Erlebte Phonographie

(eine fast nostalgische Betrachtung)

Dr. Hubert Reuter, Düsseldorf

Er hat noch lange auf dem obersten Speicher gestanden, ein schwarz lackierter Holzkasten mit großem Lautsprecherhorn und der Abbildung eines Hundes, dem die Schriftzeile "his masters voice" galt. An der Seite befand sich eine abnehmbare Kurbel zum Aufziehen der Feder des Antriebswerkes; denn das Gerät wurde ohne elektrischen Strom betrieben. Das "Grammophon" hatten die Jäger aus Köln mitgebracht um nach der Jagd, für die fröhliche Feier mit Jagdfreunden auf der Wiese hinter dem Haus oder auch nur zum Musikgenuss an den Wochenenden eine schöne Abwechslung zu haben.

Zu dem Grammophon gehörte eine Schallplattenkassette, welche die großen Schellackplatten beherbergte.

Die Tonqualität aus heutiger Erfahrung zu beurteilen wäre verfehlt, denn die Technik steckte erst in den Anfängen. Viel hing von der Nadel ab, die aus einer speziellen Dose entnommen am Ende des Abtastarms eingesteckt und fest verschraubt wurde.

Welche Musik und welche Texte waren nun in die Platten eingeritzt worden?

Ein Teil enthielt Themen der Jagd, sowohl Jägerlieder (Im Wald und auf der Heide..), klassische Jagd- und Parforcehornthemen (u.a.Hubertusmessen) wie aber auch Hornkonzerte von Mozart, Telemann, Haydn und Strauss.

Eine zweite Kategorie stammte aus dem Kölner Karneval, darunter die bekannten Lieder von Willi Ostermann, Karl Berbuer, Jupp Schmitz u.a. z.B. "die hinger de Jadinge stonn un spinxe...", "was macht der Mayer am Himalaya... " oder "was machst du mit dem Knie, lieber Hans, beim Tanz". Andere Platten enthielten Themen aus Operetten und Opern.

Das Ende dieser Schatztruhe wurde eingeleitet mit der Verbreitung des Rundfunks, das endgültige Aus kam aber, als die Antriebsfeder schwächelte und die Platten unregelmäßig liefen. Eine Reparatur wurde zwar erwogen aber wohl deshalb nicht verwirklicht, weil es neue und bessere Geräte mit Stromanschluss gab. Ob nun ein wenig Nostalgie im Spiel war, das Grammophon auf den obersten Speicher zu verbannen, wer weiß das heute noch? Im übrigen befand sich dort oben auch noch ein Radio mit Spezialröhren, die Glühlampen glichen, ein großes, einem riesigen Spinnennetz gleichendes Drahtgestell, das als Zimmerantenne diente, aber auch Teile, die man für eine sogenannte Hochantenne brauchte. Die Platten - so viel ist noch bekannt - wurden an Besitzer verschenkt, die noch funktionierende Geräte besaßen.

In den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts war der Rundfunkempfänger (z.B. als "Volksempfänger") weit verbreitet und diente dem Konsum von Musik jeglicher Art und Herkunft. Schwarzhörer (das Empfangen von Sendungen aus dem Ausland war zeitweise streng verboten) erfreuten sich aber damals schon an Jazz-Musik aus Amerika.

Als das Leben sich nach dem Krieg wieder zu normalisieren begann und individuelle Wünsche erwachten, waren es zuerst die sogenannten Buch-Clubs, die kleine, preiswerte Plattenspieler und dazu passende Schallplatten jeglicher Musik in ordentlicher Qualität anboten.

Dann - um 1960 - kamen Tonkassetten für Kassettenrekorder auf den Markt. Wer nicht bereits bespielte Kassetten kaufte, konnte Leerspulen verwenden um selbst ausgewählte Musik oder Texte vom Radio, Fernsehgerät oder Plattenspieler überspielen lassen. Die Verwendung im Autoradio oder in tragbaren, batteriebetriebenen Abspielgeräten machte unabhängig vom festen Ort.

Technisch, qualitativ auch besser kam die Musik von Tonbandgeräten, mit denen man analoge Tonaufzeichnungen machen und wiedergeben konnte. Sie waren wegen ihres Gewichts im Anfang noch etwas unhandlich, wurden dann aber auch wegen der besseren Tonqualitätswiedergabe neuer Tonträger abgelöst.

Um 1970 / 80 starteten ortsungebundene Walkman eine digitale Revolution. Sie führte weiter zur CD (compact disk), die in stationären wie in tragbaren CD-Playern abgespielt werden und in unterschiedlichen Modellen weit verbreitet sind.

Die technische Weiterentwicklung und Perfektion erreichte uns mit MP 3. Das sind völlig körperlose, komprimierte Audiodaten, die ohne hörbaren Qualitätsverlust erlebt werden können.

Wer mit der neuen technischen Vielfalt und deren Bezeichnungen Probleme haben sollte, kann bei jugendlichen Konsumenten Nachhilfe erhalten.