Kunstvolle Altäre in Udersdorf und Schutz

Altarbauer Johann Raskob aus Bausendorf

Gerd Bayer, Bausendorf

Wie kommt der Altarbauer Johann Raskob aus Bausendorf zu Aufträgen in Udersdorf, Eckfeld oder Schutz?

Das "Lagerbuch" der Pfarrkirche Udersdorf, geführt von 1870 bis 1959, gibt darüber eindeutige Antwort. Der damalige Pfarrer, Goswin Hart, geboren am 24. Dezember 1837 zu Muscheiderhof bei Waldbreitbach, war von 1869 bis 1873 Pfarrer in Udersdorf. Von 1873 bis 1890 war er Pfarrer in Bausendorf.

Kircheninneres Üdersdorf von 1910: Archiv Stefan Beise

Dort lernte er die Altarbauer Paul und Johann Raskob kennen. Paul Raskob, 1814 geboren, wurde in Bausendorf der "Tabernakels-Paul" genannt. Er schuf nachweislich Altäre in Altrich, Bausendorf, Burbach(Saar), Hontheim, Kinderbeuern, Landscheid, Urzig und Greverath. Er starb im Jahre 1876. Für Eckfeld (1882) und Udersdorf (1881) kommt nur Johann Raskob in Frage, genannt Raskob-Weißmüller, wegen seiner Heirat mit Anna Maria Weißmüller. Johann Raskob-Weißmüller war zweimal verheiratet und hatte insgesamt zwölf Kinder, von denen einige Schreiner wurden und die Tradition der Familie im Altarbau fortsetzten. Nachweislich stammen von ihnen prächtige Haustüren im Stil der Neo-Renaissance in Bausendorf.

Damit ist die Frage beantwortet! Pfarrer Hart konnte seiner alten Pfarrgemeinde Johann Raskob als Altarbauer empfehlen. Das Lagerbuch von Udersdorf teilt uns auch die Beschlussfassung der Gremien über die Anschaffung des Hochaltars von 1873 und der zwei von Raskob geschaffenen Seitenaltäre im Jahre 1881 mit: "Im Jahre 1873 wurde ein neuer Hochaltar angeschafft. Die Kosten für denselben, welche sich ohne Transport und Stufen auf 460 Thaler belaufen, werden aus dem Ertrag einer allgemeinen Kirchencollecte und aus dem Erlös für die alte Pfarrkirche bestritten. Der Altar wurde unter der Leitung des Architekten Herrn Wirtz zu Trier angefertigt." Über die Verhandlungen mit Johann Raskob gibt es einen Brief des Kirchenvorstandes Udersdorf vom 19. November 1881 an das bischöfliche Generalvikariat. Dort heißt es unter Punkt 6: "Der Kirchenvorstand unter Zuziehung der Nachbarsgeistlichen, Herrn H. Konter zu Schalkenmehren und Dillmann zu Bleckhausen akkordierten mit dem Altarbauer Johann Raskop aus Bausendorf, welcher sich vertragsgemäß verpflichtete, die Altäre nach gotischem Stile, nach dem Muster eines von diesem in die Kapelle zu Schutz erbauten Altare auszuführen für 900 Mark (300 Thaler). Zeichnung und Kostenvoranschlag sind nicht vorhanden. Die Genehmigung des Vertrages, sowie die Auszahlungs-Quittung folgen hierbei."

Nebenbei bemerkt, legt der Brief eine Spur nach Schutz, wo aber Paul Raskob tätig gewesen war. Der Kirchenvorstand hatte sich in der Urheberschaft des Schutzer Altars geirrt. Ein Schreiben des Generalvikariats vom 13. Oktober 1882 wies die Pfarrgemeinde Üders-dorf darauf hin, dass die Beschaffung der benötigten Gelder aus dem Wittum (Einkünfte) der Pfarrei nicht in Ordnung sei und praktisch nur als Darlehen betrachtet werden könne, das bei Gelegenheit zurückzuzahlen sei. Die Einstellung der Königlichen Regierung wie auch des Oberpräsidenten der Rheinprovinz in dieser Sache seien eindeutig für eine Rückzahlung der "geliehenen" Gelder. Diese staatlichen Vorbehalte sind nur erklärbar im Kontext zu dem damaligen "Kulturkampf', der 1870 begann und mit der Aufhebung der Maigesetze 1886/87 endete. Vor allem die katholische Kirche hatte darunter zu leiden. Die Maigesetze, der Kanzelparagraph, das Brotkorbgesetz und andere richteten sich gegen die Schulaufsicht durch die jeweiligen Pfarrer und die Besoldung der Geistlichen. Die Krankenpflege durch religiöse Orden wurde verboten. Die Zivilehe, die es seit der Franzosenzeit in den linksrheinischen Gebieten gab, wurde im ganzen Reich eingeführt. Viele Schikanen dachten sich die Behörden aus. Für die Menschen bedrückend war die Tatsache, dass viele Pfarreien nicht mit Geistlichen besetzt werden durften. Manche Geistlichen, die sich nicht an die neuen Vorschriften hielten, kamen ins Gefängnis oder mussten das Land verlassen. Leichen konnten nur unter Schwierigkeiten, etwa an der Grenze der Nachbarpfarrei, die noch einen Pfarrer hatte, eingesegnet werden. Das Ergebnis für den Staat war kläglich. Die katholische Bevölkerung wurde dem Staate Bismarcks entfremdet. Die Religiosität stieg dagegen deutlich an. So ist es beispielsweise zu erklären, dass das Lagerbuch von Üdersdorf folgenden Eintrag enthält: "Innenausstattung der Kirche - 2 hölzerne Seitenaltäre, mit je drei Statuen, angeschafft im Kulturkampf." "Im Kulturkampf" ohne Pastor in Udersdorf galt das auch für den Hochaltar von 1873! Auch Spenden und Stiftungen für die Kirche flossen reichlich. Eine große Spende über 75 Thaler wurde unter anderem dazu verwandt, für die Raskob'schen Seitenaltäre zwei Statuen zu kaufen: eine Marien- und eine Josefsstatue.

Die Neogotik als Stil

An den Seitenaltären von Udersdorf waren neogotische Merkmale zu finden. Der Hochaltar zeigt romanische Elemente, die auch aus der Zeit des Historismus stammen. Leider sind die zwei Nebenaltäre nicht mehr vorhanden.

Mit Hilfe von Fotos lässt sich der Eindruck, den die Raskob-Altäre in Udersdorf machten, heute noch rekonstruieren. Der Hochaltar von Wirtz (Trier) ist im romanischen Stil gearbeitet, vielleicht etwas niedrig für den Kirchenin-nenraum. Zwei Nischen mit Heiligenfiguren flankieren die Tabernakelzone. Geschnitzte Maßwerkzinnen schließen die Nischen nach oben ab. Der Altar existiert noch. Die Malerei des Chores ist recht verhalten und stört nicht den Blick auf den Hochaltar. Die Seitenaltäre von Raskob standen vor dem Triumphbogen, der durch eine Plattenrustika akzentuiert ist. Die Seitenaltäre sind dreifach gegliedert mit einer Haupt- und zwei flankierenden Nebennischen. Links ein Marienaltar, rechts ein Josefsaltar. Die bekrönenden Wimperge enden in einer Kreuzblume. Insgesamt acht Fialen je Seitenaltar gestalten ein leichtes Gesprenge (= geschnitzten Zieraufsatz), das in die Höhe weist. Die Seitenaltäre wirken filigran gegenüber den strengen Linien des Hochaltars.

Auch die Altäre haben im Krieg arg gelitten, wie eine Eintragung im Lagerbuch, Seite 192 mitteilt: "Durch Beschuss von Minenwerfern der SS-Truppen, die in satanischer Bosheit dauernd auf unsere Kirche schossen, wurden zerstört: das Dach mit Gebälk über dem Altar, die Mauern an der Ostseite des Chores, im Innern die Kanzel, 2 Seitenaltäre, der Solnhofer Bodenbelag. 4 Kirchenbänke, die Orgel, die Beichtstühle (wurden) stark beschädigt. Eine Marienstatue, St. Barbara und Agnesstatuen zertrümmert, die Decke durchlöchert und zahlreiche Splitterschäden an Wänden, Türen und anderen Einrichtungsgegenständen. Der größte Teil der Schäden wurde bis 1947 ausgebessert."

Ein Foto aus dem Jahre 1948 beweist dies: Keine Schäden im Innenraum der Üdersdor-fer Kirche sind feststellbar. Das zeigt aber auch, dass die Entfernung der neogotischen Raskob-Altäre nicht auf Kriegseinwirkungen zurückzuführen ist, sondern andere Gründe hatte. Sicherlich führte die übermäßige Ausmalung der Kirche dazu. Dazu gehört auch die Beleuchtung der Seitenaltäre. Sie stellte sich dem puristischen Geschmack der Nachkriegszeit entgegen. Der Ruf nach Schlichtheit und Einfachheit im Zusammenhang mit dem II. Vatikanum führte ebenso zur Räumung von "überflüssigem" Zierrat in der Kirche. Der Hochaltar von Wirtz steht heute noch in der Üdersdorfer Kirche. Die schlichtere romanische Ausführung (oder die Kosten für einen neuen Altar) hat ihn wohl "gerettet".

Peter Kickartz, Wittlich

Der Raskob-Altar in Schutz

Man betritt die Kapelle von Schutz und geht auf bunten Platten, wohl aus der Erbauungszeit, auf den Altar zu, der das Erlebnis beschert: "Ein typischer Raskob-Altar". Raskob-Altäre haben eine eigene Ausdrucksweise, ob sie nun von Paul oder Johann Raskob stammen. Gegen die Schwere von romanischen Altären wie etwa in Eckfeld oder Üdersdorf wirken die neogotischen Altäre der Raskobs leicht durch die Fülle der Fialen, der Kriech-und Kreuzblumen, der filigranen Nischen und Baldachine, durch die Verkröpfungen der meist dreiteilig-vertikal ausgerichteten Altäre, die feinen Durchbrechungen der Zierblenden, auch durch die bunten Fassungen von Säulen, bei denen an Gold und Silber nicht gespart wurde. Die Hintergründe der Nischen zeigen eine Fülle von flachem Maßwerk, so auch beim Antependium, das farbig gefasst ist. Ein kräftiges Rot akzentuiert den Untergrund. Ein starkes Blau betont optisch die Drei- und Vierpässe. Im Mittelpunkt der Predella ist der Tabernakel in hellen Farben platziert, gestaltet wie ein gotisches Fenster, während sich die Seiten durch die Wahl des Naturholzes zurücknehmen und der vornehme Hintergrund für die neogotischen Leuchter sind. Auf Naturholzkonsolen stehen die Heiligenfiguren in den seitlichen Nischen, die reich geschmückt sind mit farbig abgesetztem Maßwerk. Die mittlere Nische steht vor und ragt deutlich höher empor. Durch die Verkröpfung der drei Altarzonen wirkt die Architektur leicht. Neben der krönenden großen Kreuzblume in reicher Vergoldung bilden zwei Kreuzblumen auf den Wimpergen und sechs Kreuzblumen auf den Fialen ein prächtiges Gesprenge. Reste der Kommunionbank bieten eine Abgrenzung zur Wand hin. Sie sind von durchbrochenem Maßwerk und lassen einen Blick auf die kunstvollen Platten des Chorraumes zu. Das Fischmotiv, Geheimzeichen der ersten Christen, und das Bild des Drachen wechseln sich ab mit floralen Mustern. Der Chorraum ist als unzer-störtes Gesamtkunstwerk zu betrachten. Im Bistumsarchiv Trier, Nr. 70, 678, Seite 28 ist der Vertrag mit Kostenanschlag nachzulesen, den Paul Raskob mit der Gemeinde Bleckhausen, die für Schutz verhandelte, am 17. August 1859 geschlossen hat. Basis des zu schaffenden Altars waren danach die von Paul Raskob für die Pfarrkirche von Hontheim gelieferten Altäre (1857 ff). Der Vertrag legte auch das Material: "reines Eichenholz" fest. Die Bezahlung sollte nach Arbeitsstunden gehen: 1 Taler für den Meister, 20 Sgr. für den Gesellen. Daraus errechnete sich ein Betrag von 150 Talern für drei Monate Arbeit. Mit Vergoldung, Farben und Figuren kam man auf 350 Taler. Die Kreuzblumen sollten zum Preise von 30 Talern aus "gegossenem Blei" in Trier beschafft werden. 1863 bekam Paul Raskob noch den Auftrag, Beichtstühle und Kommunionbank anzufertigen.

Die Bürger von Schutz können stolz auf dieses Kunstwerk sein, auch wenn kein Gottesdienst mehr in dieser Kapelle abgehalten wird. Vielleicht findet man einen Weg, die sonst immer verschlossene Kapelle für Betende zu öffnen. An Andacht wird es in diesem schönen Raum nicht fehlen.

Quellen und Literatur:

Lagerbuch der Pfarrgemeinde Udersdorf, geführtvon 1870 bis 1959 Einzelakten Kirchenarchiv Udersdorf Wittlicher Kreisblatt, 1866, S. 188 Bistumsarchiv Trier, Nr. 70, 678, S. 25 - 29 Gerd Bayer, Die Altarbauer Raskob aus Bausendorf, Bausendorf 2009 Meyer, August: Geschichte dreier Eifeldörfer- 700 Jahre Udersdorf, Trittscheid und Tettscheid, Udersdorf 1987 Schug, Peter: Geschichte der zum ehemaligen Eifeldekanat gehörenden Pfarreien, Trier 1956 Wackenroder, Ernst: Die Kunstdenkmäler des Kreises Daun, Düsseldorf, 1928