Spaziergang durch Wallenborn

Gertrud Margarete Morsink, Landscheid

Im Frühjahr 2008 machten meine Schwestern und ich einen Rundgang durch unser Heimatdorf Wallenborn. Wir wollten die kleinen Gassen, Ecken und die Häuser unserer Jugend wieder sehen, einfach unser Dorf neu entdecken nach dem Motto „Wallenborn im Wandel der Zeit“. Aus unserer Kinder- und Jugendzeit war nicht mehr viel vorhanden. Von den Menschen, die früher hier lebten, gibt es nur noch wenige, die Häuser stehen noch, die meisten gepflegt, viele mit Blumen und kleinen Vorgärten. Von der Landwirtschaft, die damals lebensnotwendig war, ist nichts mehr zu sehen. Im Dorf ist nur noch ein landwirtschaftlicher Betrieb, der voll bewirtschaftet wird. Alle Zuwege sind geteert oder gepflastert, offene Abflüsse oder Pfützen kennt man nicht mehr. Fast vor jedem Haus standen ein oder mehrere Autos. Ein gutes Zeichen für Wohlergehen. Alle Menschen in unserm Land, auch in der kleinsten abgelegenen Gemeinde, haben in der heutigen Zeit die Möglichkeit, einen Beruf zu erlernen, der Freude macht. Mit Können, Wissen und Fleiß steht ihnen die ganze Welt offen. In den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts mussten Kinder oft nach der Volksschule ihr gewohntes Umfeld verlassen und als Arbeitskraft zu fremden Men-

schen gehen. Wie es ihnen erging, wie sie sich fühlten, danach wurde nicht gefragt. Gott sei Dank, dass diese Zeit vorbei ist. Erst jetzt sieht man, wie viel Leistungs- und Wirkungsfähigkeit in den Eifelgemeinden stecken, wie viele arbeitsame, fleißige, tüchtige und zuverlässige Menschen in den Dorfern und Umfeld leben und arbeiten. Es ist eine Freude zu sehen, dass es den Menschen gut geht.

Nur eines macht mich traurig, der alte Ortskern ist fast unbewohnt. Nur noch wenige Menschen leben hier, meistens Alte und Alleinstehende. Häuser stehen leer oder sind verkauft; sie zu renovieren und den heutigen Wohnverhältnissen anzupassen, ist oft teurer als ein Neubau, zumal die Bausubstanz der alten Gebäude meistens zu wünschen übrig lässt. Kinder sind keine da, kein Laufen, Spielen, Schreien, kein Lachen, kein Weinen, der Dorfkern entvölkert, schade. Das ist nicht nur für Wallenborn ein Problem, das ist in fast allen Dorfern und Städten so, nicht nur in der Eifel. Das heißt nicht, dass weniger Menschen dort leben. Im Gegenteil, in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts hatte Wallenborn 430 -450 Einwohner, heute zählt die Gemeinde 530, fast hundert mehr als damals, ein stolzer

Zuwachs der Bevölkerung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden mehr neue Häuser an den Dorfrändern gebaut als alte vorhanden waren. Die ganze Lage des Ortes hat sich verschoben. Besonders in Richtung Brubbel, Sportplatz, Kinderspielplatz, Schule und Mehrzweckhalle haben viele junge Familien gebaut. Kinder sind dort, Leben ist da. Die Wohnungen sind größer, besser, nicht mehr so beengt wie früher.

Damals bewirtschaftete fast jede Familie eine kleine Landwirtschaft. Alt und Jung lebten zusammen in einem Haushalt, nicht immer zum Wohle der Bewohner. Miteinander ist gut, aber etwas Abstand und Eigenleben fördern dennoch die Friedfertigkeit. Die jungen Leute sind finanziell nicht mehr so abhängig von den Alten wie früher. Fast jeder hat einen Beruf, viele Frauen verdienen ihr eignes Geld, sind dadurch unabhängig und mitverantwortlich für das Wohlergehen ihrer Familie. Das heißt nicht, dass die Alten abgeschrieben sind. Die Großeltern werden für die Aufsicht und Versorgung der Kinder dringend gebraucht, ohne sie müsste wenigstens ein Elternteil zeitweise daheim bleiben. Vorteile hat die ganze Familie: Eltern können in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen, Großeltern und Enkel haben viel Freude und Spaß miteinander.

Besonders gut gefällt mir in Wallenborn das friedliche Miteinander, der Zusammenhalt beim Feiern von Festen, der Umgang mit alten Menschen; jeder im Dorf weiß, wie es den Alten gesundheitlich geht, ob Lebensmittel oder sonst etwas fehlen. Jeder kennt jeden, jeder hilft, wenn

es nötig ist, und über die Neuigkeiten im Dorf wissen sie bestens Bescheid. Ich finde es gut, dass die alten Menschen, so lange wie möglich, die letzten Jahre ihres Lebens in den eignen vier Wänden und in ihrer gewohnten Umgebung verbringen. Hier sind sie nie ganz allein und ver-

gessen, auch wenn es manchmal nicht einfach ist. Für mich war und ist es immer noch eine Freude, die Herzlichkeit der WalIenborner Menschen zu erfahren, die allen Heimkehrenden entgegen gebracht wird. Man fühlt sich nie fremd, immer willkommen, und das ist schön.