Auf zu neuen Ufern

Die Entwicklung der gymnasialen Bildung in der Vulkaneifel am Beispiel des Thomas-Morus-Gymnasiums in Daun

Schon lange bevor Prof. Ralf Dahrendorf in seinem bahnbrechendem Buch „Bildung ist Bürgerrecht“ (1965) die Abschöpfung von Begabungen auch in ländlichen Regionen Deutschlands forderte, wurde im Jahre 1958 mitten in der Vulkaneifel das Staatliche Aufbaugymnasium Daun gegründet. Man war gewissermaßen seiner Zeit voraus. Dieses Gymnasium sollte begabte Volksschüler nach der 8. Klasse, später auch schon nach der 7. Klasse

aufnehmen und sie in fünf bzw. sechs Jahren zum Abitur führen, um ihnen so die Möglichkeit zu einem Studium und damit zu höheren Berufen zu eröffnen. Der Schule war ein Internat angegliedert, in dem auswärtige Schüler zu sehr günstigen Bedingungen untergebracht werden konnten. Hierbei wäre zu erwähnen, dass damals die Verkehrsinfrastruktur bei weitem noch nicht der heutigen entsprach, und somit der tägliche Besuch einer höheren Schule

für viele Schüler schon allein aufgrund der Entfernungen zwischen Wohnort und Schule nicht möglich war, es sei denn, es bestanden Unterbringungsmöglichkeiten am Schulstandort.

In den folgenden Jahren entwickelte sich aus der anfangs nur eine Klasse umfassenden Aufbauschule (44 Schüler) ein vollausgebautes Gymnasium mit den Jahrgangsstufen 5 bis 13. Allerdings erhielt die Schule, welche ab 1975 den Namen Thomas-Morus-

Gymnasium (TMG) tragen durfte (Thomas Morus war ein englischer Humanist und Widersacher Heinrich des VIII., der ihn enthaupten ließ), erst 1979 mit den Klassen 5 und 6 eine schulinterne Orientierungsstufe, nachdem der Schulversuch einer gemeinsamen Orientierungsstufe von Gymnasium, Realschule und Hauptschule ad acta gelegt worden war.

Bereits 1962 war in unmittelbarer Nachbarschaft ein zweites Dauner Gymnasium, das heutige Geschwister-Scholl-Gymnasium (GSG) gegründet worden. Da Konkurrenz bekanntlich das Geschäft belebt, versuchte jede dieser beiden Schulen ein eigenes unverwechselbares Profil zu erwerben, um den Eltern so eine echte Alternative anbieten zu können. So galt das TMG in den Anfangsjahren als das „pädagogischere und zugleich konservativere“ Gymnasium, während dem GSG der Ruf anhaftete, die vielleicht „intellektuellere und progressivere“ Schule zu sein. Dies hinderte beide Gymnasien jedoch nicht daran, zum beiderseitigem Vorteil die sich aus dieser Konstellation ergebenden vielfältigen Möglichkeiten einer schulübergreifenden Kooperation zu nutzen.

Lösung von Problemen

Gerade in der Zeit des Aufbaus der Schule war im Sinne eines Umbruches und einer Weiterentwicklung der Bildungslandschaft so manches Problem zu lösen und manches Hindernis zu beseitigen. Dies verlangte nach einer

starken Schulleiterpersönlichkeit, die man in dem ersten Direktor des neugegründeten Gymnasiums, Dr. Eberhard Pfeiffer (Schulleiter von 1959 bis 1976), zweifellos fand. Neben organisatorischem Geschick, Durchsetzungskraft und Weitblick verfügte Dr. Pfeiffer aufgrund seines Engagements im kommunalpolitischen und kirchlichen Bereich über zahlreiche Kontakte zu Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die er zum Wohle seiner Schule zu nutzen wusste. Insgesamt spiegelte der Führungsstil des ersten Schulleiters sicherlich die damals zumindest in ländlichen Regionen noch vorherrschenden Auffassungen von Pflicht und Moral wider. Sein Gymnasium führte Dr. Pfeiffer mit starker Hand, war jedoch auch immer auf eine gute Kooperation mit dem Kollegium und der Elternschaft bedacht. Von den Schülern forderte er geistige und körperliche Disziplin und ermunterte sie zu sachlicher Mitarbeit, ohne sie durch Kompetenzen, die ihre Grenzen sprengten, zu überfordern.

Unter seinem zweiten Direktor Franz-Josef Bentler (Schulleiter von 1977 bis 1982), erlebte das TMG eine Phase der inneren Konsolidierung. Angesichts einer bundesweit geführten Strukturdebatte in den auch bildungspolitisch turbulenten 1970-er Jahren, in der die verschiedensten integrativen Schulmodelle diskutiert und teilweise erprobt wurden (zum Beispiel: Kooperative

Gesamtschule und Regionaler Verbund) war es ihm wichtig, die Eigenständigkeit seiner Schulform Gymnasium zu stärken. Außerdem war er bestrebt, das in der öffentlichen Wahrnehmung hier und da immer noch bestehende Prestigedefizit des ehemaligen Aufbaugymnasiums gegenüber dem „richtigen“ Gymnasium, dem benachbarten GSG, abzubauen. Zu diesem Zweck galt seine besondere Aufmerksamkeit dem Fremdsprachenunterricht. Im Sinne eines humanistischen Bildungsniveaus konnten die Schüler ein paar Jahre lang Latein als erste Fremdsprache und fakultativ sogar Griechisch erlernen. Dies bedeutete allerdings ein Affront gegen alle integrativen Schulmodelle, welche insbesondere von „linken“ Kräften im Lande favorisiert wurden. Außerdem konnten Schüler mit Latein als erster Fremdsprache nur mit erheblichen Problemen an eine Realschule (Englisch ab Klasse 5!) oder etwa bei einem Wohnortwechsel der Eltern an ein anderes Gymnasium mit Englisch als erster Fremdsprache wechseln. Folglich kehrte man später wieder zu der bewährten Sprachenfolge: Englisch in Klasse 5 und wahlweise Latein bzw. Französisch in Klasse 7 zurück. Daneben wurden jedoch in der Ära Bentler auch die musischen Fächer und die Leibeserziehung als Gegengewicht zu Medienverwahrlosung und Drogenkonsum besonders gefördert.

Progressive Schulentwicklung

Nach der auf eigenen Wunsch erfolgten Versetzung von Herrn Bentler - ihm wurde die Schulleitung eines Gymnasiums seiner alten Heimatstadt im Westerwald angeboten - begann mit dem nunmehr dritten Schulleiter, Herrn Rößler (Schulleiter von 1983 bis 2007), die bisher längste und wohl auch in vielerlei Hinsicht nachhaltigste Phase der Schulentwicklung. Der Nachkriegsgeneration angehörend verfolgte der „Neue“ nunmehr andere, „progres-sivere“ Ziele. Die Schule begann sich deutlich zu verändern, denn ein „liberaler Geist“ durchwehte plötzlich die langen Schulflure. Dieser Paradigmenwechsel zeigte sich insbesondere darin, dass außerunterrichtliche Aktivitäten einen höheren Stellenwert erhielten. Es war die Überzeugung des neuen Schulleiters, dass ein Gymnasium neben der eigentlichen unterrichtlichen Arbeit auch zunehmend eine gesellschaftsintegrierende Aufgabe wahrzunehmen habe. So konnten bereits bestehende Arbeitsgemeinschaften und Schulpartnerschaften (allen voran die langjährige Partnerschaft mit einer polnischen Schule in Jelenia Go-ra, früher Hirschberg) seiner besonderen Aufmerksamkeit sicher sein und es wurden schrittweise weitere Arbeitsgemeinschaften (Radio Radau, Theater-AG, Multimedia-AG usw.) und Partnerschaften mit ausländischen Schulen (Frankreich, USA usw.) gegründet. Zahlreiche Projekte,

Schulfeste und immer wieder Fortbildungen forderten die Leistungsbereitschaft aller Beteiligten ein ums andere Mal heraus.

Selbst mit einem scharfen Intellekt, Überzeugungskraft und einer besonderen Gabe für Kommunikation ausgestattet, gelang es Oberstudiendirektor Rößler, dem Thomas-Morus-Gymnasium, dessen eigenständiges Fortbestehen neben dem zweiten in Daun existierenden Gymnasium in der Vergangenheit immer wieder diskutiert und in Frage gestellt worden war, zu einem besonderen Stellenwert auch in der öffentlichen Wahrnehmung zu verhelfen. So wurde beispielweise das Modell „Vorgezogene Fremd-sprachen“ für besonders sprachbegabte Kinder (Englisch ab Klasse 5, Französisch ab Klasse 6, Latein ab Klasse 8) Anfang der 90er Jahre in die Tat umgesetzt. Im Jahre 2006 kam es zur Einrichtung eines Sportzweiges an der Schule. Schüler, welche sich für diesen Zweig entschieden hatten, bekamen wöchentlich zusätzlich zu den bisherigen drei Wochenstunden Sport zwei weitere Sportstunden erteilt, ganz nach der Devise des altrömischen Dichters Juvenal: Mens sana in corpore sano! (In einem gesunden Körper möge auch ein gesunder Geist wohnen!) Sportler der Schule hatten jedoch auch schon vorher im Regierungsbezirk sowie landes- und sogar bundesweit zahlreiche Erfolge errungen. Außerdem sorgten in all den vergangenen Jahren immer

wieder gutbesuchte Theateraufführungen und Musikdarbietungen überregional für besondere Anerkennung und die Schülerzeitung „Der Klecks“ erlangte aufgrund ihrer zahlreichen Prämierungen im Lande Rheinland-Pfalz Kultstatus. Das seit über einem Jahrzehnt am TMG bestehende Wirtschaftsprojekt sorgte dafür, dass ein durch den herkömmlichen Fächerkanon nur stiefmütterlich abgedecktes Wissensgebiet in die Schule Eingang erhielt, indem hier Oberstufenschüler die wirtschaftlichen Grundlagen unseres Lebens mit seinem im weltweiten Maßstab beachtlichen und keineswegs selbstverständlichen Lebensstandard erfahren und aktiv erarbeiten konnten. Kurzum, die von Bildungspolitikern immer wieder geforderte Öffnung der Schule nach außen wurde hier geradezu beispielhaft vollzogen. Auch in der engen räumlichen Verzahnung von Schule, Kreisbibliothek, Medienzentrum des Kreises Daun, dem lokalem TV-Sender „Offener Kanal“ und dem der Lehrerfortbildung dienendem „Pädagogischen Zen-trum“ wurde dieser Wandel für jedermann sichtbar. Die Ansiedlung dieser weiteren pädagogisch relevanten Institutionen auf dem Schulgelände (Stichwort: „Campusatmo-sphäre“ nach amerikanischem Vorbild) hatte sich schon deshalb angeboten, weil das ehemalige Internat des TMG 1983 aufgrund inzwischen mangelnder Nachfrage nach Internatsplätzen seine Pforten

geschlossen hatte und die nun leerstehenden Internatsgebäude einer sinnvollen Nutzung zugeführt werden sollten.

Hin zur europäischen Angleichung

Mittlerweile hat das Thomas-Morus-Gymnasium nach der Pensionierung von Herrn Rößler wiederum einen neuen „Chef“. Zum nunmehr vierten Schulleiter des Gymnasiums wurde der langjährige, bewährte „zweite Mann“, Herr Bürkle, bestellt (ab 2007). Von ihm wird die bereits in der Ära Rößler eingeleitete Umwandlung des ehemals neunjährigen und nach Vorziehen des Abiturs ab dem Jahr 2003 gegenwärtig nur noch achteinhalbjährigen Halbtagsgymnasiums in ein

achtjährige Ganztagsgymnasium für alle Schüler energisch vorangetrieben. (Anm.: die Oberstufenschüler hatten bereits schon vorher - spätestens seit der Installation der Mainzer Studienstufe in seiner heutigen Form im Jahre 1999 - mit der Auflösung der Klassenverbände und der Einführung eines Kurssystems Nachmittagsunterricht erteilt bekommen.) Im Rahmen der europäischen Angleichung der Schulsysteme und insbesondere in einer Zeit, in der auch die meisten Mütter einer außerhäuslichen Arbeit nachgehen, wird dieser Weg von immer mehr Schulen eingeschlagen. Der in die Zukunft gerichteten Denkweise der Schulleitung entsprach es, dass das TMG als eines der ersten Gymnasien im

Land Rheinland-Pfalz diesen Schritt wagte. Obgleich noch immer heftig diskutiert wird, ob eine solche die Schullandschaft grundlegend verändernde Weichenstellung letztendlich der Bildung des jungen Menschen und den Bedürfnissen von Heranwachsenden entspricht, wird - auch aus der Sicht des Autors dieses Beitrages - aus den genannten Gründen die Zukunft sicherlich dieser neuen Schulart gehören. Mittlerweile zeigen sich nicht nur im Bereich der Gymnasien, sondern in der gesamten Schullandschaft einschneidende Veränderungen. Immer mehr Gesamtschulen werden gegründet, Hauptschulen und Realschulen werden in Zukunft unter einem Dach zusammengefasst. Ob diese

Daun, Burg Kerpen mit ihrem zinnenbekrönten quadratischen Turm als typisches Kennzeichen, die Wasserburg Lissingen, die sagenumwobene Burg Freudenkoppe bei Neroth, Turm- und Mauerreste der Burg Densborn und Schloss Oberehe mit seiner interessanten Torburg. Noch vieles andere hat der Landkreis Vulkaneifel zu bieten, wie z. B. die Eishöhlen bei Birresborn, die Buchenlochhöhle und andere bei Gerolstein, das reizende Städtchen Hillesheim mit seiner historischen Stadtmauer und der schönen Martinskirche, in der sich ebenfalls eine wertvolle barocke StummOrgel befindet, die „Brubbel“ in Wallenborn mit ihrer regelmäßig aufsteigenden Mineralwasserfontäne, den

Dronketurm auf der Höhe vom Weinfeldermaar mit seiner herrlichen Fernsicht über das Eifelland und die Sternwarte auf dem „Hohen List“ bei Schalkenmehren. Nicht vergessen werden darf der „Wild- und Freizeitpark“ bei Daun – Pützborn, den man auf einer ca. 10 km langen Autostraße durchfahren und dabei die verschiedensten Wildarten, vom Rot- und Schwarzwild bis zum Damwild und den Berberaffen beobachten kann. Wie attraktiv sich unser Landkreis Vulkaneifel in der Öffentlichkeit darstellt, zeigt nicht zuletzt der mitten durch den Kreis führende „Eifel-steig“ von Aachen nach Trier. Wahrhaftig - wir können stolz sein auf unseren schönen Landkreis Vulkaneifel.