Wirtschaftswunder auch für Frauen?

Marga Retterath, Lirstal

In den 1950-er Jahren gab es noch ungleiche Löhne für Männer und Frauen. Beispielsweise verdiente damals eine Arbeiterin 43,03 DM, ihr Kollege aber 64,54 DM in der Woche für die gleiche Tätigkeit nach dem Bautarif. Die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau war am Arbeitsplatz noch nicht verwirklicht. Selbst die Gewerkschaft griff das Thema erst Mitte der 1950-er Jahre als zentrale Forderung auf.

Frauen drängten nun auch zunehmend in die Arbeitswelt. Auch Mütter wollten und mussten mitverdienen. Die rechtliche Benachteiligung der Frau wurde schrittweise abgebaut. Die gute Wirtschaftslage ermöglichte dem Staat eine aktive Sozialpolitik. Auch Familien mit Kindern, Rentnerinnen und Rentner fanden dadurch Anschluss an die allgemeine Einkommensentwicklung. Alltag und Konsum veränderten sich. Waschmaschinen, Fernsehgeräte und Urlaubsreisen wurden für viele erschwinglich. Geschmack und Verhalten der Jugendlichen zeigten den sozialen und kulturellen Wandel.

Bald hatten die Frauen die gleichen Rechte, aber die doppelte Last, da sie Beruf und Haushalt unter einen Hut bringen mussten.

Krieg und Nachkriegszeit hatten Ehe und Familie verändert. Die Frauen waren nun selbstständiger geworden. In Wirtschaft und Gesellschaft fanden sie neue Rollen. Immer mehr Frauen wurden jetzt erwerbstätig. Die Industrie warb um ihre Arbeitskraft, doch noch blieb die Hausfrau und Mutter das bevorzugte gesellschaftliche Leitbild. Die Gesetzgebung stand vor schwierigen Aufgaben. Ehe und Familie mussten geschützt, die Gleichberechtigung von Mann und Frau verwirklicht werden. Der Staat förderte die Familie. 1952 wurde der Mutterschutz, 1954 das Kindergeld eingeführt. Das alte Rollenverständnis von Mann und Frau wurde aber noch allgemein anerkannt. Sowohl Fabrik und Büro als auch Familie waren die Arbeitsplätze der berufstätigen Frau. Presse, Wirtschaft und Werbung sahen in dieser Doppelbelastung ein Problem. Den Wirtschaftswunderjahren folgte auch der Babyboom. Die Geburtenzahl stieg ab 1956 deutlich. Viele Ehen wurden geschlossen. Das Heiratsalter vor allem der Frauen sank. Die Durchschnittsfamilie hatte 2 Kinder. 1961 wurden über 1 Million Babys geboren. Der spürbare wirtschaftliche Aufschwung förderte die Familiengründung.