„Haustüren sind wie ein Händedruck“

Türen und Fenster - „Augen des Hauses“

Joachim Schröder, Pronsfeld

„Augen der Häuser“ nannte man in der Eifel die zahlreichen Öffnungen, die eine Hausfassade gliederten. Seiner Eingangstür widmete der Hausherr die besondere Aufmerksamkeit: Sie war das „Willkommen“, der „Hände-druck“. „An dieser Schwelle wurde unterschieden zwi-

„Moderne Haustüren sind oft stumm und anonym, meistens sogar verschlossen - früher waren sie eine Einladung“, schrieb Autor Dieter Weiland 1984 in seiner viel beachteten Broschüre „Wohnen und Bewahren auf dem Land“. Vieles hat sich in den letzten Jahrzehnten geändert - auch in der Eifeler Kulturlandschaft. Alutüren, Thujahecken, Palisadenzaun und Glasbausteine: Das Gesicht vieler Häuser hat sich grundlegend verwandelt. Kein Wunder allerdings, wenn man heute in erster Linie an Sicherheit denken muss - früher folgte man eher den Grundsätzen von Schönheit und „artgerechter“ Bauweise.

“Diese Tür galt als praktisch, sie ließ das Federvieh draußen und die Kleinkinder drinnen“, erinnert sich der 80jährige Peter Schröder. Außerdem zogen Luft und Licht in die Wohnküche. „Je nach Zeitgeschmack, Handwerkskunst und Finanzen war die Eingangstür dekorativ, repräsentativ oder schlicht“, sagt Schröder. An diesem Ort fand viel Kommunikation statt -von drinnen nach draußen und umgekehrt. „Klöhnen“ war in Zeiten ohne Fernsehen eine gerne gepflegte „Übung“.

Dieter Brungs hat das alte Bauernhaus („Comes-Hof“) in Lierfeld bei Lünebach von 1996 bis 1999 grundlegend

schen dem häuslichen Frieden und der Lautstärke der Straße“, sagte vor 20 Jahren eine Referentin aus Bitburg anlässlich einer Info-Veranstaltung.

Früher gab es die zweigeteilte „Schladertür“, auch „Klöhn-tür“ genannt. Oberteil und „Gatter“ konnten getrennt voneinander geöffnet werden.

Spruch

Naht das Glück sich deinem Haus, fang‘s und halt‘s und lass‘s net aus.

Segensspruch

So oft ich durchgeh durch die Tür, erinner ich mich für und für, dass du, o Heiland Jesus Christ, die rechte Tür zum Himmel bist.

saniert. Die Sandsteintreppe ist abgenutzt, eine Taken-platte schmückt den Eingang und neun Fenster zieren die hübsche Fassade des 1734 erbauten Bauernhauses. „Die Haustür ist leider nicht im Original erhalten“, sagt Dieter Brungs, der in der zehnten Generation das Haus als Ferienwohnung nutzt. „Dagegen haben wir im inneren uralte Türen, die älteste ist über 500 Jahre alt“, so der stolze Besitzer. „Im 15. Jahrhundert diente das Areal als Jagd-schloss der Grafen von Vi-anden, im heutigen Hofraum standen die Schmiede, das Backhaus und ein Pferde-stall“, weiß Dieter Brungs. Jedes alte Haus hatte ein „Gesicht“, eine Fassade. „Diese Seite lebte von einem gewissen Rhythmus, von der Zahl und Proportion der Fenster“, sagt er. Höhe, Breite, Einteilung der Sprossen und der Fensterkreuze gehörte zur Ordnung und Schönheit. Brungs: „Fenster übers Eck - das gab dem Haus Leben und Farbe“. „In dem einen Fensterpaar sahen die Bewohner die Sonne aufgehen und gegen Mittag in die anderen

Fenster ziehen, so wanderte das Licht durchs Haus“, sagt Peter Schröder. Viele Details am Gebäude waren recht einfach - und doch genial. „Früher hatten die Häuser ein freundliches Gesicht, heute sind aus diesen Gesichtern oftmals Gri-

massen geworden“, schreibt Dieter Weiland kritisch zum heutigen Hausbild auf dem Lande. Seine Arbeit, die vor 20 Jahren vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz herausgegeben wurde, sorgte für einen nachhaltigen Denkimpuls - auch in der Eifel.

Die Kulturlandschaft im ländlichen Raum ist von den Straßen, Wegen und Gärten und vor allem von den Häusern geprägt. Der Einklang von Landschaft, Haus, Dorf und Mensch bestimmte den Erholungswert und die Lebensqualität. Leider ist schon viel zu viel verloren gegangen. Leerstände allenthalben - auch und gerade auf dem flachen Land.