Das Eifelschwein

Willi Heinrichs, Kopp

Die nachfolgende Geschichte hat sich so am Osterdienstag 1970 zugetragen:

Wir - meine Frau, unser dreijähriger Sohn und ich - hatten die Karwoche und die Ostertage in der Vulkan-eifel in einem kleinen Hotel, zu dem ein Bauernhof und eine Getreidemühle gehörten, verbracht. Es waren herrliche Urlaubstage mit langen

Wanderungen durch eine Bilderbuchlandschaft, mit sehr gutem Essen und Trinken und gemütlichen Abenden in der Wirtsstube.

Karfreitag teilte uns der Hotel-Bauer/Müller mit, dass am Karsamstag mehrere Schweine geschlachtet würden und bot uns an, ihm doch ein halbes Schwein abzukaufen. Über den Preis würde man sich bestimmt

einigen können. - Nach kurzer Überlegung nahmen wir das Angebot an, machten aber zur Bedingung, dass die Schweinehälfte in handliche Portionen zu zerlegen, in Plastikbeutel zu verpacken und bis zu unserer Abreise am Tage nach Ostern in der hoteleigenen Tiefkühltruhe aufzubewahren sei. - Alles lief wie geplant ab. Am Dienstag nach Ostern - es

war ein herrlicher, relativ warmer Frühlingstag - wurden morgens beizeiten die rund fünfzig Plastikbeutel mit dem tiefgefrorenen Schweinefleisch sorgfältigst im Kofferraum unseres schon etwas älteren VW-Käfers (also vorne im Fahrzeug) verstaut. Die Rückreise Richtung Köln/ Düsseldorf konnte beginnen. Das Thermometer zeigte 25 Grad C. an.

Zunächst verlief die Fahrt über die damals recht holprige B 51 problemlos. Wir rechneten uns aus, mit unserer tiefgefrorenen Fleischladung gegen Mittag zu Hause zu sein.

Doch dann passierte es: An der ersten Ampel in Brühl riss der Kupplungszug. Wir schoben den Wagen um die Ecke, und ich rannte zu der nächstgelegenen VW-Reparaturwerkstätte. Man gab mir

einen sachkundigen Helfer mit, der den Wagen auch ohne Inanspruchnahme des Kupplungszuges in die Werkstatt fahren konnte. Die Dame an der Reparaturannahme war ziemlich barsch. Sie zeigte mir durch das Werkstattfenster, dass alle Hebebühnen besetzt sind und meinte, ich solle doch in vier bis fünf Stunden wiederkommen. Diese Mitteilung versetzte mich natürlich in Panik, musste ich doch unentwegt an das tiefgefrorene Fleisch im VW-Kofferraum und an die recht hohe Außentemperatur von ca. 25 Grad C. denken.

Bestimmt ganz ohne Hintergedanken sagte ich der Dame an der Reparaturannahme, dass ich keine vier bis fünf Stunden warten könne. Das Schwein, das in meinem Auto ist, würde mir weglaufen. Ich

habe es wohl unterlassen, ihr zu sagen, dass das Schweinefleisch auftauen und „weg-laufen“ könnte. Auch 1970 gab es schon Tierfreunde! Innerhalb von wenigen Minuten wurde eine Hebebühne für unseren VW zur Verfügung gestellt. Die sofort vorgenommene Reparatur dauerte keine halbe Stunde. An der Kasse hatte die Reparaturannahme-Dame Aufstellung genommen und fragte interessiert: „Was haben Sie denn in der Zwischenzeit mit dem Schwein gemacht? War Ihre Familie mit dem armen Tier in dem benachbarten Park spazieren?“

Nachdem ich die Sache aufgeklärt hatte, brach ein lautes Gelächter los. - Bei dem Verzehr des Schweinefleisches mussten wir immer an diese Begebenheit denken.