Wasser - ein urreligiöses Symbol

Hermann Meyer, Hillesheim

Wir Menschen können ohne Symbole offenbar nicht leben. Sie begegnen uns täglich in allen Formen und Lebensbereichen. Unter Symbol versteht man im Gegensatz zum konkreten Abbild ein Sinnbild, eine bildliche Darstellung eines abstrakten Begriffes. Ein Symbol deutet mit einem wahrnehmbaren Zeichen etwas an, was mit den Sinnen nicht wahrnehmbar ist. Ein innerer Vorgang, eine Erkenntnis, die ich durch ein Zeichen ausdrücken will, z.B. Liebe: Symbol Herz oder Kuss, Glaube: Symbol Kreuz oder Kirche, Hoffnung: Symbol Anker. So ist auch Wasser ein Symbol für innere Vorgänge im Menschen. So bewirkt in der Taufe das Wasser Reinigung von Sünden und schenkt neues Leben. „Wiedergeboren aus Wasser und dem Heiligen Geist." Joh.3,5. Schon am Anfang des Alten Testamentes heißt es: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern". Hier wird schon in einer bildhaften Ausdrucksweise die Schöpfung beschrieben: „Es sammele sich das Wasser unterhalb des Firmamentes". 1Mos.1,7. Das ganze Alte Testament verherrlicht das Segenszeichen Wasser - 64-mal -, auch wenn es dessen vernichtende Kraft in der Sintflut und beim Durchzug durch das Rote Meer feststellt. Die Sintflut weist hin auf die unvermeidliche To-desverfallenheit der sündigen Menschheit." „Als Gott sah, dass die Erde verderbt war, ließ er die Flut über die Erde kommen und die Flut ergoss sich 4o Tage lang." 1Mos.7,4.

Der Durchgang durch das Rote Meer zeigt die Errettung des Volkes Gottes vor den Fluten des Wassers. Moses steckte seine Hand aus und die Wasser spalteten sich. Und die Israeliten zogen trockenen Fußes hindurch. Die Ägypter aber versanken in den tödlichen Fluten. Ex.14,21. Auf ihrem Zug durch die Wüste haderte das Volk mit Moses und sprach: „Gib uns Wasser." Und der Herr antwortete: „Nimm deinen Stab und schlag auf den Fels und Wasser wird daraus fließen." Ex.17,2.

Immer wieder zeigt sich im Alten Testament Wasser als bedrohliches Element, aber vor allem als Leben spendendes Geschenk Gottes. So betet auch der Psalmist dankbar: „Der gute Hirt führt mich an Wasser des Lebens." PS.22. In allen Religionen bedeutet der Gebrauch des Wassers einen kultischen Reinigungsvorgang. So die Reinigung im heiligen Fluss Ganges, so die rituelle Reinigung der Moslems vor dem Gebet, so auch im israelitischen Kult, wie der Prophet Ezechiel schreibt: „Dann werde ich reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet von aller Unreinheit und von all euren Götzen werde ich euch reinigen." Ez.36,25. Es ist nicht verwunderlich, dass auch der christliche Kult das Symbol des Wassers aufgreift. Auch bei Jesus ist es das Symbol der Reinigung, etwa bei der Fußwaschung vor dem Abendmahl. Besonders aber in der Taufe bewirkt das Wasser die Reinigung von Sünden im symbolischen Sterben - Untertauchen - und im Auferstehen im weißen Gewände.

Die Taufe führt zur Wiedergeburt im Wasser und im Heiligen Geiste.

Jesus kam in das Haus des Simon. Die Sünderin Magdalena wusch Jesus die Füße, der Gastgeber Simon nicht. Deshalb tadelte Jesus ihn, da er ihm kein Wasser reichte. Die 6 Krüge mit Wasser auf der Hochzeit zu Kanaa waren zum Zwecke der Reinigung aufgestellt.

Am Jakobsbrunnen gibt sich Jesus der Samariterin zu erkennen als das Wasser des Lebens, als lebendiges Wasser. „Jeder, der von diesem Brunnen trinkt, wird wieder durstig. Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird in Ewigkeit nicht mehr dürsten." Joh.4,13. Beim Verhör Jesu vor Pilatus lässt Pilatus Wasser bringen und wusch sich die Hände zum Zeichen seiner Unschuld. Auch in der Liturgie spielt das Wasser eine bedeutende Rolle. Denken Sie an die Weihe des Taufwassers in der Osternacht wo es heißt." Es steige herab in diesen Heiligen Born die Kraft des Heiligen Geistes."

- Vom Taufwasser ist das Weihwasser zu unterscheiden. Schon im 3. Jahrhundert benutzte man im Orient Weihwasser zur Erleichterung für die Kranken und zur Abwehr der Dämonen. Im Westen fand man ab dem 6. Jahrhundert in älteren Kirchen an der Türe ein Weihwasserbecken. Man besprengte damit Häuser, Lebensmittel und Leichen. Heute ist der Gebrauch des Weihwassers wesentlich erweitert. Dabei ist das Besprengen keine Magie, besitzt keine eigenständige Kraft wie bei den Sakramenten und ist ohne Glauben unwirksam.

An mehreren Wallfahrtsorten wie z. B. in Lourdes spielt ein Quelle eine bestimmte Rolle. Wasser als Heilmittel. Hier gilt wie beim Segnen, dass dieses Zeichen ohne persönliche Hinwendung zu Gott keine Wirkung hat. Wasser, eines der vier Leben spendenden Elementen neben Licht, Brot und Wort, sind die Grundlage unseres Lebens, die es zu achten, dankbar zu gebrauchen und vor allem zu schützen und gerecht zu verteilen gilt.