Die Bank vor unserem Haus

Maria Ferdinand, Neroth

Die jungen Leute hören oft noch gerne zu, wenn man ihnen von früher erzählt. In meiner Kindheit war doch Manches anders. So die Bank vor jedem Haus. Einladend für jeden, und so gönnte man sich oft ungewollt eine Mußestunde. Jeder hatte sie selbst angefertigt, denn ein Kauf wäre Luxus gewesen. So wurden vier Holzpfähle mit einem Brett zusammengeschlagen, das noch am unteren Ende mit einer Latte befestigt wurde, die dann als Stütze für Fuß und Bein, ihre Dienste tat. Ein bis zwei Bretter wurden als Sitzfläche noch sorgfältig auf die Pfähle gehauen, und fertig war die Bank.

Stolz auf das gelungene Stück fand sie nun ihren geeigneten Platz - natürlich an der Vorderfront des Hauses. Alt und Jung fand sich hier zusammen. Hier wurde Freud und Leid zusammen getragen, und hier vertraute jeder dem anderen alles an. Zur Mittagszeit saßen meistens die Frauen hier, hielten ihre Kleinkinder auf dem Schoß und waren immer zu einem Schwätzchen bereit. Doch da saß man nicht lange alleine, denn Vorübergehende waren immer willkommen. Abends nach getaner Arbeit fanden sich die Männer hier ein, erzählten von ihrem Ta-gesblauf und wussten immer was Neues zu berichten. Einige rauchten genüsslich ihre erdene Pfeife, andere hörten gespannt zu, indem sie ihren Kautabak im Munde drehten, weil sie dann nicht sprechen konnten. Hatten die Frauen ihre Arbeit getan und die Kinder waren versorgt, wurde der Kreis immer größer und sie hatten hier ihr Stelldichein. Zunächst wurden die Ereignisse des Tages ausgetauscht. War etwas Trauriges geschehen, spürte jeder das Mitgefühl des Anderen. Dies war ein großer Trost für ihn und bedeutete für ihn sehr viel. Meistens war einer vom Kirchenchor unter den Anwesenden, der dann ein bekanntes Volkslied anstimmte. Vor dem Auseinandergehen erschallte dann das Lied "Ade zur guten Nacht".

Alle gingen dann zufrieden nach Hause und freuten sich über die gelungenen Stunden und der letzte Satz war jedes Mal, "dann gute Nacht" oder "dann bis morgen Abend". Ja, die Bank stand selten alleine da. Sogar wir Schulkinder trafen uns hier. Auf einem Schemel sitzend, benutzten wir sie als Tisch. Zusammen machten wir hier unsere Schulaufgaben, spielten zusammen die damals bekannten Spiele "Mensch, ärgere Dich nicht" oder Mühle - in Eigenproduktion angefertigt, das Material dazu war ein Stück Karton und bunte Knöpfe. Man kannte es ja nicht anders - es war dasselbe System wie heute; entweder man hatte verloren oder gewonnen. Hauptsache wir Kinder hatten unsere Freude. Ja, die gute alte Bank, wo ist sie geblieben? Sie hat uns so schöne Stunden beschieden und ich denke noch gerne zurück an meine Jugend, dies alte und gute Stück.