Hillesheims ehemaliger „neuer“ Bahnhof

Felicitas Schulz, Hillesheim

Der Bahnhof war einst der ganze Stolz der Bevölkerung, und nicht nur Kinder liefen mehrmals am Tag die schnurgerade führende Straße hinauf, um die neue Errungenschaft zu bestaunen und anschließend unten im Ort gar wundersame Dinge zu berichten. Bei der Eröffnung am 1. Juli 1912 und dem Festmahl im Bürgermeisteramt betonte der Kölner Eisenbahndirektionspräsident vor Ehrengästen, dass die Bedeutung des glücklich vollendeten Werkes zum Heil und Segen der Bewohner sei und schloss mit einem Hoch auf den Kaiser, den Förderer des technischen Fortschrittes. Als nach langjährigen Verhandlungen 1909 die landesherrliche Genehmigung zum Bau der zweigleisigen Strecke Dümpelfeld – Hillesheim - Lissendorf eintraf, schritten die Bauarbeiten zügig voran. Die 12,3 km lange zusätzliche Verbin-

dungsstrecke von Hillesheim nach Gerolstein ermöglichte ab 1912 eine durchgängige Fahrt von Remagen durch das Ahrtal zur Kyll, mit An-schluss zur Hauptstrecke Köln- Trier. Wirtschaftliche und militärische Interessen sollen den Ausbau bestimmt haben, wie auch schon bei der Eifelbahnstrecke Köln- Trier. Diese wurde am 18. November 1870 zwischen Kall und Gerolstein mit Stationen u.a. in Jünkerath und Hillesheim-Oberbettingen, mit einem Zug morgens und abends in jeder Richtung, eröffnet. Der traditionelle Hillesheimer Vieh-und Marktort war bisher nur zu Fuß oder mit Postkutschen zu erreichen, und so mancher ließ im Sommer 1912 beim ersten Herannahen des Zuges die Sense oder Heugabel ruhen und sah teils erstaunt oder befremdet dem „Dampf-ross“ nach. Der Oberpräsident der Rheinprovinz hatte für

Hillesheim einen Bahnhof mit Kneipe und Güterschuppen vorgesehen. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatte der Ort über 1400 Einwohner und vierzehn Kneipen, die alle sich nicht über mangelnden Umsatz beklagten. Oftmals soll die Begeisterung über den neuen Bahnhof in den Wartesälen der ersten und zweiten Klasse mit separatem Bierausschank sich mehrere Stunden hingezogen haben, denn die Kneipe mit Imbissausgabe war besonders an den Sonn- und Feiertagen ein begehrter Treffpunkt. Täglich hielten an dem Knotenpunkt bis zu sechsmal gleichzeitig drei Züge, die das Umsteigen nach Jünkerath, Gerolstein und Dümpelfeld ermöglichten. Sommerfrischler aus dem Kölner Raum nutzen die optimale Verbindung, und oft trottete eine Pferdekutsche vom Hotel Fasen den Berg zum Bahnhof hinauf und

holte Gäste und Gepäck ab. Vor dem Zweiten Weltkrieg erfolgte die Auslieferung der Bahnfracht mit einem von Pferden oder Ochsen gezogenen Ackerwagen, den man wegen seiner Eisenbereifung eher hörte, als er zu sehen war. Ältere Hillesheimer entsinnen sich noch vor Ausbruch des Krieges an den Kurzbesuch von Adolf Hitler, der zur Besichtigung des Westwalles mit seinem Sonderzug an der großen Rampe zwischen Bahnhof und Sägewerk Schlösser für einige Tage Station machte. Die mitgeführten Autos brachten ihn und seine Militärs zu den Abschnitten der BefestigungsLinie. Das Bahnhofsgelände war großräumig abgesperrt, auch weil noch ein Sportflugzeug mit weiteren SS-Leuten dort landete. Nach dem En-

de des Krieges musste das Frachtgut vom Bahnhof selbst abgeholt werden. Mit der Schließung des Fahrkartenschalters im Sommer 1973 begann das stufenweise Aus für den ehemaligen Eisenbahnknotenpunkt, dem das Ende des Güterbahnhofes im Jahre 1974 folgte. Bis dahin kam größeres Warengut mit der Bahn an, wie Möbel, Kinderwagen, Dachlatten, Christbaumschmuck, Korbflaschen mit Gesundheitsweinen und auch Umzugsgut. An

jedem Zug hing ein Packwagen, der dreimal täglich die Post beförderte. Die Bahnhofskneipe neben der expandierenden Molkerei, die sich später „Eifelperle“ nannte, bot einigen der Beschäftigten nach Arbeitsschluss willkommene Abwechslung. Heute erinnert nur noch das Schild „Bahnhofstraße“ an die nur sechs Jahrzehnte dauernde Reichs- und Bundesbahnzeit des einst neuen Bahnhofes, der trotz Anstriches nun wahrlich der alte ist.