Eisenmuseum Jünkerath wird 20

Erwin Holzer, Feusdorf

Das Eisenmuseum am Römerwall in Jünkerath wird 20 und feiert dies im Sommer 2011 mit einer Sonderausstellung des Eifeler Künstlers Christoph Mancke.

"Wir haben es geschafft": Mit diesen Worten begrüßte Landrat Albert Nell am 4. November 1991 die Ehrengäste bei der musikalisch vom Ensemble der Kreismusikschule umrahmten Eröffnungsfeier des neuen Museums. Dr. Fritz Langensiepen, Leiter des Amtes für Rheinische Landeskunde, lobte in seinem Festvortrag voller Begeisterung das neue Museum, in dem die Bedeutung der Eisenindustrie für die Entstehung der Kulturlandschaft Eifel wieder lebendig wurde. Auch Prof. Dr. Wolfgang Binsfeld, Hauptkustos am Rheinischen Landesmuseum in Trier, war in seinem Grußwort voll des Lobes. Unter Leitung der Kunsthistorikerin Semra Beck hatten seit 1988, als entschieden wurde, im Rahmen der Kulturoffensive des Landkreises Daun ein Eisenmuseum einzurichten, zahlreiche, meist ehrenamtliche Helfer an den Planungen und Vorarbeiten für das Eisenmuseum mitgewirkt. Der Landkreis Daun investierte unterstützt vom Land und anderen Institutionen über eine Million DM in das neue Museum, obwohl es auch damals -wie immer?- schlecht um die Finanzen stand.

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Gleich neben der mehr als 300 Jahre alten Jünkerather Gießerei und nahe des römischen Kastells Icorigium erhielt die Eifeler Eisenindustrie, die die Geschichte der Eifel seit der Keltenzeit mitgeprägt hatte, im Gebäude einer ehemaligen Berufsschule ihr eigenes Museum. Die Ehrengäste der Eröffnungsfeier waren begeistert. Die regionale Presse lobte in zahl-

reichen Artikeln Konzeption und Ausführung des neuen, elegant und modern gestalteten Museums.

Die feierliche Eröffnung wurde leider von einem tragischen Unfall überschattet: der junge Eifeler Ingenieur Gisbert Wald vom Gießereiinstitut Aachen, der bei der Konzeption des Eisenmuseums wesentlich mitgeholfen hatte, verunglückte auf der Rückfahrt von der Eröffnungsfeier nach Aachen auf schneeglatter Fahrbahn tödlich. Im Museum erinnert eine Gedenktafel an ihn.

Das von ihm mitgestaltete Museum ist nach 20 Jahren noch lebendig und begeistert nach wie vor viele Besucher, vor allem auch die Touristen insbesondere aus den Niederlanden, die überrascht sind, ein so schönes und gepflegtes Museum vorzufinden. Auch die Kinder finden das Museum toll, denn hier ist Anfassen und Mitmachen erlaubt! In anschaulichen und interessanten Schautafeln werden die geologischen, technischen und kulturhistorischen Voraussetzungen für das Entstehen des Eifeler Eisengewerbes dargestellt: das in der Devonzeit durch Sedimentation entstandene Eisenerz, die reichlich vorhandenen Energiequellen Holz und Wasser und die fachkundigen Handwerker machten die Eifel zum Ruhrgebiet der beginnenden Neuzeit, das seine Erzeugnisse über Eisen-märkte wie Trier, Köln und Lüttich in ganz Europa verbreitete. Den Schwerpunkt der Exponate bilden zum einen Herd-, Ofen- und Takenplatten aus den zahlreichen Eifeler Eisenhütten. Diese Kunstwerke aus Eifeler Eisen sind vom 16. bis zum 19. Jahrhundert entstanden und geben mit ihren Motiven aus Bibel und römischgriechischer Sagenwelt interessante Einblicke in die Geistes- und Vorstellungswelt unserer Vorfahren: Lucretia, antikes Vorbild der Tugend, findet sich hier Seite an Seite mit dem biblischen Helden Samson, der von der schönen Dalila ins Verderben geführt wird und dem Glaubensboten Willibrord. Eine "Eiserne Bibel", die den in diesen Zeiten oft nicht lesekundigen Betrachtern lehrreiche und fromme Geschichten eröffneten. Zweiter Schwerpunkt der Ausstellung sind die gusseisernen Öfen, ebenfalls ein typisches Produkt der Eifeler Hütten, die sie bis ins 19. Jahrhundert an Abnehmer in ganz Europa lieferten. Das Museum präsentiert hier viele, ganz unterschiedliche Exemplare, die vom schlichten Notofen, der Werk- und Wohnstätten der einfachen Leute wärmte, über schon recht raffinierte Koch- und Backöfen aus dem 18. und 19. Jahrhundert bis hin zu kunstvoll verzierten Prunkstücken reichen, die die guten Stuben der reichen Bürger der Gründerzeit schmückten.

Daneben zeigt das Museum auch, was man sonst noch so alles aus Eisen machte: gusseiserne Alltagsgegenstände wie Töpfe und Pfannen, Ziergegenstände, aber auch Werkzeuge und technisches Gerät von einer alten Feuerwehrpumpe bis zur Schusterpresse. Eine eigene Vitrine, die besonders Kinder fasziniert, enthält zahlreiche Kleinplastiken aus Eisen: Igel, Vögel, Schmetterlinge und vieles mehr. Das Eisenmuseum ist aber nicht nur ein Ort des Sammelns, Bewahrens und Präsentierens von Kulturobjekten der Vergangenheit, sondern auch ein lebendiger Ort der Begegnung. Vor allem die Zinngießvorführungen in den Ferienzeiten locken zahlreiche Familien an, die zuschauen, wie aus den silbrig glänzenden Zinnstangen kunstvolle Figuren entstehen, die -zum Bedauern der Kinder- mitunter auch wieder im Schmelzofen verschwinden. Gerne wird das Museum auch als Ausgangspunkt oder willkommener Zwischenhalt bei Touren durch die schöne Eifeler Landschaft besucht, Wanderer sind ebenso willkommen wie Fahrradfahrer und Biker. Auch Pferde haben schon vor dem Museum gegrast, während ihre Reiterinnen und Reiter durch das Museum geführt wurden.

Wiederholt war das Museum in den vergangenen Jahren zudem Schauplatz von Bild- und Tonaufnahmen für Fernsehen und Radio, was als kostenlose Werbung natürlich hochwillkommen war. Sonderausstellungen wie der "Der Strom kommt" lockten über die Jahre tausende von Besuchern ins Eisenmuseum . Die Ausstellung "Essenszeiten" zeigte täuschend echt (nach lebenden Vorbildern) modellierte Eifeler Originale aus alter Zeit bei ihren Mahlzeiten (bei den armen Leuten gab es nur Kartoffeln und dünne Suppe, während beim Pfarrer ein Huhn und beim "dicken" Bauer ein kräftiges Stück Fleisch auf den Tisch kamen). Die Besucher konnten sich an einigen Abenden auch selbst dazusetzen und mit typisch Eife-ler Gerichten verwöhnen lassen. Im Sommer 2011 soll diese gute Tradition aus Anlass des 20-jährigen Bestehens mit einer Ausstellung des Eifeler Künstlers Christoph Mancke fortgesetzt werden. Christoph Mancke, ausgezeichnet u.a. mit dem Kaiser-Lothar-Preis 2006, ist in Schönecken geboren und lebt und arbeitet heute in einem umgebauten alten Bauernhof in Lünebach. Sein künstlerischer Weg hat ihn bis nach China geführt und seine Kunstwerke findet man an vielen Orten, nah und fern. Seine bevorzugten Werkstoffe sind Sandstein, Granit, Stahl und vor allem Gusseisen, das zugleich robust wie überraschend vergänglich eine unvergleichliche Patina entwickelt! Ein Besuch lohnt sich! Neuestes Exponat des Museums ist übrigens ein kunstvoll verzierter gusseiserner Ofen, der den Schriftzug "Jünkerath" trägt und noch einige Rätsel aufgibt. Machart und Dekor des Ofens, ein Mix unterschiedlicher Stilrichtungen von Barockelementen bis zum Jugendstil, deuten darauf hin, dass er in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg im Jünkerather Eisenwerk entstanden ist, das sich zu dieser Zeit zwar schon auf industrielle Produkte für die Montanindustrie spezialisiert hatte, aber weiterhin auch kleinere, dekorative Gussteile herstellte. Ein direkter Nachweis der Herkunft des Ofens, der von einer Berndorfer Familie bewahrt wurde, bis er für das Museum angekauft werden konnte, fehlt jedoch noch. Falls ein Leser etwas zu Geschichte und Herkunft dieses schönen Exponats beitragen kann, ist er herzlich willkommen.