Pittichdach auf der Löwenburg

Maria Aschemann, Gerolstein

Wenn Eifeler sich ihrer Geburtstage erinnerten, geschah das früher eher selten, meist aus amtlichen Gründen. Viel näher und wichtiger waren ihnen ihre Namenstage. Sie fühlten sich durch ihre traditionellen, hier in der Eifel früher verwendeten Vornamen verbunden mit dem entsprechenden Namenspatron, zumal manche dieser Namenstage wie St. Joseph, St. Matthias und St. Anna in der Kirche besonders festlichen durch eigene Lieder gefeiert wurden. Da färbte schon ein wenig Glanz auf ihre Eifeler Namensträger ab. Aber auch untereinander verband die Menschen der gleiche Vorname und es geschah nicht selten, dass sie ihren Namenstag gemeinsam feierten. Das taten auch mein Vater, Burch-Pitter (Peter Horsch), Koster-Pitter (Peter Breuer) und Mertes Pitter. Schon von Jugend auf wurde dieser Tag von den Drei gemeinsam begangen, auch als sie verheiratet waren und Familien hatten, Pittich-daach wurde jedes Jahr auf der Gerolsteiner Löwenburg gefeiert. Für die köstlichen Festessen, die uns anderen aber genau so gut mundeten, sorgte meine Mutter. Selbstverständlich begleitet vom „guten Trop-fen“, der die Stimmung hob, dass es immer fröhlicher wurde. Dabei wurde viel von früher erzählt, das Singen kam ebenfalls nicht zu kurz. Und so war es auch an jenem Pittichdaach, der mir so genau in Erinnerung blieb. Während meine Schwester Liesel und ich unsere Gäste bedienten, schob mein Bruder Franz-Josef Stalldienst. Unsere Kuh stand kurz vorm Kalben. Da setzte sich Koster Pitter ans Klavier und stimmte, wie alljährlich, das 5-strophige Lied an: „O ihr großen Kirchensäulen, Zierde der Apostelschar.“ Wir sangen alle mit, ob hinter dem Tresen oder in der Küche und hörten nicht nur die Klavierbegleitung sondern im Geiste das majestätische Orgelbrausen bei diesem Lobgesang au die Apostelfürsten Peter und Paul. Mitten im Gesang ging die Stubentür auf und FranzJosef kam herein, stolz das prächtige Kälbchen auf dem Arm. Das war ein Jubel! Sofort wurde das Neugeborene „Paul“ getauft. Beim darauffolgenden Pit-tichdaach brachte Peter Mertes ein selbstverfasstes Gedicht mit. Das wollte Koster Pitter vertonen. Dazu kam er nicht mehr, er starb 1972 und ein Jahr später Peter Mertes. Beim nächsten Pittichdaach saß mein Vater mit uns zusammen. Er - wir alle - gedachten seiner Freunde. Da stand er auf und kam mit dem Gedicht von Peter Mertes wieder, das er bewegt vortrug:

De Glocken han su schiin jelout,
de Stuff on Stroß sen blank jebotzt:
De Legg, die han sesch staats jemach:
Denn heck os Pittichdaach.

De Besch on Flur stohn trächdich schreen:
Om Jaade bleht de Heck, de Ruus,
de Guguck reeft äm Lenebaach:
„Hirt! Heck os Pittichdaach:

On op dr Burch, do han sech wier
drej Pitt´re - wie on jiddem Johr -
jetroof ze feierlicher Saach:
Zo hirrem Pittichdaach.

Us Kesch on Keller treet herbej
oos Kätche louter Schmous on Brous.
Et Faaste wär jo och vermaach
heck op d´n Pittichdaach.

On mot d´n Gratulant´n all,
die oos erfreut mot jode Wensch,
Do fejre mir will Nammensdaach,
heck op de Pittichdaach.

Mir tronke, songe, spille fruh,
verjäße Nuut on Sorch on Meh,
verscheische Trouer, Leed on Plaach,
heck op de Pittichdaach.

Sulang mir drej sen op d´r Welt,
on enjiermoße noch ze Fooß,
Ka ku´ wat wellt, - ´t os aafjemaach -
mir fejre Pittichdaach.

Wehmütig sagte Vater: „Vän os Drejen setzen esch ewill noch alleen hej!“
Wir hatten aber das große Glück, mit Vater und Mutter Pittichdaach noch 23 Jahre gemeinsam zu feiern.
In unseren Gedanken waren die beiden anderen Pitter jedes Mal mit dabei.