeht für bets dar.“ Et jof Jescht, Haawer un en Haffel Nüss. Awer der Stadtmous wor dat net joot jenuch, sey moult: „O sakratjiss, war bös dau doch en ärmes Looder. Jank möt mir ön de Stadt, da weisen ich dir es, wat et do alles jitt.“ Sujet Dolles wullt die Feldmous sehn un se moochen sich op de Wäch. Sey komen an en doll Hous. Im Spennche loo-chen hoofeweis Bruut un Kääs. An der Wand hen-ge Wüüscht, Schönk on durchwassene Späck. Doot die Landmous kreech: „Dat hey ös ja doller als wie bey oos op der Kirmes!“ Un die Stadtmous minnt: „Jetz fress dich es satt an all dem jode Jeschier!“ En dem Moment rappelt et für der Dür. De Moodt kom möt er Schöttel ren un schnitt Bruut un Kääs aaf. Wie die Landmous dat schrooß Metzer sooch, däscht sey, et jing hir än de Kraare. Für louter Sorisch lief sey louter rond üm de Kappessteen. En deer Zäit sooß de Stadtmous ön hirem Lauch. Wie de Moodt fott wor, sot de Feldmous: „Bleif dou bei dinger Wu-uscht un dem Späck hutsche un looß disch von der Moodt oder der Katz holle. Esch john wier op ming Feld, do senn esch zufridde met mingem Haawer un der Jescht. Do han esch meng Rooh.“