Hillesheim

Vom bäuerlichen Dorfkern zur Europäischen Beispielstadt

Felicitas Schulz, Hillesheim

Umgeben von Vulkanen, Trockenmaaren, Laub- und Nadelwäldern befindet sich in 450 m NN gelegen in einer Kalkmulde Hillesheim. Die Kelten lebten um 500 v. Chr. hier, was Hügelgräber und Zeugnisse von Eisenverhüttung widerspiegeln. In der Zeit ab 55 v. Chr. drangen die Römer in das Gebiet vor und bauten Straßen, eine führte durch Hillesheim. Die Gründung Hillesheims erfolgte im 7./8. Jahrhundert durch die Franken. Deren Anwesenheit ist durch zahlreiche Funde von Erdgräbern mit Beigaben belegbar. Der Ortsname entstand wahrscheinlich zur Zeit der fränkischen Landnahme und kann als zusammengesetztes Wort "Hilles - heim" als "Wohnort des Hildin" gedeutet werden. Im Jahre 943 ist der Ort erstmalig in einer Urkunde im Goldenen Buch der Abtei Prüm erwähnt. Im 13. Jahrhundert wurde die Burg und kleine Ansiedlung von Mauern befestigt und gehörten den Herren von Reifferscheid und Wildenburg, die von den Herzögen von Limburg abstammten. 1272 übergab Gerhard von Wildenburg für 200 trierische Denare Hildenysheim an den Grafen Heinrich von Luxemburg und schwor diesem den Lehnseid. Allerdings nicht für lange Zeit, denn 1332 verpfändeten die Wildenburger ihre Anteile an den Grafen Wilhelm von Jülich. Durch eine nicht eingelöste Schuldverschreibung kam Hillesheim 1353 mit Genehmigung Kaiser Karls IV. an Kurtrier. Erzbischof Balduin von Trier ließ sich am 04.07.1353 von Tilkin von Hillesheim mit all seinen Mannen, Burgleuten und Bürgern als neuen Herrscher huldigen. Hillesheim blieb bis zur Französischen Revolution 1794 Kurtrieri-scher Amtsort. Im Jahre 1376 wird Hillesheim als Freiheit aufgeführt und nennt sich fortan Stadt, was das Ausüben der Gerichtsbarkeit, Brennen von Münzen und Abhalten von Märkten in der von einer Mauer umgebenden Stadt berechtigte.

Eine vorhandene Urkunde besagt: "WirRichard von Greiffenklau von Gottes Gnaden Erwählter zu Trier des heiligen Reiches in Gallien ect. Erzkanzler und Kurfürst bekennen und tun kund öffentlich an diesem Brief, dass wir alle unsere Ingesessenen, Burgmannen und Bürger unserer Stadt Hillesheim und lieben Getreuen bei all ihren Rechten und guten löblichen, hergebrachten Gewohnheiten wollen lassen, wie sie bei unsern Vorfahren, Erzbischöfen zu Trier sind gesessen, ohne Arglist und Gefahr. Und das zur Urkund haben wir unser Siegel tun hangen an diesen Brief, der gegeben ist an obengenannte unsere Stadt Hillesheim auf St. Jakobsabend des Heiligen Apostels in den Jahren unseres Herrn tausend fünfhundert elf.

Im Mittelalter mit ca. 300 bis 450 Einwohnern erlangte Hillesheim durch Handel und Handwerk wirtschaftliche Bedeutung, was eine Vielzahl von Zünften voraussetzte und einen gewissen Wohlstand dem kleinen Landstädtchen bescherte.

Umso schwerer trafen die Schicksalsschläge des 17. und 18. Jahrhunderts die Bürger. Truppendurchmärsche und Belagerungen von Soldaten verschiedener Nationalitäten brachten viele Schäden und Entbehrungen, die mit Plünderungen, Mord und Brandschatzungen einhergingen. Nach Einäscherungen in den Jahren 1676, 1689, 1705 und 1731 gelang es der bedrängten Bevölkerung allmählich, sich von den Kriegs- und Schicksalsschlägen zu erholen.

In dieser Zeit haben viele fürnehme Leuth mit grobem und sparsamenBrodt müssen zufrieden sein, und lehrnen wie köstlicher Schatz dass liebe brodt seye.

Mit dem Einzug der französischen Revolutionstruppen im Jahre 1794 und der nachfolgenden Säkularisation fielen wiederum viel Leid und Veränderungen für die Menschen anheim. Das vor den Stadtmauern im 13. Jahrhundert erbaute Augustinerkloster mit seiner bekannten Lateinschule schloss 1802 seine Pforten. In einem Fleißzeugnis aus dem Jahre 1769 des Johann Christoph Wrangel aus Daun wird der Jüngling und spätere Pastor wegen " seiner fast ciceronischen Eleganz im Verfassen von Versen gelobt". Die französische Regierung versteigerte das Kloster für 946 Taler. Heute befindet sich nach erfolgter stilvoller Restaurierung das renommierte 4-Sterne-"Hotel Augustiner Kloster" in dem Gebäudekomplex. Als äußerliche Besonderheit sind an den Wänden die Augustinerregeln in Latein angebracht:"CUM ACCEDITIS AD MENSAM,... Hört vom Beginn bis zum Ende der Mahlzeit aufmerksam der üblichen Lesung zu, ohne euch lauthals zu äußern oder gegen die Worte der hl. Schrift zu protestieren, denn ihr sollt nicht nur mit dem Munde euren Hunger stillen, sondern auch eure Ohren sollen hungern nach Gottes Wort".

Nach der Absetzung von Kaiser Napoleon kam die Eifel auf dem Wiener Kongreß 1815 als Rheinprovinz zum Königreich Preußen.Hillesheim, Sitz einer Bürgermeisterei und eines Friedensgerichtes, erhielt wegen der Häufung der Fälle 1864 die Genehmigung zum Bau eines Gerichtsgebäudes mit Gefängnis.

Seit Jahrzehnten dient dieser imposante Backsteinbau als "Hotel zum Amtsrichter" und hält für seine Gäste Sträflingskleider parat. Im Jahre 1866 erlaubte die Preußische Regierung in Trier den Bau eines neuen Marktplatzes zum Abhalten von Vieh- und Pferdemärkten. Gehört der Viehmarkt nun seit einigen Jahren der Vergangenheit an, so kommen wie eh und je zum Krammarkt am 1. und 3. Donnerstag im Monat viele Besucher in die Beispielstadt. Einige Daten zeigen die weitere Entwicklung, die mit der vergrößerten Bevölkerungsdichte und beginnenden Industrialisierung einhergingen: 1852/53 Bau einer neuen Kirche. Die Vorgängerin des heutigen Kath. Gotteshauses war "eine jener typischen zweischiffigen Bauten mit einem Mittelpfeiler". Durch Französische Soldaten geriet die Kirche im Jahre 1689 in Brand und wurde unter finanziellen Schwierigkeiten wieder hergestellt. Im Jahre 1713 wird der Zustand der Kirche als gut befunden, "nur die Fenster sind zu leicht und es besteht die Gefahr, dass Diebe bequem in die Kirche einsteigen können". Nach Jahren der Bemühungen um ein neues Gotteshaus einigte sich das Bistum mit der Preußischen Regierung. 1851 begann der Abriss der mit Stroh gedeckten Kirche und im Herbst 1852 stand der Rohbau. Am 3. Juli 1853 feierte die Gemeinde mit Bischof Arnoldi aus Trier zur Einweihung der Pfarrkirche ein Festhochamt und der Organist spielte auf der Gebr. Stummorgel "Großer Gott, wir loben dich". Im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts erfuhr die St. Martinskirche Kirche eine grundlegende Renovierung, wobei die älteren Kunstschätze aus der Vorgängerkirche wieder mehr in den Mittelpunkt rückten. 1870 erfolgte der Bau der Eifelbahn Köln- Trier mit Station in Hillesheim- Oberbettingen; 1888 Gründung der Landwirtschaftsschule; 1890 Bau eines Krankenhauses; 1899 Gründung des Gewerbevereins; 1912 Bau des Bahnhofes und Inbetriebnahme des Knotenpunktes Hillesheim- Jünkerath, Hillesheim- Dümpelfeld, Hillesheim- Gerolstein. Nach dem Ersten Weltkrieg fanden u.a. die Gründung der Molkereigenossenschaft statt und Einweihung der neuen Volksschule und des Forstamtes. Mit dem Bau des Westwalles im Jahre 1938 begann wiederum eine leidvolle Zeit für die Bevölkerung, was sich besonders im September 1944 mit den ersten Bombenregen auf den Ort niederschlug. Drei Angestellte der Amtsverwaltung wurden im Keller verschüttet und erst nach Tagen von der Wehrmacht gerettet. Weitere große Fliegerangriffe erfolgten am 19. und 24. Dezember. Den größten baulichen Schaden erlitt Hillesheim am 23. Januar 1945 durch die Explosion eines abgestellten Munitionszuges. Einen Monat später erfolgte der nächste verheerende Bombenangriff mit wiederum vielen Todesopfern. Am Abend des 7. Märzes rückten amerikanische Truppen in Hillesheim ein. In der Nachkriegszeit war Hillesheim als Versorgungszentrum für soziale, kulturelle und wirtschaftliche Belange für die Bevölkerung ein wichtiger Anlaufpunkt. Hillesheim nahm 1966 an der europäischen Kampagne eines Modellvorhabens zur Stadterneuerung teil und wurde im Jahre 1981/82 Europäische Beispielstadt. Sie steigerte durch die Sanierung im Altstadtbereich unter Einbeziehung der historischen Stadtmauer mit Wehrgang, Mühlen-, Hexen-, Burgunderturm und Wachstube ihren Bekanntheitsgrad erheblich. Mit planerischen Vorgaben und mit Absprache der Verwaltung erfolgten die Erneuerungsmaßnahmen, die maßgeblich zur weiteren Stadtentwicklung des Wohnumfeldes und zur Ansiedlung von Geschäften beitrugen. "Farbigkeit ist Ausdruck von Lebensfreude," so versuchte Stadtsanierer Tassilo Sittmann die Häuserwände mit Erdfarben anzustreichen. Die farblich abgestimmte Palette von Gelbtönen zu Taubenblau, Altrosa und Kupfergrün bis hin zu Grün- und Blautönen wurden nach einem Farbenleitplan mit den Hausbesitzern vereinbart. Im Jahre 1993 bekam Hillesheim die Stadtrechte wieder verliehen und war zugleich mit seiner erfolgreichen Sanierung Beispielgebend für andere Kleinstädte und Gemeinden. Hillesheim, Sitz einer Verbandsgemeinde, zählt mit den Stadtteilen Bolsdorf und Niederbettingen 3300 Einwohner und ist die drittgrößte Stadt im Vulkaneifelkreis. Heute präsentiert sich Hillesheim als eine über die Grenzen der Eifel bekannte Einkaufsstadt mit einem historisch-malerischen Ortskern und vielen gemütlichen Einkehrmöglichkeiten in Cafes, Restaurants und Hotels. Mit Kriminalhaus, Stadtmuseum, Naherholungsgebiet Bolsdorfer Tälchen, Eifelsteig, Krimi-Wanderweg, Geologischer Lehr- und Wanderpfad sowie Sportstätten ist die Stadt dem Ansturm der Touristen beispielhaft gerüstet.