Das Ablassgebet

Alwine Krämer, Oberehe-Stroheich

Fast schon " aus der Mode gekommen " aber seit der Kindheit in meiner Erinnerung geblieben ist das Ablassgebet für die Armen Seelen. Wer mir dieses heilsame Gebet in der Nachkriegszeit beibrachte, war unsere Tante Maria, die ihr ganzes Leben auf Gott hin ausgerichtet hatte.

Jeden Tag fand sie die Zeit, sich in die Stille zurückzuziehen und zu beten. Zwei Gebete, die ihr besonders am Herzen lagen, waren das Ablassgebet und das Gebet zum liebreichsten Jesu.

Wir wurden als Kinder von einem frommen Seelsorger unterrichtet. Jeden Sonntag hatten wir nachmittags (ich gebe zu, dass wir Kinder lieber gespielt hätten) Katechismusunterricht. Bußgottesdienste statt der hlg. Beichte oder die Handkommunion wären in dieser Zeit undenkbar gewesen.

Um einen gültigen Ablass zu gewinnen, waren die Beichte und der Empfang der hlg. Kommunion die Voraussetzung. Uns wurde erklärt, dass der Ablass eines der heilsamsten Mittel sei, den Armen Seelen zu helfen, sie in den Qualen des Fegefeuers zu trösten und ihren Eintritt in den Himmel zu beschleunigen. (Als Kind stellte ich mir das Fegefeuer schrecklich vor). Wenn das Fest Allerheiligen näher rückte, hatten wir mit sehr bescheidenen Mittel fünf Gräber herzurichten.

Die Messe an Allerheiligen war immer besonders festlich und dauerte meistens 11/2 Stunden. Am Nachmittag wurden dann die Ablässe gebetet.

Bevor wir das Gotteshaus betraten, sagte die Tante mir, wem unser Gebet zugute kommen sollte. In der Kirche: Bekreuzigung mit Weihwasser, Kniebeuge, Glaubensbekenntnis und als Ablassgebet 3 Vater unser und 3 Ave Maria.

Dann wurde die Kirche wieder verlassen und dasselbe wiederholte sich, bis wir für jeden Verstorbenen aus unserer Familie den Ablass gebetet hatten.

Niemand, für den ich den Ablass verrichtet hatte, habe ich gekannt, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich etwas Gutes getan hatte. Ich bin dankbar für diese Erfahrung, die ich machen durfte, durch einen Menschen, bei dem sich die Lebensgrundhaltung und das Gebet im Einklang befanden.