Marianne Schönberg, Feusdorf
Nein, das war's nun nicht - ohne Strom in einem abgelegenen Häuschen wohnen, keine Wasserleitung, nur ein Brünnchen unten vorm Haus und ein holpriger Pfad führte zum Ort. Es war in den 50iger Jahren. Mit den Eltern kam ich von Ost nach West in die damals französische Zone. Dort wurde man nur aufgenommen, wenn ein unterzeichnetes Papier bestätigte, dass der Zugereiste keinen Anspruch stellt auf Wohnung, Arbeit oder Unterstützung. Vater unterschrieb, damals hatte er eine Arbeitsstelle und wir zogen in unsre neue Heimstatt. Das Häuschen gehörte meiner Großmutter, sie hatte es mir geschenkt. Malerisch lag es da am Waldhang, gegenüber ein Wiesentälchen; ein Ort zum träumen.
Strom? Den gab's im Dorf. Die nächste Anzapfstelle war weit entfernt. Auf Anfrage beim E-Werk erfuhren wir den Preis; 3ooo DM. Vater war mittlerweile arbeitslos, ich verdiente l00 DM im Monat, das musste für drei Personen reichen. Kein Strom, eine Petroleumlampe gab abends Licht - man ging früh schlafen. Viel ärger war
die Sache mit dem Wasser. Wir kamen aus der Großstadt, waren eine Leitung gewohnt, nun das Brünnchen. In der Felswand hinterm Haus war die Quelle, das kühle Nass floss quer drunter bis zur Fassung vorm Haus. Dort musste man sich bedienen, Eimer für Eimer nach oben tragen zum kochen, waschen, putzen, fürs Bad in der Zinkwanne, und die wurde in der Küche aufgestellt. Die Wintermonate waren besonders hart, da hatten die kleinen Stufen zum Brunnen Eis angesetzt, doch das Wasser lief unentwegt - nie waren wir OHNE. In den kleinen Räumen gab's feuchte Wände, die Möbel mussten abgerückt werden, Eisblumen zierten die Fensterscheiben. Heizung? Fehlanzeige. In der Küche stand ein Herd, er war zuständig fürs Kochen, fürs Backen, das alte eiserne Bügeleisen wurde dort erhitzt -auch das Badewasser.
Der Schlafraum? Da stand ein Kanonenöfchen, das wurde befeuert, wenn jemand arg krank zu Bett lag - sonst blieb's kalt. Jahre OHNE, das prägt lebenslänglich. Was draus erwächst? Nachdenklichkeit - Dankbarkeit.