Vater und Sohn pflücken Himbeeren

Günter Bill, Deudesfeld

In der schlechten Zeit vor der Währungsreform gab es in einem Jahr überaus viele Himbeeren, so dass mein Vater und ich uns ebenfalls entschlossen, Himbeeren zu pflücken. Es war ein herrlicher Bilderbuch-Sonnenschein-Tag, Vater und ich, jeder mit einem Eimer bewaffnet, zogen in Richtung Wiesental und weiter zum Meerfelder Berg, um hier Himbeeren zu finden und natürlich auch zu pflücken.

Nach einem zunächst gemeinsamen Fußmarsch, sonderte ich mich allmählich von meinem Vater ab, so dass ich ihn nach einer Zeit aus den Augen verloren hatte, genau das wollte ich.

An einer besonders schönen Stelle mit vielen Himbeersträuchern fing ich zunächst an, emsig zu pflücken und hatte auch nach einer relativ kurzen Zeit schon viele Früchte in meinem Eimer. Nun war ich aber auch schon etwas müde, entdeckte aber dann einen Strauch mit reifen Stachelbeeren mitten im Gelände, dem ich mich zuwandte und hiermit meinen Gaumen befriedigte. Anschließend legte ich mich ins Gras und schlief ein. Um die Mittagszeit wurde ich wach und mir kam zum Bewusstsein, dass ich ja meinen Eimer noch nicht voll hatte, aber was sollte ich tun? Schnell hatte ich einen guten Gedanken, ich kippte die im Eimer befindlichen Himbeeren ins Gras und füllte ihn dann mit Moos auf, ganz oben drauf platzierte ich zum Schluss meine gepflückten Himbeeren, um nun meinen Weg nach Hause zu nehmen. Zu Hause angekommen, lobte mich meine Mutter in den höchsten Tönen, als sie meinen Eimer mit den schönen Früchten sah. Mein Vater war noch nicht da. Als er dann etwas später ebenfalls eintraf, lobte mich meine Mutter noch viel mehr, der Eimer meines Vaters war schließlich nur halb voll und für ihn etwas beschämend mir gegenüber. Nach dem gemeinsamen Mittagessen legte sich mein Vater und natürlich auch ich zur Mittagsruhe hin, bis hier hatte ja noch alles gut

gegangen und meine Mutter war zufrieden. Als nun meine Mutter die Küche fertig und sich um die gepflückten Himbeeren kümmern konnte, gab es auf einmal einen lauten Schrei, der ja eigentlich vorauszusehen war, denn mein Schwindel mit dem Moos im Eimer war nun aufgefallen, und plötzlich war doch mein Vater der Bessere.

Von diesem Tag an schickte mich meine Mutter nie mehr zum Himbeerenpflücken. Vielleicht lag es an dem Schwindel mit dem Moos, vielleicht auch daran, dass es ab diesem Jahr nurmehr kleinere Himbeerernten gab. Es wird wohl ein Rätsel bleiben, das jeder selber lösen möge.