Die Zentrifuge

Gibt´s jemand, der noch eine Zentrifuge kennt?

Ein Gerät, das Milch und Sahne trennt,

früher kannte sie jedermann.

Sie war handbetrieben und klingelte leicht,

bis sie die richtige Drehzahl erreicht,

und das Entrahmen begann.

Eine Messingtrommel war das Herzstück darin,

ohne sie machte das Ganze keinen Sinn,

und es funktionierte nicht.

Dann kamen die Kriegs- und Nachkriegsjahr,

da so gut wie alles verboten war,

und es gab eine Abgabepflicht.

Eines Tages sprach der Lehrer: „Kinder, ihr wisst, dass Entrahmen und Buttern verboten ist.

Und damit das nicht wieder passiert, bringt ihr morgen früh, um was ich bitt´, eure Zentrifugentrommeln mit, sie werden hier deponiert.

Mein Vater hat kurz und zornig gelacht: „Das haben die sich fein ausgedacht.

Doch halt, so müsste es geh´n!“ „Aber die Butter“, mir sank mein Kindermut, „und die Buttermilch, die ist immer so gut.“

„Nun lass das Jammern, wir werden seh´n!“

Doch kennt man sich noch in „Damals“ aus, da weiß man, Butter war selten im Haus, es sei denn als Tauschobjekt.

Auf unserem Brot war meistens Schmalz, dünn bestreut mit Zucker oder mit Salz, es hat auch nicht immer geschmeckt.

Auf dem Speicher dann, unter allerlei Kram,

eine ganz alte Trommel zum Vorschein kam,

sie wurde gesäubert, poliert.

„Nimm die mit“, sprach Vater, „und sie still,

weil die Welt betrogen werden will.“

So bin ich damit zur Schule marschiert.

Oft denk´ ich, heut´ wirft man alles weg und brauchte es später für manchen Zweck, man sieht es am vorliegenden Fall.

Nun stellten wir die Zentrifugenklingel leis´, dass niemand von verbotenen Taten weiß, denn große Ohren gab´s überall.

Dann bekamen wir eines Tages im Mai,

das „Tausendjährige Reich“ war gerade vorbei,

vom Schulspeicher die Trommeln zurück.

Die Zentrifugenklingel ward wieder laut gestellt,

so normalisierte sich die Welt.

Wär´s für immer, das wäre Glück.

Thekla Heinzen, Feusdorf